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Drachenboot

Drachenboot

Titel: Drachenboot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Low
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nicht so lange warten.«
    Damit hatte er recht. Alle diese Dinge waren reine Zeitverschwendung für Wladimir, der ungeduldig wie ein junger Jagdhund war.
    Es bedurfte noch zwei Tage zäher Verhandlungen mit den Vertretern der Wetsche, denen wir allerlei Versprechungen machen mussten, bis sie bereit waren, sich mit der Sklavin als einzigem Opfer zufriedenzugeben. Schließlich verdankten wir es Dobrynjas Gerissenheit, der dem Wetsche vorhielt, Wladimir könne das Andenken seines Vaters doch nicht mit dem Blut gemeiner Verbrecher besudeln, und diesem Argument konnten sie sich nicht verschließen.
    Also wurden wir freigelassen, mussten aber – angeblich zu unserem eigenen Schutz – die nächsten fünf Tage noch in der Festung bleiben. Am sechsten Tag, als Wladimir sich zusammen mit ganz Nowgorod auf die Trauerfeierlichkeiten für Swjatoslaw vorbereitete, erschienen Jaropolks Spürhunde am Stadttor.
    Man kannte sie hier schon, es waren Sveinald und sein Sohn Lyut; der Vater war ein verschrumpelter alter Däne, der Swjatoslaw als General gedient hatte. Nachdem Swjatoslaw getötet worden war, hatte er das, was vom Heer noch übrig war, zurückgebracht und fungierte jetzt als Jaropolks Berater, so wie Dobrynja Wladimir beriet.
    Jaropolk war zwar der älteste der drei Rus-Prinzen, doch auch er war noch jung und leicht zu beeinflussen. Sveinald und Lyut waren schon immer widerwärtig arrogant gewesen,
und jetzt, wo sie ihren jungen Prinzen in der Hand hatten, benahmen sie sich, als wären sie es, die Kiew regierten und nicht er.
    Sie waren als Jaropolks Abgesandte gekommen, um die Trauerfeierlichkeiten mit ihrer Anwesenheit zu beehren – zumindest war das die offizielle Erklärung. In Wirklichkeit waren sie gekommen, um herauszufinden, was Wladimir vorhatte, und hatten vorsorglich auch schon mindestens hundert erprobte Druschina-Krieger mitgebracht, alle bewaffnet und mit ihren großen roten Schilden ausgestattet, die eine gelbe Algis-Rune trugen, das Symbol Ruriks, als er Kiew gründete. Dieses Zeichen bedeutete »Schild«, aber gleichzeitig auch »Wachsamkeit«, aber jetzt nannten es die Slawen von Kiew nur noch »den goldenen Dreizack«, denn es hatte etwa die Form einer dreizinkigen Gabel.
    Es dauerte vier Tage, um Swjatoslaw zur Halle seiner Götter zu schicken, vier Tage des Weinens und Klagens und der Opfer und Kniefälle um Peruns Statue herum, wo Pferdeköpfe auf Stangen gesteckt waren und der kleine Wladimir, dem das Opferblut von den Ärmeln tropfte, bis zur Erschöpfung präsent sein musste. Aber alle waren sich einig, dass er sich für einen Zwölfjährigen tapfer gehalten hatte.
    Auch an den Abenden hatte er keine Ruhe, denn er hatte den Vorsitz bei den Festgelagen in der Halle des Kreml, wo seine Männer und die Druschina des alten Sveinald sich gegenseitig anpöbelten und sich am liebsten an die Gurgel gegangen wären. Oben am Herrentisch fand praktisch ein permanentes Taflspiel mit Worten statt, bei dem Sveinald herauszufinden versuchte, ob Wladimir Jaropolk als Fürsten aller Rus anerkennen oder ihm Widerstand leisten würde, während Wladimir und sein Onkel nach Kräften versuchten, nur ausweichende Antworten zu geben.
Oleg, der dritte Bruder, wurde offenbar gar nicht in Erwägung gezogen.
    Inzwischen waren die restlichen Eingeschworenen ebenfalls aus Aldeigjuborg angekommen und hatten die Elk mitgebracht. Gisur hatte darauf bestanden, obwohl es ein hartes Stück Arbeit gewesen war, den Fluss, auf dem sich nachts bereits Eis bildete, heraufzurudern. Er wollte das Schiff jedoch nicht unbewacht in der Nähe der Drachenschwinge lassen.
    »Klerkons Mannschaft ist gespalten«, berichtete er. »Die Drachenschwinge ist zum Überwintern abgetakelt und kann nicht segeln, außerdem ist der Fluss zur Ostsee hinaus auch zugefroren. Die eine Hälfte hat sich geschworen, an uns Rache zu nehmen – ihr Anführer ist Randr Sterki. Die andere Hälfte macht sich langsam davon, immer zu zweit oder zu dritt. Sie hoffen, dass Wladimir sie aufnehmen wird, und kommen hierher. Sie wussten, dass wir nur leicht besetzt sind und wären gern mit uns gefahren, aber ich hielt es für das Beste, sie allein ziehen zu lassen.«
    Das war genug, worüber ich nachzudenken hatte. Finn war ziemlich wütend, weil ich, wie er meinte, das Geheimnis von Attilas Grab verraten hatte, ohne Garantie, dass damit auch für uns etwas abfallen würde. Ich erinnerte ihn daran, dass wir schließlich noch am Leben seien, was er widerwillig anerkennen

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