Drachenblut

»Ich wollte nur …«
    Â»Was ist los da unten?«, brüllte Captain Tanner von oben.
    Â»Das kommt davon, wenn eine Frau an Bord ist«, blaffte Baror frech.
    Â»Kaventsmann! 2 «, schrie Colfet zurück und rollte wütend die Augen, als er Barors Anschuldigung hörte. »Lorana konnte die Welle nicht ausbalancieren!«
    Er warf Lorana einen Blick zu, leckte sich die Lippen und rief: »Das nächste Mal klappt es, da bin ich mir sicher!«
    Lorana nickte heftig. »Ganz bestimmt. Es tut mir wirklich sehr Leid, Colfet …«
    Â»Du brauchst dich nicht zu entschuldigen«, fiel der alte Fahrensmann ihr brüsk ins Wort. »Mach es jetzt nur richtig!«
    Lorana beugte sich über den verletzten Arm. In der eingetretenen Stille fasste Colfet sie aufmerksam ins Auge.
    Â»Endlich, es ist geschafft!« Erleichtert atmete das Mädchen auf und befestigte die letzte Bandage. »Nun, wie fühlt es sich an, Colfet?«
    Colfet inspizierte die Schienen, die seinen Unterarm fixierten. »Schon
viel besser.« Seine Miene erhellte sich. »Du hast gute Arbeit, geleistet, Mädel. Offenbar hast du das Zeug zu einer tüchtigen Heilerin.«
    Â»Wie wäre es jetzt mit etwas Wein, gewürzt mit Fellis-Saft, um die Schmerzen zu lindern?«, erkundigte sich Lorana und stand auch schon auf, um eine Flasche aus dem Schrank zu holen.
    Colfet strahlte bei der Vorstellung, sich aus einem triftigen Grund einen Rausch anzutrinken, doch dann schüttelte er den Kopf. »Du bist ein liebes Mädel, aber der Kapitän kann vielleicht jede Hand an Deck brauchen, und vor Einbruch der Nacht laufen wir ohnehin die neue Meeresfestung an. Bis dahin kann ich warten.«
    Der alte Fahrensmann setzte eine nachdenkliche Miene auf. Vorsichtig bewegte er den Arm hin und her.
    Â»Jetzt muss Baror den Posten des Ersten Maats übernehmen«, erklärte er. »Am Ende dieser Reise wird er Kapitän auf der Windreiter sein.«
    Er schürzte die Lippen und zog die Stirn kraus. »Es wäre besser, wenn du dann von Bord gingst.«
    Â»Ich hatte gehofft …«
    Â»Baror mag Frauen nicht leiden«, unterbrach Colfet sie. »Das weißt du doch.« Er lege eine Pause ein und beugte sich dicht an Lorana heran. »Und für Drachenreiter hat er auch nichts übrig. Aus demselben Grund.«
    Verblüfft schaute Lorana ihn an.
    Â»Seine erste Frau lief mit einem Drachenreiter davon«, erzählte Colfet. »Nicht, dass ich ihr einen Vorwurf daraus machen würde – Baror sah auch in jungen Jahren nach nichts aus, und seine Vorstellung von Romantik würde sogar einen Fisch langweilen.«
    Lorana setzte zu einer Entgegnung an, doch Colfet hob seine unversehrte Hand und fuhr fort: »Vielleicht hätte sich Baror von seiner Enttäuschung über sein ungetreues Eheweib ja wieder erholt, doch dann starb seine zweite Frau an der Pest. Den Drachenreitern warf er vor, sie hätten nicht früh genug geholfen.«
    Â»Oh!«
    Colfet nickte. »Mittlerweile ist er zum dritten Mal verheiratet, doch die Schreckschraube, mit der er jetzt liiert ist, kommandiert ihn gnadenlos herum und nörgelt ihm ständig die Ohren voll. Vermutlich war er deshalb so erpicht darauf, diese Reise anzutreten. Aber von Frauen und Drachenreitern hat er immer noch keine hohe Meinung.«
    Â»Nun ja …«

    Â»Du hast nichts zu befürchten, so lange Kapitän Tanner an Bord ist«, beruhigte Colfet das Mädchen. »Vielleicht findet sich später auch bezüglich des alten Brummbären Colfet eine Lösung.«
    Darauf wusste Lorana nichts zu erwidern.
    Â»Land in Sicht!« Der Ruf vom Ausguck riss sie aus ihren Gedanken.
    Â»Ich nehme an, dass wir noch vor Mittag in den Hafen einlaufen«, meinte Colfet.
    Lorana nickte. »An Land sollte sich der Burgheiler deinen Arm ansehen.«
    Colfet öffnete den Mund, um etwas zu sagen, dann schürzte er nachdenklich die Lippen und nickte. »Du hast Recht«, erwiderte er lächelnd. »Aber ich glaube nicht, dass der ortsansässige Heiler an diesem Verband etwas zu beanstanden findet!«
    Â 
    Als sich die Windreiter der Küstenlinie näherte, passierte sie eine Anzahl von Fischtrawlern, die nach eingeholtem Fang auf dem Rückweg zur Meeresburg waren. Alle Trawler vollführten das gleiche Manöver: Zuerst steuerten sie auf die Windreiter zu, dann versuchten sie, Fahrt aufzunehmen, um sich ihrer