Drachenbraut
Drehung des Oberkörpers.
Entrüstet stemmte sie beide Fäuste in die Hüften und funkelte ihn an. «Was wollen Sie eigentlich? Soll ich jetzt mit Ihnen zusammenarbeiten oder nicht? Dann sollte ich Sie schleunigst vor dem Verbluten bewahren. Jetzt stellen Sie sich doch nicht so an.»
Valentin biss die Zähne aufeinander, um das unwillige Knurren zu unterdrücken. Josefine tat permanent das Gegenteil von dem, was er wollte. Waren alle seine Vesna so gewesen? Unkontrollierbar und entschlossen? Hatte er das einfach vergessen?
Ein angenehmer Zustand war das auf jeden Fall nicht, aber er hatte wohl keine Wahl. Er brauchte sie. Dass sie ihn dermaßen aus dem Konzept brachte, musste er mit sich selbst ausmachen.
Diese ganzen abstrusen Gedanken spülten eine ordentliche Prise Wut in seine Seele. Wut auf sich selbst und Wut auf Josefine, die immer noch viel zu nah vor ihm stand und ihn jetzt herausfordernd anfunkelt. Dass er eigentlich nichts lieber wollte, als ihre kühlen Hände auf seiner Haut spüren, machte das Ganze nicht besser. Wenn er ehrlich war, war das sogar das Einzige, was er in diesem Moment wollte. Er war sich plötzlich selbst sehr fremd und er musste sich jetzt verdammt noch mal zusammenreißen. Es ging hier weder um Josefine noch um ihn.
Er setzte sich grade hin und hob auffordernd eine Hand. «Also bitte.»
Sie nickte, als habe sie keine andere Reaktion erwartet, und kniete sich mit konzentrierter Miene vor ihn, um an seiner Schulter herumzutupfen. Eine Strähne ihrer roten Locken streifte seine nackte Haut. Der Drache gab einen zufriedenen Laut von sich und drückte sich gegen seine Wahrnehmung. Konzentriert atmete er ein und aus, was jedoch nicht dagegen half, dass sein Herz anfing, schneller zu schlagen.
Er wollte, dass sie ging. Weit weg von ihm.
Er wollte, dass sie ihn berührte, festhielt.
«Ich brauche Pflaster oder Tape oder irgendetwas.»
Suchend blickte sie sich um, während sie das Handtuch mit festem Druck an Ort und Stelle hielt. Ihr Blick landete wieder auf ihm, eine klare Aufforderung in ihren grünen Augen.
Er hatte noch nie jemanden getroffen, dessen Gesicht immer in Bewegung schien. Nun stand ihr offensichtliche Ungeduld in die hübschen Züge geschrieben. Als er nicht sofort reagierte, kam sie ihm noch ein Stück näher. So nah, bis er die fein verteilten zarten Sommersprossen auf ihren Wangen sehen konnte.
Schlagartig war die Nähe nicht mehr auszuhalten. Er konnte aber auch nicht weg, weil er mit dem Rücken gegen die Badewanne gelehnt saß. Was nicht stimmte. Er konnte jederzeit weg. Er war größer und stärker als sie.
Er wollte nicht weg. So einfach war das.
«In der Tasche.»
Selbst seine Stimme klang plötzlich fremd.
«Sie führen tatsächlich eine Rolle Klebeband in Ihrer Reisetasche mit sich? Das ist ja ein sehr günstiger Zufall.»
Sie drehte sich um, ohne ihn loszulassen, und angelte mit einer Hand nach der schwarzen Tasche. Bestimmt nickte sie ihm zu. Er griff in die Seitentasche und zog eine Rolle Sportler-Tape hervor.
«Wo kleben Sie sich das denn sonst üblicherweise hin?», fragte sie, während sie mithilfe eines Waschlappens und eines Klebestreifens einen Druckverband improvisierte.
Er betrachtete ihre zarte elfenbeinfarbene Haut direkt vor seinen Augen, die wilden Locken, der konzentrierte Ausdruck in ihren grünen Augen. Der Wunsch, sie zu berühren, war beinahe übermächtig.
«Frage. Antwort?»
Sie riss einen weiteren Streifen des schwarzen Bandes mit den Zähnen ab. Sie schien offenbar völlig überzeugt, dass sie immer eine Antwort auf ihre Fragen bekam. Überhaupt sprach sie mit ihm, als wäre er einfach nur ein ganz normaler Mann. Das war ihm nun mal seit … sehr langer Zeit nicht mehr passiert.
Trinidad sprach manchmal so mit ihm, und er machte sich oft nicht mehr die Mühe, sich auf einen Machtkampf mit ihr einzulassen. Doch wenn er wollte, hatte er auch seine Ex-Frau im Griff. Bei Josefine dagegen hatte er aber offenbar keine Chance. Er konnte ihre Seele nicht manipulieren.
«Hallo. Was machen Sie sonst damit?»
Sie wedelte mit der Rolle Klebeband vor seiner Nase herum.
«Wozu müssen Sie das wissen?»
Er drehte leicht den Kopf, um jetzt doch ein klein wenig Distanz zwischen sich zu bringen.
«Ich bin chronisch neugierig.»
Sie pfefferte die Rolle zurück in die Tasche, woraufhin er sich nach vorne beugte, das Tape griff, um es in der Seitentasche zu verstauen. Da, wo es hingehörte . Wie konnte man nur so unachtsam sein? Sollte
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