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Drachenblut

Drachenblut

Titel: Drachenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Lee Parks
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nicht wohl in seiner Haut. Er konnte es kaum ertragen, von der Maschine studiert zu werden. Wenn er doch nur zu seiner Beruhigung eine Dose HYDROLUCANUS-EX oder TERMINI TARANTUL in seiner Tasche hätte! Verdrängte Ängste und Erinnerungen aus seiner Kindheit stiegen in seiner Brust empor. Sein Atem beschleunigte sich, und dann legten sich die Schatten der Vergangenheit wie ein düsterer Schleier über Dr. Freaks Gedanken.
        Der schwarze Käfer schaute mit heimtückisch funkelnden Augen auf Dr. Freak herab. In seinem Insektenhirn schien er dabei teuflische Gedanken auszubrüten, als wäre da noch eine alte Rechnung offen. Ein infernalisches Summen erfüllte die Luft, als der Käfer seine Flügel ausbreitete und seinen Hinterleib aufpumpte. Diese Drohgebärde hatte er eigentlich gar nicht nötig, weil er ohnehin schon sehr, sehr Angst einflößend wirkte.
        »Du bist nicht nur eine gewöhnliche Maschine. Du denkst und fühlst, so erkenne dein Selbst.« Es kostete Dr. Freak einige Mühe, seine Beherrschung nicht zu verlieren. Aus dem Prototyp zischten Dampfwolken heraus, und das tiefe Brummen der Dieselaggregate versetzte sein Zwerchfell in Schwingungen, wodurch die bedrohliche Erscheinung der Maschine zusätzlich verstärkt wurde. Die Zeichen standen auf Sturm, und es deutete alles darauf hin, dass Dr. Freaks Strategie nicht aufgehen würde.
        Mit seinen Fühlern erforschte der Käfer neugierig die Lage. Der süßlich-bittere Geruch von Angstschweiß lag in der Luft und reizte ihn zum sofortigen Angriff. Aber das Insekt war aus Erfahrung misstrauisch. Viele seiner Kameraden waren schon dem Leichtsinn zum Opfer gefallen, und es galt abzuwarten, mit welchen Überraschungen sein Gegner noch aufwarten konnte. So wiegte der Käfer seinen Körper auf den langen Beinen hin und her und wartete erst einmal ab, was sich weiter tun würde
        Der Prototyp zögerte. Daraus schloss Dr. Freak, dass seine Worte ihre Wirkung doch nicht völlig verfehlten. »Jawohl, du bist nicht nur eine Maschine«, schrie Dr. Freak. »Du bist ein Wesen von meinem Fleisch und Blut!«
        Eine ungeheure Erregung befiel ihn, als er dem Prototypen die Wahrheit über seine Herkunft zu vermitteln versuchte. Die Angst, die ihn angesichts der mächtigen Maschine befallen hatte, verschwand aus seinem Herzen. Stattdessen machte sich ein Eifer breit, der in seinem Fanatismus nur ein Ziel kannte: Er, Dr. Freak, wollte von seinem Geschöpf anerkannt geliebt werden!
        Der Herbstwind fegte trockenes Laub über den Hügel, auf dem sich der schwarze Käfer und Dr. Freak gegenüber standen. Staub fegte durch die Luft und hüllte die Szenerie in gelblichen Dunst. Am Horizont ging die Sonne unter und setzte den Himmel in Flammen. Dazu schillerten die Flügeldecken des Käfers in den herrlichsten Farben. Feine Lichtreflexe wurden auf das Gesicht von Dr. Freak geworfen, aus dessen herabhängendem Mundwinkel der Speichel auf die trockene Erde zu seinen Füßen tropfte. Der Wind fuhr durch seine wenigen Haare und zerzauste die zaghaften Ansätze einer Frisur zu einer wirren Ansammlung von drahtigen Haarsträhnen.
        Dr. Freak erhob seinen rechten Arm und stieß den Metallhaken in die Höhe.
        »Mit diesen Händen wurdest du von mir erschaffen!« Er ballte die knöchrigen Finger seiner anderen Hand zu einer Faust. »Mit diesen Händen hauchte ich dir Leben ein! Jawohl, Geschöpf, du bist mein Sohn!«
        Im Hintergrund fielen die verkohlten Überreste des Kernkraftwerkes in sich zusammen, und weil alles doch sehr unecht aussah, wurde die Apokalypse schnell als billiger Spezialeffekt entlarvt, der einer kritischen Betrachtung nicht lange standhalten konnte. Da hatten die Produzenten der Serie eindeutig an der falschen Stelle gespart.
        Die wackeligen Pappkulissen konnten Dr. Freak jedoch nicht davon abhalten, in seiner Rolle aufzugehen, wie das von einem Schauspieler auch verlangt wurde. »Hörst du, was ich dir sage, Geschöpf? Du bist mein Sohn!«
        Das war eigentlich keine schlechte Rede, aber je mehr Dr. Freak an das Gewissen des Prototypen appellierte, desto dringender wurde in Virgil der Wunsch, diesen Kerl für seinen Sarkasmus zur Verantwortung zu ziehen. Dr. Freak musste doch nur zu gut wissen, dass sich Virgil schon lange nicht mehr als menschliches Wesen fühlte und wie sehr er darunter litt, von der Gesellschaft nicht als Persönlichkeit anerkannt zu werden. Dieser Kerl wagte es, ihn für sein Aussehen

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