Drachenauge
Überzeugung, bis zum Konklave sei das anstehende Problem gelöst.
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KAPITEL 14
Das Ende des Planetenumlaufs in
Burg Fort und im Telgar-Weyr
raditionsgemäß trafen sich die Burgherren und die
TWeyrführer sowie die geladenen Vorsitzenden der
verschiedenen Berufsstände am Tag vor dem Ende des
Planetenumlaufs – der Wintersonnenwende – im Konklave, um zu beraten, welche Themen bei den Versammlungen anlässlich der Festlichkeiten zur Sprache gebracht werden sollten.
Stand ein Referendum auf der Tagesordnung, würden die Einzelheiten vorher bekanntgegeben. Zusätzlich wurde der Text am Abend vor der Abstimmung in jeder größeren Burg und Ansiedlung verlesen. Am
Morgen des ersten Tages eines neuen Planetenumlaufs gab man dann die Stimmen ab; das Ergebnis des Referendums sollte dann in einem zweiten Konklave diskutiert werden.
In diesem Jahr, 258 Planetenumdrehungen nach der
Landung der ersten Kolonisten auf Pern, kam dem Konklave eine ganz besondere Bedeutung zu, denn in Bälde erwartete man den berüchtigten Fädeneinfall. Obwohl Vergerin erst seit zwanzig Tagen die Zügel in der Hand hielt, stand bereits fest, dass er Bitra mit Umsicht und Geschick verwaltete. Von seinen Mitarbeitern verlangte er einen hohen Einsatz, doch stets blieb er gerecht. Keiner der jungen Leute beklagte sich, wenn sie von ihren Eltern über die Arbeitsbedingungen ausgefragt wurden.
Vergerin hatte Drachenreiter herumgeschickt, die
Chalkins Verbannung verkündeten und jeden einluden, sich zum Ende des Planetenumlaufs in Burg Bitra ein-348
zufinden. Für die entstehenden Reisekosten käme Vergerin auf. Er musste auf sein Privatvermögen zurückgreifen, denn bis jetzt hatte man Chalkins Schatzkammer noch nicht entdeckt; fest stand nur, dass er keine Kostbarkeiten mit ins Exil genommen hatte. Nadona behauptete, nichts von gehorteten Schätzen zu wissen und jammerte unentwegt, sie selbst besitze keine einzige Marke.
Das Lehrerkollegium beschloss, zum Ende des Planetenumlaufs in Bitra ein Konzert zu geben. Außerdem brächte man auf Vergerins ausdrücklichen Wunsch hin Kopien der Verfassung mit, die an die Kleinpächter verteilt würden. Dies bedeutete, dass die Anzahl der gedruckten Kopien, die im Kollegium aufbewahrt wurden, auf ein paar Dutzend Exemplare schrumpfte, doch Clisser hielt Vergerins Bitte für gerechtfertigt.
Außerdem plante man Sheledons anspruchsvolle
Landungssuite aufzuführen – in der die Verfassung er-wähnt wurde – und das Publikum verstünde viel besser, wovon die Rede war, wenn sich jeder selbst über den Inhalt der Charta aufklären konnte. Die Zeiten, in denen die Einwohner von Bitra über ihre verfassungsmäßigen Rechte bewusst im Unklaren gehalten wurden, waren ein für allemal vorbei.
Als das Konklave zusammentrat, wurde Vergerin
konsequenterweise als neuer Burgherr von Bitra bestä-
tigt. Man verlangte nicht von ihm, dass er Chalkins Söh-ne zu seinen Nachfolgern erzog, obwohl der menschliche Anstand gebot, dass er für ihre Erziehung und eine Berufsausbildung sorgte.
Da Erben nicht unbedingt einem legitimen Ehebund
entstammen mussten, setzte Vergerin seinen neun Jahre alten Sohn und eine fünf Jahre alte Tochter offiziell als seine Nachkommen ein. Wer die Mutter der Kinder war, wusste niemand. Vergerin erklärte, er wolle sich eine geeignete Gemahlin nehmen, die an seiner Seite als Burgherrin fungieren sollte.
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Danach kam Clisser an die Reihe, der über eine ein—
deutige und unzerstörbare Methode zur Bestimmung
des Fädeneinfalls berichtete. Er versprach, an der nach Osten gewandten Fassade eines jeden Weyrs eine derartige Vorrichtung installieren zu lassen. Kalvi, der sehr selbstgefällig dreinschaute, nickte weise, und Paulin fühlte sich beruhigt. Nie wieder sollte jemand vom Schlage Chalkins Gelegenheit bekommen, einen künftigen Fädenfall glattweg abzuleugnen.
Als Nächstes debattierte man über die Errichtung
einer neuen Festung mit dem Namen Crom. Hitzige
Wortgefechte entbrannten.
»Die Leute haben ein Anrecht auf Landzuteilung«,
ergriff Bastom unerwartet Partei für die Antragsteller.
»Warum sollen sie diese neue Ansiedlung nicht als Burg bezeichnen?«
»Aber dann verlangen sie gleich Autonomie, und
außerdem liegt die geplante Siedlung viel zu abgeschieden in den Bergen«, hielt Azury dagegen.
»Sollen sie doch beweisen, dass sie sich selbst versorgen und verwalten können«, meinte Tashvi. Der Vorschlag kostete einige Überwindung, denn
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