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Drachenboot

Drachenboot

Titel: Drachenboot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Low
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Besseres geben als ein Taflbrett, damit er nicht auf dumme Gedanken kommt?‹«
    Das brüllende Gelächter und das Schenkelklatschen wollten kein Ende nehmen, besonders als Olaf mit einer höflichen kleinen Verbeugung Thorgunna das Taflbrett und den Beutel mit den Steinen wiedergab. Sie nahm beides so freudestrahlend entgegen wie eine stolze Mutter.
    Doch in dem Lärm spürte ich plötzlich Kvasir dicht neben mir, sein Atem dampfte und roch nach Haferbrei und Fisch, als er mir ins Ohr zischte: »Dieser Junge ist nicht erst neun Jahre alt.«
     
    Ich stieg aus der Strug, einem dieser eckigen Flussboote, die die Slawen so lieben, auf den hölzernen Kai von Nowgorod, das bei uns Holmgard heißt. Ich kannte die Stadt bereits und war mit ihr vertraut.
    Wir hatten die Strug in Aldeigjuborg übernommen, da es schon schwer genug gewesen war, die Elk bis hierher zu bringen; bis Nowgorod wäre es unmöglich gewesen. Meine Schultern fühlten sich noch tagelang an, als ob jemand sie mit einem rot glühenden Eisen durchbohrt hätte. Beschämt musste ich mir eingestehen, dass ich das Rudern nicht mehr gewohnt war.
    Das Wetter tat ein Übriges, um uns das Leben schwer zu machen. Als wir die Elk endlich langsam in die Mündung bugsiert hatten, an der Aldeigjuborg lag, ließ Gisur den Eimer über Bord und zog ihn herauf. Er sah ihn kurz an, dann schob er ihn mir zu. Es war Eis darin.
    »Das hätte ich nicht gebraucht, um zu wissen, wie kalt es ist«, sagte ich und hauchte in meine Hände. Er nickte und leerte den Eimer aus, dann stellte er ihn mit seinen blauroten Händen, die voller Frostbeulen waren, wieder
an seinen Platz. Alle hatten Frostbeulen, und die Hände waren von der Kälte und vom Rudern aufgesprungen. Die Nasen waren rot, der Atem dampfte, und jeder Atemzug verursachte einen schneidenden Schmerz.
    »Es ist zu früh für Eis«, brummte Gisur. »Mindestens einen Monat zu früh. Der Fluss gefriert, und dazu noch so nahe am Meer. Du wirst sehen, auch das Meer wird diesen Winter bis weit hinaus zufrieren.«
    Dieser Gedanke hatte uns auf dem ganzen Weg bis zum Anleger verfolgt, es waren keine sehr schönen Aussichten. Und kaum hatten wir unser Schiff vertäut, als Finn und Kvasir auch schon erschienen, die, in Umhänge gehüllt, mit warmen Mützen und bis an die Ohren in Vadmaltuch gewickelt, mit einer Kopfbewegung in die Richtung eines weiteren Langschiffs deuteten. Es lag am Ufer, der Mast war abgebaut und das Segel auf Deck als Zelt aufgeschlagen, was auf Überwinterung schließen ließ. Es war Klerkons Schiff, die Drachenschwinge, auf dessen Ballaststeinen mittschiffs zwei Männer mit wildem Haar und silbernen Armreifen ein Kohlenbecken bewachten.
     
    »Nur eine kleine Mannschaft«, berichtete Kvasir nach einem kurzen Erkundungsgang. Sie hatten uns schon gesehen, und waren nach dem Vorfall in Gunnarsgard auf der Hut, obwohl es unvernünftig gewesen wäre, in fremdem Hoheitsgebiet die Schwerter zu schwingen. Was passieren würde, wenn sie erst erfuhren, was wir auf Svartey angerichtet hatten, war eine andere Sache.
    »Klerkon ist weiter im Süden, in Känugard«, fügte er hinzu und legte den Kopf zur Seite.
    »Er wird seine Gefangenen mitgenommen haben«, sagte Finn aufgeräumt. »Dort kann er sie besser verkaufen.«
    Ich sah ihn unwillig an, Kvasir schwieg. Ich wusste, warum
Finn so zufrieden war. Er war auf Raubzug und hoffte, wir würden in Nowgorod überwintern, um uns dann im Frühling zu dem Silberschatz aufzumachen, den wir seiner Meinung nach schon viel zu lange vernachlässigt hatten.
    Ich hoffte, es würde ein langer Winter werden und dass, wenn er zu Ende war, Swjatoslaw, der Großfürst der Rus, seinen unsinnigen Krieg gegen die Große Stadt fortführen würde und dass eine Reise nach Känugard – das bei den Einheimischen Kiew hieß – dann zu gefährlich wäre. Ich hoffte, diese Umstände würden auch Lambisson zusammen mit dem kleinen Eldgrim und Dorschbeißer hier festhalten.
    Ich wusste aber auch, dass mit diesem Berg von Silber Odins Fluch auf mir lag. Ich kam mir vor wie in einer Dornenhecke  – je mehr man gegen sie ankämpfte, desto stärker verfing man sich in ihr. Ich dachte jeden Tag daran, dass ich früher oder später zu Attilas Grabhügel würde zurückkehren müssen, und jedes Mal, wenn ich daran dachte, war mir, als müsse ich einen Stein schlucken.
    Aber erst einmal mussten wir Thordis zurückholen und den kleinen Eldgrim und Dorschbeißer befreien.
    Wir erfuhren schon bald, dass

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