Drachenblut

ihm dämmerte, dass sein zukünftiges Ich bereit war, sich auf ein derart gefährliches Unterfangen einzulassen.
    Die Kiefer des älteren M’hall mahlten, doch er erwiderte nichts. Schließlich schwang er sich auf Brianths Rücken und schluchzte: »Dann setze deinen Willen durch! Aber sage nicht, ich hätte dich nicht gewarnt!« Mit einem kraftvollen Satz sprang der ältere Brianth in die Luft, schlug einmal mit den gewaltigen Schwingen und verschwand im Dazwischen .
    Â»Tieran!«, rief der jüngere M’hall. Tieran blickte ihn an. Die Begegnung mit seinem zukünftigen Ich hatte ihn zutiefst verstört. Auf seinem Gesicht zeichneten sich Sorge und Betroffenheit ab. »Erzähle niemandem von diesem Vorfall, bis ich zurückkomme.«
    Vor Staunen hatte es dem Jungen die Sprache verschlagen. Er konnte nur stumm nicken.
    Von einem medizinischen Praktikanten begleitet, kehrte Windblüte zurück. Tieran half, sie zu M’hall auf den Drachen zu heben. Zum zweiten Mal binnen weniger Minuten tauchte Brianth ins Dazwischen ein.
    Als hätte der Abflug des Drachen das Signal gegeben, fing es plötzlich an zu regnen. Zuerst fielen nur ein paar zaghafte Tropfen, doch im Nu rauschte ein wahrer Wolkenbruch hernieder. Blitze zuckte über den Himmel, und pausenlos grollte der Donner. Tieran wunderte sich, wie finster es auf einmal war. Ihm huschte der Gedanke durch den Kopf, dass Zeitsprünge vielleicht Gewitter anzogen. Es dauerte nur Sekunden, bis er völlig durchnässt war.

7

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    Genomik: Das Studium des genetischen Materials und der darin gespeicherten Funktionen. Siehe DNA (deoxyribonucleic acid).
    â€“ Lexikon der Elementaren Biologischen Systeme,
18. Ausgabe
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    Fort Weyr, Erster Vorbeizug,
Jahr 50, NL 58
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    D ie Kälte des Dazwischen steckte Windblüte noch in den Knochen, als sie und M’hall im Fort Weyr zum Quartier der Drachenkönigin geleitet wurden.
    Â»Meine Mutter fragt nach dir«, erklärte M’hall, als er sie in Sorkas Zimmer führte.
    Â»Geht es mit ihr zu Ende?« Windblütes Stimme klang ruhig. Sie hatte all ihre Freunde und Freundinnen sterben sehen, bis auf Sorka.
    M’halls Lippen bebten, als er bejahend nickte, und er seufzte gequält. Windblüte packte seinen Arm, um ihn tröstend zu drücken, doch ihr Griff war so schwach, dass M’hall ihre Geste missverstand und glaubte, sie müsse sich auf ihn stützen. Er fasste sie unter und half ihr, sich auf einen Stuhl zu setzen.
    Â»Woher weißt du das?«, fragte sie. Als sie in M’halls bleiches, verhärmtes Gesicht schaute, gab sie sich selbst die Antwort. »Du hast die Zeit manipuliert.«
    M’hall nickte.
    Â»Man sieht es dir an. So etwas kostet viel Kraft«, bemerkte Windblüte.
    Â»Mehr als du ahnst, und stell mir bitte keine Fragen mehr«, entgegnete der Weyrführer. Er wandte sich an Sorka, die mit geschlossenen Augen in ihrem Bett lag.
    Seine Mutter schien seine Anwesenheit zu spüren, denn ihre Lider flatterten, und sie öffnete die Augen. »Hast du sie geholt?«
    Â»Ich bin hier«, erwiderte Windblüte, stand von ihrem Stuhl auf und kniete neben Sorkas Lager nieder. Die alte Weyrherrin streckte die Hand aus. Windblüte ergriff sie.
    M’hall zog Windblütes Stuhl ans Bett heran. Dankbar setzte sie sich. »Dein Sohn hat mich hergebracht.«

    Â»Er ist ein braver Junge«, meinte Sorka und lächelte matt. »Er tut, was man ihm sagt.«
    Die beiden alten Frauen schwiegen ein Weilchen, als teilten sie ein Geheimnis miteinander, dann schmunzelten sie, als der erwartete Kommentar des Weyrführers von Benden ausblieb.
    Â»Er ist weise geworden«, sagte Windblüte. Es war das höchste Lob, das sie jemandem zollen konnte, und in diesem Moment sprach sie die Worte zum ersten Mal in ihrem Leben aus. »Er ist ein guter Mensch. So wie seine Brüder und Schwestern auch. Es liegt in eurer Familie. Du und Sean habt allen Grund, stolz zu sein.«
    Windblüte spürte, wie M’hall, der hinter ihr stand, zusammenzuckte, als der Name seines verstorbenen Vaters fiel. Sean O’Connell hatte die ersten Drachenreitergeschwader der Kolonie mit Geschick und eisernem Willen angeführt, als sich der Rote Stern ihrer Heimatwelt näherte und in seinem Gefolge die Tod bringenden Fäden mit sich zog.
    Selbst mit zweiundsechzig Jahren hatte Sean seine Position als