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Drachenboot

Drachenboot

Titel: Drachenboot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Low
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ihn nur Namen waren. Selbst Sigurd. Mir kam der Gedanke, dass der kleine Krähenbein ein einsames Kind war und dass er nach allem, was er erlebt hatte, wohl auch einsam bleiben würde.
    Finn sah den weißen Hund an und knurrte skeptisch. Olaf runzelte die Stirn.
    »Gefällt dir der Name nicht?«, fragte er. Dann zeigte er auf den Hirschhund, der sich wieder an Finns Knie gelehnt hatte.
    »Wie heißt er denn«, wollte er wissen.
    »Hund«, sagte Finn entschieden. Olaf dachte, es sei ein Scherz und zeigte auf den anderen Hirschhund.
    »Und der?«
    »Der andere Hund«, erwiderte Finn, dann hob er seinen Hintern leicht von der Bank an und furzte.
    Kvasir lachte, als er sah, wie Olaf ärgerlich wurde.
    »Wir haben da einen ganz klugen Grundsatz«, sagte er und legte dem Jungen die Hand auf die Schulter, »und der heißt: Gib einem Tier, das du vielleicht einmal essen musst, nie einen Namen.«
    Olaf erschrak und sah auf den Hund, der sein ganzer Stolz war und sich gerade das Hinterteil leckte. »Bleikr essen?«
    »Na ja, seine Zunge vielleicht besser nicht«, sagte Kvasir, und alle lachten.
    »Tja«, brummte Gyrth und kroch unter einem Haufen Pelze und Umhänge hervor, wo er versucht hatte, warm zu werden und zu schlafen. »Wenn wir diesen verfluchten Schatz bei diesem Wetter suchen wollen, dann werden wir am Ende noch ganz andere Dinge essen. Ihr werdet sehen, wie gut dann selbst ein Lederriemen schmecken kann.«
    »Schadet einem auch nichts«, sagte Finn, und Gyrth rieb sich grinsend den Bauch.
    Ich war mir sehr wohl bewusst, dass da draußen die Wintersteppe lag, der große Schnee, und ich musste den ganzen Tag daran denken. Die Männer erschienen, einer nach dem anderen, sie reckten sich, furzten, fröstelten in der Kälte und zerbrachen das Eis auf Schüsseln und Eimern, um laut prustend ihre Gesichter mit kaltem Wasser zu waschen.
    Thorgunna und Thordis waren klug genug gewesen, sich aus allem herauszuhalten; zum Teil wohl auch, weil sie nicht das Risiko eingehen wollten, von betrunkenen Männern gebumst zu werden und sich dann die Kommentare der anderen anhören zu müssen. Sie waren jetzt frisch und ausgeruht, und ihre gute Laune ging allen auf die Nerven. Zusammen mit den Sklavinnen gingen sie lautstark ihrer Arbeit nach, fachten das Feuer an, hängten Töpfe auf und lärmten mit den Pfannen.
    Die Männer hatten sich inzwischen an den Resten vom Vorabend satt gegessen, sie stocherten in ihren Zähnen und nahmen langsam ihre verschiedenen Arbeiten wieder auf. Sveinalds Männer machten sich auf den Heimweg, und ich hörte, dass Lyut auf einer Trage befördert werden musste. Es war ein Glück für uns, dass er überhaupt noch lebte.
    Meine Mannschaft blieb natürlich, wo sie war, und bereitete sich so gründlich wie möglich auf einen Wintermarsch in die offene Steppe vor. Die meisten von ihnen machten sich keine Sorgen um das, was ich getan hatte – sie rechneten immer noch damit, dass sie ihren Teil abbekommen würden wie versprochen, und wenige dachten weiter. Einige von ihnen hielten die Einbindung von Wladimir für einen besonders klugen Taflzug von mir, da das
einen besseren Schutz und bessere Ausrüstung für uns bedeutete, und beides konnten wir auf diesem gefährlichen Marsch gut gebrauchen.
    Draußen, unmittelbar vor dem Wohnturm, herrschte bald lärmende Geschäftigkeit. Wagen wurden mit Schlittenkufen versehen, die Räder wurden, falls sie gebraucht werden sollten, an den Seiten aufgehängt wie Schilde auf einem Langschiff. Wir hatten stämmige kleine Pferde zum Ziehen und auch Reitpferde, die Wagen wurden mit Vorräten beladen, und die Männer kümmerten sich um ihre Ausrüstung und die Waffen.
    Wladimir hatte erwartet, dass ich auf seiner Landkarte aus Pergament die Lage von Attilas verfluchtem Grabhügel markieren würde, aber als er sie entrollte, enthielt sie lediglich einen roten Punkt mit dem Vermerk »Biela Viezha«, dem slawischen Namen Sarkels, ansonsten war es nur eine große, leere Fläche aus grauweißer Tierhaut. Ich war auch nicht so dumm, die genaue Position mit einem X einzuzeichnen, denn sonst hätte er mich ja womöglich überhaupt nicht mehr gebraucht.
    Niemand außer mir wusste genau, wo das Grab lag, und der Weg dorthin war auf dem Griff meines Runenschwerts vermerkt. Der kleine Eldgrim hatte eine ungefähre Vorstellung davon, denn er hatte mir geholfen, die Runen einzuritzen, aber selbst er kannte die einzelnen Etappen nicht genau. Und auch ich würde sie nur finden, wenn wir

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