Drachenbraut
begangen, die von solcher Grausamkeit waren, dass wir sie bis heute nicht aussprechen können.»
Ein Zittern lag in der bisher so vollen und selbstsicheren Stimme der Frau.
«Er kann das verhindern?»
«Er ist das mächtigste bekannte Wesen überhaupt und er kann alle magischen Wesen schützen. Aber noch viel wichtiger: Er kann es nur mit Ihrer Hilfe.»
«Wo ist er?»
«Ganz in Ihrer Nähe», stellte Trinidad dann nach einem Moment des Schweigens offensichtlich sehr zufrieden fest und schenkte ihr ein unerwartet herzliches Lächeln.
Kapitel 13
Jo lief zügig über die Straße und fuhr sich nervös durch die Locken. Das Hotel lag nur wenige Minuten entfernt. Was Trinidad ihr erzählt hatte, müsste theoretisch völlig durchgeknallt klingen. Selbst für ihre seltsame Welt. Aber sie hatte von ihren Träumen gesprochen. Was eigentlich nicht sein konnte, denn ihr Unterbewusstsein war eine reine Privatangelegenheit, und niemand wusste von diesen Träumen. Noch nicht einmal Alex hatte sie davon erzählt.
Und noch etwas hatte sie erst jetzt wirklich in seiner vollen Tragweite begriffen. Valentin hatte ihr das Leben gerettet. Zuvor hatte sie wohl der Schock fest im Griff gehabt. Jetzt erkannte sie auch, dass diese sonderbare, unpassende Ruhe, die sie in seiner Nähe verspürt hatte, einen anderen Hintergrund haben musste als bloße, körperliche Anziehungskraft.
Jede Frau mit Augen im Kopf würde diesen Mann optisch unwiderstehlich finden. Aber das reichte ihr nicht als Erklärung, warum sie ihn zwischendurch angestarrt hatte wie das achte Weltwunder. Er sprach irgendetwas in ihr an, das tiefer lag. Etwas, das mit dem Verstand nicht zu erklären war.
Tatsächlich erreichte sie das Hotel wenige Minuten später, durchquerte schnellen Schrittes die Eingangshalle und verschwand in Richtung des gut ausgeschilderten Treppenhauses. Sie joggte die fünf Etagen nach oben und machte sich auf die Suche nach Suite Nr. 501. Die indirekte Beleuchtung des breiten Flures warf ein goldenes Licht auf die gediegene Holztür, die sich am Ende des Ganges befand, fernab der anderen Zimmer. Sie spürte einen Hauch von Magie, schob diese aber problemlos beiseite und drückte vorsichtig gegen das schwere Holz.
Wie bereits im Hotel in Berlin war auch diese Tür nicht verschlossen. Auch sie vermied es, Türen abzuschließen. Genauso wie sie Aufzüge verabscheute. Lautlos schlüpfte sie durch den Spalt in die Suite.
Der Schlag traf sie völlig unvorbereitet und raubte ihr den Atem. Sie rang nach Luft und hing wie festgenagelt an der Wand. Es war so schnell gegangen, dass sie nicht einmal Zeit gehabt hatte, Angst zu verspüren. Die überrollte sie dafür jetzt mit aller Macht. Sie versuchte erfolglos, einen Laut von sich zu geben. Es war stockdunkel im Raum. Verzweifelt riss sie die Augen auf, um sich zu orientieren.
Im nächsten Moment ließ der Druck auf ihren Brustkorb etwas nach und Sauerstoff strömte zurück in ihre Lungen. Gierig atmete sie ein und ein Licht flammte auf.
Sie blickte direkt auf seinen nackten Oberkörper. Eine seiner Hände klebte nach wie vor fest auf der Mitte ihres Brustbeines, die andere schwebte wenige Zentimeter vor ihrer Kehle.
Aus der Angst wurde umgehend blanke Panik. Vor ihr stand ein Killer. In seinen geflammten Augen war nichts als eiskalte Härte. Er war ein Raubtier und sie war unaufgefordert in sein Revier eingedrungen. Blöder und wahrscheinlich tödlicher Fehler.
«Ich werde Ihnen helfen», krächzte sie schwach, weil offenbar immer noch zu wenig Sauerstoff durch ihren Blutreislauf zirkulierte.
Vermutlich lag es an ihrer misslichen Situation, dass ihr seine Reaktionszeit so lang vorkam. Gerade als sie dachte, dass er sich gar nicht bewegen würde, ließ er sie schlagartig los. Sie krümmte sich japsend zusammen und rutschte die Wand hinter sich auf den Boden herab.
Er trat einen Schritt zurück, aber sie spürte seinen brennenden Blick weiterhin auf sich ruhen. Er war gefährlich. Das Bild des zivilisierten Mannes, der sich problemlos in der menschlichen Welt bewegen konnte, war nur ein Trugbild. Eine von ihm sorgfältig konstruierte und genauestens komponierte Illusion.
«Mistkerl!», murmelte sie, bevor ihr Hirn sie daran hindern konnte.
Vermutlich war es unklug, ihn jetzt auch noch mit verbalen Beschimpfungen zu provozieren, wo sie doch eben nur um Haaresbreite einem gewaltsamen Tod entronnen war, aber sie konnte nicht anders. Sie fühlte sich besiegt, und das war ein verdammt beschissenes
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