Drachenblut
Windblüte ihr bei. »Du hast ja Recht. Aber du musst es Pierre sagen. Ich wüsste nicht, wie ich es ihm beibringen sollte.«
Emily nickte. »Das kann ich verstehen, und ich werde mit ihm reden. Und was deine Zukunft angeht â¦Â«
»Ich mache weiter«, schnitt Windblüte ihr das Wort ab. »Es ist mein Beruf.«
Emily schnaubte. »Ja, es ist dein Beruf. Aber was ist mit deinem Privatleben? Hättest du nicht gern eine Familie? Wie alt war deine Mutter eigentlich, als du geboren wurdest? Und wie alt bist du jetzt?« Sie brach ab und dachte kurz nach. »Ist das auch einer dieser Eridani-Tricks?«
»Ja«, räumte Windblüte ein. »Meine Ausbildung in Genetik habe ich bei den Eridani gelernt. Und wenn es erforderlich ist, wende ich meine Kenntnisse an.«
»In aller Stille vermutlich, weil gewisse Dinge geheim bleiben sollen. Andernfalls hätte ich mehr über die Methoden der Eridani erfahren«, sagte Emily. »Dort, wo ich hingehe, kann ich keine Geheimnisse verraten. Möchtest du meine Neugier nicht befriedigen?«
Windblüte schüttelte den Kopf. »Nein, das möchte ich nicht.«
»Schade. Aber ich kann dich nicht zwingen«, seufzte Emily enttäuscht.
»Für mich wäre es eine Qual, mit dir darüber zu reden«, gestand Windblüte.
»Wie, die Eridani haben dir eine Schmerzblockade implantiert, damit du ihr Wissen nicht preisgibst?«, staunte Emily.
»Nein, ich meinte keine körperliche Pein. Aber für gewisse Dinge würde ich mich schämen.«
Emily verengte die Augen. »Du spielst doch nicht etwa auf deine Wachwhere an, diese hässlichen Monster? Oder auf das letzte Drachengelege?«
Die Genetikerin winkte ab und zeigte damit, dass sie diese Beispiele als Lappalie betrachtete. Dann blickte sie Emily fest in die Augen. »WeiÃt du eigentlich, wie sehr wir versagt haben?«
»Versagt?« Emily reagierte sichtlich verblüfft. »Dein gesamtes Werk ist brillant, um nicht zu sagen genial .«
Windblüte schwieg eine geraume Zeit lang. Als sie dann sprach, senkte
sie die Stimme zu einem Flüstern. »Bei den Eridani habe ich gelernt, dass Harmonie das Wichtigste ist. Eine gelungene Veränderung bleibt unsichtbar, wie der Wind. Sie fügt sich nahtlos in das Ãkosystem ein, als gehöre sie dorthin, als sei niemals irgendein künstlicher Eingriff vorgenommen worden.«
Nach einer kurzen Pause fuhr sie fort: »Kennst du das alte Sprichwort: Wer zweimal Maà nimmt, muss nur einmal zuschneiden?«
Emily nickte.
»Die Eridani würden sagen, man muss eine Million Mal Maà nehmen, dann noch einmal eine Million Mal und dann nach einer Möglichkeit suchen, den Stoff nicht zu zerschneiden. âºEine Welt lässt sich nur schwer wieder zusammenflickenâ¹, heiÃt es bei ihnen.«
Sie vollführte nervöse Gesten mit den Händen. »Diese Maxime bläuen die Eridani jedem ihrer Adepten ein.« Als sie ihre hektischen Bewegungen bemerkte, legte sie die Hände ruhig in den SchoÃ. »Meine Mutter hat diesen Grundsatz verinnerlicht und meine Schwester auch â¦Â«
»Du hattest eine Schwester?«, warf Emily ein. »Was ist aus ihr geworden?«
»Sie lebt auf Tau Ceti, Gouverneurin Boll«, antwortete Windblüte.
»Ich war einmal die Gouverneurin von Tau Ceti«, korrigierte Emily. »Hier bin ich nur Emily, die Burgherrin von Boll.«
Sie holte tief Luft. »Deine Schwester weilt also auf Tau Ceti«, sinnierte sie und fasste Windblüte forschend ins Auge. »Um die Mehrstimmigen Singvögel zu überwachen?«
Windblüte schüttelte den Kopf. »Um die ganze Welt zu überwachen.«
»Muss denn jedes Mal, wenn ein Eridani-Adept einem Ãkosystem eine neue Spezies hinzufügt, jemand aus seiner Familie auf diesem Planeten bleiben? GewissermaÃen als Aufpasser?« In Emilys Stimme schwang Missbilligung mit.
»Immer, wenn nach der Eridani-Methode Eingriffe in ein Ãkosystem geschehen, bleiben Personen zurück, um zu beobachten und die Harmonie wiederherzustellen«, klärte Windblüte sie auf.
»Mehr als eine Person?«, vergewisserte sich Emily.
»Selbstverständlich.«
»Und wer ist hier auf Pern der andere Eridani-Adept â doch nicht etwa Tubberman?« Emily war überrascht. Dann wurde sie nachdenklich. »Ich habe mich immer gefragt, warum es so einfach für ihn war, sich
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