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Drachenblut

Drachenblut

Titel: Drachenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Lee Parks
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und seinen Zustand zu verhöhnen!
        Es blieb nicht aus, dass Virgil in Rage geriet und finstere Gedanken ersann. Wehe diesem Sterblichen, der hatte gut lachen. Er besaß einen, nun, beinahe vollständigen Körper aus Fleisch und Blut. Er war frei von den Zwängen der Technik und existierte ohne die Einschränkungen eines elektronischen Systems, das Virgil gefangen hielt. Ja, was hätte Virgil dafür gegeben, wieder Teil dieser menschlichen Welt zu sein, einer Welt, in der alles echt und nicht nur ein Trugbild war.
        Virgil kämpfte mit den Tränen und beschloss, dass Dr. Freak für diesen Frevel sterben musste.
        Das Insekt verlegte sein Gewicht auf die Hinterbeine, duckte sich zum Angriff und schnellte dann mit der Wucht seines gesamten Körpers nach vorne. Mit seinen Greifzangen packte es Dr. Freak kurzerhand an den Schultern und hob ihn in die Höhe.
        »Aber … nein, mein Sohn, ich bin es doch!«
        Aus dem Gefechtsstand konnte Virgil den zappelnden Krüppel beobachten, der kaum in der Lage war, sich gegen den eisernen Griff der Maschine zu wehren.
        »Mögen Feuer und Schwert über dich hernieder fahren!« presste Dr. Freak mühsam hervor. »Der Zorn der Götter wird dich verschlingen und vom Antlitz dieser Erde hinwegfegen!«
        Drohungen dieser Art konnten den Käfer kaum beeindrucken. Er öffnete sein gefräßiges Maul und stopfte sich das zappelnde Männchen in den Rachen.
        »Staub und Asche werden … Neiiin!«
        Mit einem Tritt auf das Steuerpedal ließ Virgil das Maul des Prototypen zuschnappen. Es knirschte leicht, als der linke Unterschenkel Dr. Freaks abgetrennt wurde, denn es war morsches Gewebe, das die Knochen zusammengehalten hatte.
        Dann fasste der Unterkiefer des Käfers nach, und Dr. Freak verschwand mit Haut und Haar von der Bildfläche.
        Virgil hätte nicht gedacht, dass es ihm so leicht fallen würde, sein Opfer zu verschlingen. Vielleicht war es die Distanz zum Geschehen, die Arbeit an Monitor und Steuerknüppel, die ihn des Gefühls beraubten, für seine Tat letztendlich verantwortlich zu sein. Aber zur gleichen Zeit war es harte körperliche Arbeit, ein menschliches Leben zu vernichten. Virgil geriet am Steuer des Prototypen gehörig ins Schwitzen. Es war schon ein Anachronismus, in der heutigen Zeit eine Maschine noch mechanisch lenken zu müssen. Aber für den Zuschauer war es eben interessanter, wenn im Handlungsverlauf außer den vollelektronischen Systemen auch Maschinen zum Einsatz kamen, bei denen die Funktionsweise wenigstens noch nachvollziehbar war.
        Dr. Freak wollte sich nicht kampflos geschlagen geben. Er war mit der Konstruktion der Maschine bestens vertraut, und er entsann sich eines Kabelstranges, der im Schlund des Prototypen verlegt war. Mit dem Haken an seiner rechten Hand schlitzte Dr. Freak die Kunststoffverkleidung auf, packte ein Bündel Leitungen und riss der Maschine mit eigenen Händen die Eingeweide aus dem Leib. Aus den beschädigten Leitungen spritzten Benzin, Öl, Wasser und sonstige Betriebsstoffe hervor und besudelten Dr. Freak von Kopf bis Fuß.
        Dem Käfer schien seine Beute nicht wohl zu bekommen. Er riss seine schwarzen Stielaugen auf, fing das Zittern an und lief dann wie von Sinnen im Kreise umher. Sein Maul öffnete sich zu einem stummen Schrei, gelber Schaum quoll aus den Atemöffnungen an der Seite seines Körpers, und es sah nicht gut für den Käfer aus.
        Die Bewegungsmechanik des Prototypen geriet durch die zerstörten Hydraulikleitungen gehörig außer Tritt. Der vorgeschriebene Arbeitsdruck in den Leitungen stand nicht mehr zu Verfügung, weshalb die Koordination der Bewegungsabläufe nicht mehr gewährleistet war. Schließlich stellte auch die Steuerungselektronik ihre Funktion ein, und der Prototyp kippte wie vom Blitz gefällt zur Seite. Alle Verbindungen zur Außenwelt brachen ab, auf den Monitoren im Gefechtsstand wurde es dunkel, und Virgil war wieder einmal im System isoliert.
        Der Käfer rollte sich auf den Rücken und strampelte mit seinen Beinen in der Luft herum, wie das von einem Insekt erwartet wurde, dessen letztes Stündchen geschlagen hat. Seine schwarzen Augen wurden blass und stierten bald nur noch leer in den Himmel, dorthin, wohin auch seine Käferseele aufsteigen würde, um den ewigen Frieden im Paradies zu finden, in dem es den schönsten und verlockendsten von allen Obstbäumen zu finden gab.
     

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    Aus einem internen

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