Drachenblut
bleibt?«
»Befürchtest du etwa, sie könnten vorgreifen, die Dinge überstürzen und das medizinische Material benutzen, ehe sie wirklich begriffen haben, wozu die einzelnen Instrumente und Chemikalien gut sind?«
»Würdest du nicht genauso handeln, wenn du in einer verzweifelten Lage wärst? Ja, genau das befürchte ich. Diese Leute stehen unter einem immensen Druck, davon muss man logischerweise ausgehen. Sie müssen mit einer Situation fertig werden, die es in dieser Form noch nie gab.«
»Dann müssen wir einen Weg finden, wie wir das Tempo unserer Nachkommen drosseln. Ich stelle mir etwas in der Art eines Tests vor, eine Eignungsprüfung gewissermaÃen. Wir sollten eine Hürde einbauen, die sie überwinden müssen, ehe sie die nächsten Schritte in Angriff nehmen. Sie brauchen sicher Zeit zum Nachdenken.«
Tieran schürzte die Lippen. Ehe er antworten konnte, wurde die Tür aufgerissen und Carelly stürmte herein.
»Kommt, schnell! Windblüte braucht euch!«
Tieran und Emorra tauschten alarmierte Blicke, dann rannten sie nach drauÃen.
Sie fanden Windblüte in ihrem Quartier; die alte Dame lag im Bett. Noch nie zuvor hatte sie so blass und entkräftet ausgesehen.
»Was ist los, Mutter?«, fragte Emorra erschrocken. Sie zog sich einen Stuhl heran und blickte besorgt auf ihre Mutter hinab.
»Wir haben unglaubliches Pech!«, flüsterte Windblüte. »Die Analysegeräte, mit deren Hilfe man Genkarten erstellt, können nicht sämtliche Daten speichern.«
»Was?«, schrie Tieran entsetzt.
»Es sind zu viele Daten«, fuhr Windblüte fort. »Die Informationen bezüglich der verschiedenen Codierungen für eine Immunisierung nehmen dreimal mehr Platz in Anspruch, als in den Geräten vorhanden ist.«
»Dann eliminieren wir einfach ein paar Daten«, schlug Emorra nüchtern vor.
»Angenommen, wir löschen die falschen Daten?« Tieran schüttelte den Kopf. »Nein, das ist keine Lösung. Wir könnten ausgerechnet die Angaben vernichten, die für die Lösung des Problems relevant sind.«
»Dann müssen wir dafür sorgen, dass wir exakt die Daten löschen, die in der Zukunft nicht gebraucht werden«, konterte Emorra.
»Wie willst du das anstellen?«, fragte Tieran sie. »Woher willst du wissen, was genau erforderlich ist, um ein Heilmittel zu finden? Sollen uns die Leute in der Zukunft vielleicht sagen, was sie brauchen?«
Emorra spitzte die Lippen und blickte ihn von oben herab an. »Ganz genau! Und das wird der Schlüssel sein, mit dem sie die zweite Tür der Unterrichtsräume öffnen!«
22
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Schmied, bearbeite das Eisen!
Harfner, singe frohe Weisen!
Kumpel, fahr ein unter Tage!
Heiler, lindâre Not und Plage!
Tut eure Pflichten, und tut sie gern!
Drachenreiter, beschütz unser Pern!
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Benden Weyr, Dritter Vorbeizug,
26. Tag, NL 508
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K indan lächelte Lorana zu, als sie am Fuà der Treppe stand, die zu den geheimen Kammern ihrer Vorfahren hinaufführte.
»Es ist alles in Ordnung«, teilte er ihr mit leicht ironischem Grinsen mit. »Ich war drinnen.« Sie zog eine Braue hoch. »Und ich habe nichts angefasst.«
»Wir sollten Ketan holen«, schlug sie vor.
»Bin schon da!«, rief Ketan und polterte die Stufen herunter. Er und die Weyrlinge â die nun zu Kampfdrachen und Drachenreitern herangereift waren â waren tags zuvor völlig erschöpft zurückgekehrt. Von allen Teilnehmern an dieser Zeitreise war es den Menschen am besten ergangen, die den Erholungsurlaub ohne einen eigenen Drachen, den es zu pflegen und auszubilden galt, angetreten hatten. Sie wirkten erfrischt und ausgeruht, und das galt in besonderem MaÃe für Ketan. »Ich sah, wie du diesen Weg einschlugst und bin einfach hinterhergelaufen.«
In aller Ruhe schob sich Lorana an Kindan vorbei und betrat als Erste den Raum. Sie blieb erschrocken stehen, als sie plötzlich eine Stimme hörte, die gleichsam aus dem Nichts zu kommen schien.
»Willkommen«, grüÃte die körperlose Stimme. »Ich heiÃe Windblüte. Wenn ihr diese Kammern geöffnet habt, weil eure Drachen in Gefahr sind, geht bitte in den Raum hinein. Seid ihr aber durch einen Zufall hier, ohne dass ein Notfall vorliegt, der die Drachen von Pern betrifft, verlasst dieses Gemach unverzüglich, bitte.«
Mit
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