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Drachenboot

Drachenboot

Titel: Drachenboot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Low
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nichts Ungewöhnliches war, und es gab einige sehr gute Klingen, die von Frauen geschmiedet worden waren.
    Als Kowatsch sich von seiner geschickten Enkelin hatte trennen müssen, um an das kostbare Eisenerz zu kommen, war das Schicksal der Bergwerksleute in der Marsch besiegelt gewesen. Kowatsch hatte auch tatsächlich Männer hinausgeschickt, aber nur, um die Gemeinde in der Marsch auszulöschen und das Erz selbst zu fördern. Aber es überraschte mich nicht weiter, dass sie alle umgekommen waren.
    Nun war die kleine Sippe in der Marsch durch uns umgekommen, und wir hatten Kowatschs blonde Enkelin mitgebracht, weinend zwar, aber der durchtriebene Alte dankte den Göttern. Dann ordnete er ein Festmahl an und forderte die Dorfbewohner auf, ihre versteckten Schätze hervorzuholen.
    Jetzt hatten sie, was sie brauchten, Kowatsch und sein Dorf. Die geretteten Frauen würden sie zu dem Ort hinführen, und sie konnten selbst das Erz fördern, das ihnen ohne neue Verluste zugefallen war.
    Ich wünschte ihnen Glück, obwohl ich vermutete, dass sie sich nie ganz frei fühlen könnten von dem, was sie getan hatten, genau wie ich. Es würde mich wohl mein Leben lang in meinen Träumen verfolgen, und Kowatsch, der das blonde Köpfchen seiner Enkelin tätschelte, würde gewiss noch den Tag verfluchen, an dem er mit den Schuppigen seinen teuflischen Handel abgeschlossen hatte. Denn ich
hatte gesehen, wie seine Enkelin mit ihren starken Armen ihren Bauch geschützt hatte, als ich mit meinem Schwert in den Hof gestolpert kam.
    Ich wusste nicht, was sie gebären würde – und ebenso wenig wusste sie es –, doch ich vermutete, dass Kowatsch sie nächstes Jahr um diese Zeit nicht mehr so liebevoll tätscheln würde, auch wenn sie noch so gute Klingen schmiedete.
    Leise erzählte ich Wladimir und Dobrynja von unserem Abenteuer, und Sigurd und Krähenbein hörten zu. Ich erzählte nichts davon, was in dem Feuer mit verbrannt war, ebenso wenig davon, was im nächsten Frühling passieren würde.
    Als ich fertig war, nickte der junge Wladimir, lächelnd und huldvoll, wie es sich für einen Prinzen gehörte. »Gute Arbeit, Orm Bärentöter. Die Skalden werden noch lange davon singen, und die Sage wird in späteren Zeiten am Feuer erzählt werden. Hab ich recht, Olaf?«
    »Ich selbst werde sie erzählen«, stimmte Krähenbein zu, »vor allem, weil ich auch darin vorkomme.«
    Sie strahlten wie zwei kleine Sonnen. Wladimir und Olaf waren die Männer der Zukunft, und bereits jetzt deutete sich an, dass man ihnen, wenn sie erst einmal in der Blüte ihrer Jahre standen, nicht zu nahe kommen sollte.
    Ich ging; die laute Ausgelassenheit des Dorfes war jetzt nicht nach meinem Geschmack. Die Nacht war mondhell, das Land lag unter einer blauweiß glitzernden Schneedecke, und ich wollte so viel saubere, frische Luft wie möglich atmen, um das ungute Gefühl loszuwerden, das ich noch immer verspürte. Krähenbein ging ebenfalls hinaus und pfiff vergeblich nach Bleikr.
    Kochdüfte lagen in der Luft, der Geruch nach Fleisch machte einem den Mund wässrig. Irgendwo würde Thorgunna
auch für uns einen guten Eintopf würzen und umrühren, die anderen würden mit Schalen und Trinkhörnern dasitzen und lärmen, grinsend und mit fettigen Gesichtern, und sie würden Verse schmieden und die Tapferkeit von Orm Bärentöter, Finn Rosskopf und Kvasir dem Sabberer besingen. Die Anzahl der getöteten Geschöpfe würde beim Erzählen zunehmen, die Heldentaten ins Unermessliche wachsen, und alles wäre gelogen – genau wie die Sache mit dem Bären, dem ich meinen Namen verdankte.
    Ich wusste aber auch, dass Finn und Kvasir irgendwo in einer Ecke sitzen und sich nicht daran beteiligen würden. Genau wie ich würden sie an den ansehnlichen Hof denken, der jetzt in Schutt und Asche lag, und an das, was wir darin verbrannt hatten, und sich wundern über die Grausamkeit der Menschen, die das alles zu verantworten hatten.
    Ich hörte einen Hund bellen und kurz darauf aufheulen, ein Laut, der mir gar nicht gefiel. Jemand rief nach mir, und ich ging in die Richtung, aus der es zu kommen schien, in der Nähe des zugefrorenen Flusses. Ich dachte, einer meiner Männer hätte vielleicht Wölfe entdeckt und wollte verhindern, dass das hungrige Rudel unsere Pferde anfiel. Ich war jetzt dankbar für einfache Aufgaben, die mich ablenkten.
    Hinter mir, irgendwo in der Ferne, ertönte Musik, und ich drehte mich um.
    Ich stolperte, fiel auf ein Knie nieder und stand fluchend und nass

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