Drachenbraut
Ihnen glauben?»
Ein warmes Lachen war die Antwort auf ihre Frage. «Oh, die Dunkelalben können keine menschliche Form annehmen. Die sind so fernab der magischen wie auch der menschlichen Welt, dass Sie sich noch nicht einmal mit ihnen unterhalten könnten. Völlig fremde Wesen. Aliens, um in Ihrer Vorstellungskraft ein Bild zu erzeugen. Aber eigentlich haben wir für dieses nette Gespräch keine Zeit, Dr. Rosenberg. Auch wenn ich gerne mit Ihnen plausche. Ich kenne Ihren Traum.»
Trinidad wirkte plötzlich sehr energisch.
Josefine hatte mit einem Schlag einen staubtrockenen Mund. Das war unmöglich. Ihr Traum war neben ihrer Gabe ihr größter Schatz, und sie hatte ihn immer vor anderen Menschen gehütet.
«Bitte, was?»
«Ihren Traum. Des Fluges, der Höhe, der Geborgenheit. Ich weiß, dass Sie diesen Traum träumen.»
Die Frau sagte das so locker heraus, als wäre es das Natürlichste der Welt, über etwas zu sprechen, was nur ihr gehörte.
«Keine Sorge, ich habe nicht in Ihren Kopf geguckt. Das denken Sie jetzt doch, oder?» Ohne allerdings eine Antwort abzuwarten, sprach sie weiter: «Die Vesna oder der Vesna, es gibt beides, waren mit jeder Faser ihres Körpers dem Volk der Drachen verbunden, und das Ureigenste, nämlich der gemeinsame Flug, hat sich über Generationen in ihrem Unterbewusstsein eingebrannt. Die Legende besagt, dass eine Vesna genau davon träumt. Nacht für Nacht. Ihr ganzes Leben lang träumt sie davon, was ihr Leben eigentlich ausmacht. Nun, Dr. Rosenberg, Sie haben zurzeit ein etwas anders Lebensmodell, aber wenn Sie tatsächlich eine dieses Volkes sind, und danach sieht es im Moment aus, werden auch Sie diesen Traum haben. Was dann Beweis genug wäre.»
Josefine brauchte einige Sekunden, um diese Worte in ihrer gesamten Tragweite zu erfassen. Das Wort «Vesna» hallte in ihrem Kopf wieder, fremd und doch vertraut. Ihre Hände begannen unkontrolliert zu zittern. In ihrem Magen rumorte es. Und hatte diese Frau eben Drachen gesagt?
«Verdammte Scheiße», murmelte sie fassungslos.
Ihr verbaler Gefühlsausbruch schien Trinidad etwas verwirrt zu haben, denn für ein paar Sekunden herrschte absolute Stille im Wohnzimmer.
«Was muss ich tun?»
Josefine erkannte ihre eigene Stimme nicht wieder. Sie klang blechern und hohl. Gedanklich war sie noch bei ihrer kindlichen Vorstellung eines Drachen. Prinzessinnen raubende, Feuer speiende, grüne Monster. Denn das waren doch Drachen, oder?
«Es gibt ein Ritual. Wie das genau funktioniert, weiß ich nicht. Aber Valentin wird es wissen …»
«Er ist wirklich ein Drache?»
Josefine musste einfach noch einmal nachfragen.
«Äh. Ja, ja, ein Drache.»
Trinidad war offensichtlich aus dem Konzept gebracht.
«Sie wollen mich verarschen?»
Die Frau hob hoheitsvoll eine Augenbraue. «Ich bin eine Elfenkönigin mit einem im Exil lebenden Volk, während die Welt gerade damit begonnen hat unterzugehen. Warum sollte ich Sie … äh … verarschen?»
«Dann ist das alles ein Witz?»
Sie hatte keine große Hoffnung auf ein «Ja» als Antwort. Ihr Gehirn weigerte sich nur gerade vehement, all diese Worte, die ihre Welt endgültig aus den Angeln hoben, zu glauben. Ihr Kopf hatte da seine Probleme, aber ihr Herz glaubte ihr auf unerklärliche Weise jedes Wort.
Die Frau schwieg einen Moment. Schließlich antwortete sie trocken: «Nein, das ist kein Witz, sondern eher ein magischer Super-GAU. Selbst das kommt der Wahrheit nicht nahe genug. Ihre Sprache hat nur einfach keine passenden Wörter. Deshalb noch mal für Sie: Er ist ein Drache.»
Was würde das für sie bedeuten? Wahllos griff sie den nächsten Gedanken auf, der ihr durch den Kopf schoss.
«Aber ich habe hier einen Job. Ich kann nicht einfach so weg.»
«Sie können, meine Liebe. Wenn Sie nicht können, haben Sie in einigen Monaten auch keinen Job mehr. Dann gibt es keine Menschen mehr, die Ihre Hilfe benötigen. So einfach ist das.»
Trinidad klang bei diesen Worten durchaus freundlich.
«Ich muss wenigstens jemanden finden, der für mich einspringt.»
«Schätzchen, haben Sie es immer noch nicht verstanden? Dann werde ich deutlicher: Nun, vielleicht liegt es daran, dass die menschlichen Zeitzeugen einfach aussterben und die magischen Wesen die Erinnerung sorgfältig aus ihren Köpfen tilgen. Es gab eine Zeit, in der ein schrecklicher Krieg über diese Welt tobte. Wir sahen, was passierte. Aber wir waren nicht in der Lage, uns zur Wehr zu setzen. Es wurden in dieser Zeit Taten
Weitere Kostenlose Bücher