Drachenblut
Weyrführer von Fort â als erster Weyrführer überhaupt â beibehalten, obwohl man ihm ernsthaft dazu riet, den Posten an einen Jüngeren abzugeben. Sein Pflichtbewusstsein â oder war es sein Starrsinn? â wurde ihm zum Verhängnis. Sean und Carenath erlitten schwerste Verbrennungen, als sie einer Zusammenballung wirr verknäuelter Fäden nicht mehr ausweichen konnten, waren ins Dazwischen gegangen und nicht wieder aufgetaucht. Das lag nun über acht Jahre zurück.
Seit dem Tod ihres Gefährten Carenath war Faranth, die Drachenkönigin, nie mehr zu einem Paarungsflug aufgestiegen. Niemand gab einen Kommentar dazu ab, man führte es einfach auf Faranths Alter zurück. Nur Windblüte kannte die volle Wahrheit.
Es war eines der vielen Geheimnisse, die Windblüte und Sorka im Laufe vieler Jahre miteinander teilten, und Windblüte betrachtete Sorka als eine ihrer wenigen wahren Freundinnen.
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Die erste Reiterin einer Drachenkönigin und die führende Genetikerin hatten nach dem Ersten Fädenfall, als die Kolonisten noch in Landing lebten, jahrelang eng zusammengearbeitet und sich miteinander angefreundet.
Aber die Erschaffung der Wachwhere hatte die meisten Drachenreiter gegen Windblüte aufgebracht â vor allen Dingen Sean war empört und
erbittert â und danach hatte Sorka die privaten Kontakte zu Windblüte stark eingeschränkt.
Windblüte führte detailliert Buch über jeden einzelnen Drachen und deren Gelege; sie beobachtete das Wachstum und hielt Ausschau nach Anzeichen für genetische Defekte. Als sich die Kolonie auf dem Nordkontinent neu etablierte und Admiral Benden das technische Personal von den Studien abzog, stand Windblüte auf einmal ohne spezifische Aufgaben da.
Admiral Benden hatte ihr vorgeschlagen, sich auf dem medizinischen Sektor zu betätigen, zum Beispiel in der Pflege oder im Labor. Lächelnd hatte der Admiral hinzugefügt, Windblüte sollte sich auch auf ihre Pflichten der Kolonie gegenüber besinnen und ihr Genom weitervererben. Ob sie denn gar nicht daran dächte, Kinder in die Welt zu setzen?
Windblütes demütige Reaktion wurde als Zustimmung aufgefasst â und vielleicht auch als indirektes Eingeständnis, dass der Verlust ihrer wertvollen technischen Ausrüstung während der Schiffsüberfahrt sie zu einer gesellschaftlichen AuÃenseiterin gemacht hatte.
Sie gab ihr eigenes Forschungslabor auf und lieà sich von einem der Ãrzte in Burg Fort ausbilden; sie arbeitete fleiÃig, bis sie schlieÃlich ihren Abschluss als Ãrztin für Allgemeinmedizin in der Tasche hatte.
Nichtsdestoweniger behielt sie weiterhin die Blutslinien der Drachen im Auge, und auÃerdem verfolgte sie die Zucht und das Heranwachsen der Wachwhere. Des Ãfteren trat man mit Fragen an sie heran, wie man mit »Windblütes hässlichen Monstern«, wie man im Volksmund die Wachwhere nannte, umgehen sollte.
Vor allen Dingen Emily Boll interessierte sich für diese Tiere. »Neulich sah ich sie des Nachts fliegen«, erzählte sie Windblüte einmal, als die beiden Frauen allein waren. Dabei lächelte sie Windblüte an.
Windblüte nickte. »Ich hab sie auch beim Fliegen beobachtet«, erwiderte sie und erinnerte sich mit Freude an diesen Vorfall.
Emily griff nach ihrer Hand. »Die Situation muss nicht gerade angenehm für dich sein«, meinte sie mitfühlend.
»Es ist mein Beruf«, entgegnete Windblüte und zuckte kaum wahrnehmbar die Achseln. »Ich erledige, was ihr, du und der Admiral, von mir verlangt; und ich trage die Last, die meine Mutter mir aufgebürdet hat.«
»Mir kommt das verdammt ungerecht vor!«, erklärte Emily und furchte ärgerlich die Stirn.
Windblüte erwiderte nichts darauf.
»Sicher, ich weiÃ, dass alles mit zu dem ursprünglichen Plan gehört«, fuhr Emily fort. »Der ungeheuer wichtig ist. Du selbst hast mir die Statistiken gezeigt, aber ich finde es trotzdem ungerecht, dass deine Anstrengungen und Erfolge entweder ignoriert oder abqualifiziert werden.«
Windblüte schwieg noch immer.
»Windblüte«, nahm Emily einen neuen Anlauf und umklammerte fest das Handgelenk der zierlichen Frau. »Mit mir kannst du offen reden. Ich kenne sämtliche Pläne und Schemata. Wenn wir allein sind, brauchst du kein Blatt vor den Mund zu nehmen. Es ist nicht richtig, dass du alles
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