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Drachenboot

Drachenboot

Titel: Drachenboot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Low
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wenn wir schon mal dabei sind«, erwiderte Avraham und wischte das Blut von seinem Säbel, »ich danke dir, Gott Israels, dass ich kein Slawe, kein Heide und keine Frau bin – und keines von diesen Geschöpfen hier. Hakadosch baruch hu.«
    Noch immer grinsend ging Morut los, und wir folgten ihm, so vorsichtig, als könne sich jederzeit der Boden unter
uns öffnen. Wir waren nicht mehr als ein paar hundert Schritt gegangen, als Morut sagte: »Dort ist ein Hof.«
    Es war ein ganz normaler kleiner Hof. Er lag auf einer freien Fläche zwischen den Felsen, war gut gebaut und so ähnlich wie das, was die Finnen eine gamme nennen, obwohl die mit Grassoden gebaut ist. Dieses Haus hier war etwa dreißig Fuß lang, und die Enden des Daches waren vom eigenen Gewicht niedergedrückt, sodass es abgerundet war wie bei einem Boot. Die Zwischenräume waren mit Moos und Lehm abgedichtet, und das Ganze war nur etwas schulterhoch. Es gab nur eine Holztür, und die war verriegelt.
    Finn stieß mit dem Griff des Godi dagegen. Im Innern schrie jemand auf.
    »Na, zumindest ist jemand zu Hause«, grinste er. Er sah aus wie ein Wolf auf der Jagd. »Obwohl sie ruhig etwas gastfreundlicher sein könnten.«
    Er stemmte sich mit der Schulter gegen die Tür und drückte ein paarmal, wie um sie zu prüfen. Dann trat er einen Schritt zurück, holte tief Luft und rannte dagegen. Die Tür krachte, und er trat sie vollends ein.
    Das Jammern und Heulen wurde lauter.
    Er duckte sich, um hineinzugehen, aber ich versperrte mit meinem Schwert die Türöffnung, obwohl ich das eigentlich ungern tat.
    »Aus demselben Grund, warum ich kein Feuerholz sammle«, sagte ich, und er grinste und verbeugte sich, um mir den Vortritt zu lassen. Schließlich war ich sein Jarl.
    Ich trat gebückt durch die niedrige Tür, das Schwert gezogen, den Schild vor mir. Drinnen war der Boden bis auf den Fels ausgehoben, und man konnte aufrecht stehen. Der Boden bestand aus nacktem Fels, im Gegensatz zu dem hart gestampften Lehm in den Häusern der Wik, das
Licht war dämmrig und voller Holzrauch, und man hatte Mühe, etwas zu erkennen. Ich war auf alles gefasst.
    Nur nicht auf die leise, bittende Stimme, die sagte: »Verschone uns.«
    Ich erkannte vier Personen, alles Frauen. Eine war alt und verhärmt, ihre abgearbeiteten Hände nestelten nervös an den Fetzen herum, die sie am Leib trug. In einer Nische stand ein Bettkasten, in dem eine jüngere Frau auf Kissen gestützt lag und leise weinte. Ich sah eine weitere junge Frau, blond, mit wachen Augen und bei allem Schmutz noch immer hübsch. Ihre Arme, die so muskulös wie meine eigenen waren, hatte sie schützend um ihren Bauch gelegt.
    Die vierte war ein jüngeres Mädchen, das nackt neben der fast erloschenen Glut des Feuers kauerte. Es war mit Schuppen bedeckt und hatte ein Froschgesicht mit vorstehenden Augen, in denen die blanke Angst stand. »Verschone uns«, sagte sie mit starkem ostnordischem Akzent.
    Die ältere Frau fing an zu weinen, und die Blonde trat mit ausgestreckten Händen auf uns zu. Vielleicht waren das die Frauen, die man aus dem Dorf entführt hatte. Einen Moment lang geriet ich in Panik, ich erinnerte mich an das Märchen von den Russalken – aber dies waren keine wunderschönen grünhaarigen Verführerinnen mit Zauberkämmen, wie Krähenbein sie beschrieben hatte.
    »Seid ihr aus dem Dorf?«, fragte ich, und die Frau, die auf mich zukam, blieb stehen, aber wahrscheinlich verstand sie meine Frage nicht, denn sie sah mich nur fragend an.
    »Malkiew?«, fragte ich, nachdem mir der Name ihres Dorfes wieder eingefallen war. Die Frau nickte und ließ den blonden Kopf hängen. Sie seufzte.
    »Verschone uns«, sagte das schuppige Mädchen, das
noch immer neben der Feuerstelle kauerte. Ich sah eine ihrer winzig kleinen Brüste, ganz weiß, mit einer rosa Brustwarze. Das war offenbar das Einzige, was sie in der nordischen Sprache sagen konnte, und ich fragte mich, wo sie es gelernt hatte.
    Jetzt drängten sich auch die anderen Männer ins Haus, worauf die Frauen in lautes Gejammer ausbrachen. Ich befahl Avraham und Morut, mit den beiden Älteren nach draußen zu gehen; das nackte schuppige Mädchen huschte in eine dunkle Ecke. Die junge Frau im Bettkasten blieb, wo sie war, aber sie weinte, als wolle ihr das Herz brechen.
    »Komm«, sagte ich so sanft wie zu einem nervösen Fohlen und streckte meine Hand aus.
    »Kind«, sagte sie – ich verstand zunächst nicht, was sie gesagt hatte, aber ihre Bewegung und ihr

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