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Drachenbraut

Drachenbraut

Titel: Drachenbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Günak
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gab ein kurzes Knacken in der Leitung, als habe jemand an dem übertragenden Satelliten gerüttelt. «Angst um die Welt. Angst um die Menschen. Blanke Angst.»
    Valentin fixierte einen Punkt hinter dem kleinen Wäldchen, das an den Parkplatz grenzte. Diese Angst war mehr als berechtigt. Dass sie sie aussprach, stellte ihm die ganze Tragweite der Situation erneut vor Augen. Trinidad sprach zwar viel, aber selten brachte sie Dinge auf den Punkt.
    «Ich muss hier funktionieren und meine Angst unter Verschluss halten», fuhr sie fort. «Das schulde ich meinem Volk. Wir sind hier zwar sicher, aber sie alle bangen um die Welt. Die ahnungslose Welt. Wusstest du, dass Mr. Gibbson vor einigen Stunden hier angekommen ist? Und er hat die Welt der Menschen seit fast acht Jahrhunderten nicht verlassen.»
    «Trinidad, um es auf den Punkt zu bringen: Wenn das passiert, wovon wir zum jetzigen Zeitpunkt ausgehen, ist die Welt am Arsch.»
    «Danke. Du bist immer so präzise und feinfühlig», antwortete sie mit unüberhörbarem Tadel, aber wieder festerer Stimme.
    Er starrte abwesend aus dem Fenster. «Ich glaube, dass sie eine Vesna sein könnte.»
    Trinidad schwieg. Fast länger, als er aushalten konnte.
    «Wie kommst du darauf?»
    Das Zittern in ihrer Stimme bildete er sich nicht ein. Sie war vielleicht die Einzige, die wusste, was diese Tatsache für ihn, für sie alle bedeuten konnte.
    «Die Fakten deuten darauf hin.»
    «Ich werde sie mir ansehen.» Trinidads Energie schien schlagartig zurückgekehrt. «Ich werde fühlen, ob sie eine Vesna ist, Valentin!»
    Er antwortete nicht. Ihrer plötzlichen Dynamik hatte er für den Moment nichts entgegenzusetzen. Und vielleicht wäre es ja wirklich hilfreich, wenn Trinidad sich die Frau ansehen würde. Deshalb ließ er ihr Vorhaben unkommentiert, verabschiedete sich knapp und wählte Hornets Nummer. Es gab dringlichere Dinge zu tun, als seine Ex-Frau von etwas abzuhalten, was sie sich in den Kopf gesetzt hatte.
    «Gibt’s was Neues?»
    Hornet musste neben seinem Handy gesessen haben, es hatte nur ein Mal geklingelt.
    «Alle, die die Möglichkeit zur Flucht haben, sollen sich auf den Weg machen. Die anderen müssen sich auf einen Kampf vorbereiten.»
    «Ich nehme nicht an, dass du Duponts Meinung teilst, dass uns das Schicksal der Menschen nichts angeht?»
    «Das tue ich nicht. Der Rat soll nach Möglichkeiten suchen, sie vor allzu großem Schaden zu bewahren.»
    Er kannte Duponts abwertende Meinung den Menschen gegenüber, und weder teilte er sie, noch billigte er sie. Ein ewiger Streitpunkt mit dem Ratsvorsitzenden. Valentin rang mit sich. Er musste seine Tochter aus dieser Welt schaffen. Er hatte schon einmal versagt, die Seinen zu beschützen. Das würde nicht noch einmal passieren. Und das Mittel dazu war ihm in diesem Moment relativ gleich. Hornet war immer noch besser als jeder andere dafür.
    «Du kennst meine Tochter?», fragte er knapp.
    «Du hast eine Tochter?», kam die erstaunte Gegenfrage.
    Drei um genau zu sein, aber diese Tatsache ging niemanden etwas an. «Ja. Du hast die große Ehre, sie aus Heidelberg abzuholen und bis zum nächsten Portal zu begleiten.»
    «Es klingt, als bräuchte ich dazu eine spezielle Ausbildung.»
    Womit er nicht ganz unrecht hatte, aber das würde Hornet in den nächsten Stunden schon selbst herausfinden. Valentin gab ihm die Adresse der Universität und sicherheitshalber noch Madeleines Privatadresse.
    «Ich kümmere mich darum.» Hornet senkte etwas die Stimme: «Valentin, bei allem Respekt, Sire. Aber wo bist du?»
    Ja, wo war er. Er stand immer noch auf diesem verdammten Parkplatz einer Klinik in Hamburg und wartete auf eine Frau. Eine Frau, die es geschafft hatte, eine tief in ihm verborgene Saite zum Schwingen zu bringen. Eine Saite, um die er seit Jahrhunderten trauerte, weil er ihren Tod miterlebt hatte.
    «Da, wo ich jetzt sein muss.»
    Aus dem Nichts griff eine Unruhe nach ihm. Alarmiert wandte er den Blick suchend über das Klinikgebäude. Er konnte nichts sehen, aber nur einen Herzschlag später war aus der Unruhe ein heftiger Sturm geworden.
    Etwas Dunkles hatte sich weit entfernt auf den Weg zu Dr. Josefine Rosenberg gemacht. Er musste zu ihr. Jetzt.
    Er drückte Hornet weg, schob den protestierenden Hund zurück in den Fußraum und lief über den Parkplatz in Richtung des Klinikeinganges.
    ***
    Josefine schlüpfte von den grünen Klinik-Crocs in die Sneaker. Es war bereits Mittag und sie hatte außer dem Stück Torte noch nichts

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