Drachenbraut
Dunkelheit, insofern haben wir noch ein wenig Zeit. Heute Nacht würden wir es nicht mehr schaffen und sie müssen schlafen.»
Sie sah ihn an, als wolle sie etwas sagen, nickte aber schließlich nur. Gut, immerhin hatte es diesmal keine Widerworte gegeben. Für den Moment war er bereit, schon das als Sieg zu werten.
Kapitel 15
Er hatte recht. Sie musste schlafen. Nach all diesen Offenbahrungen fühlte Josefine sich, als wäre ein Güterzug über sie hinweggedonnert. Zu allen Fragen, die über den Zeithorizont der heutigen Nacht hinausgingen, gab es nur ein Achselzucken von ihm.
Er hatte ihr zwar die grundsätzlichen Dinge erzählt, war aber nicht ins Detail gegangen. Leider betrafen genau diese Details ihre persönliche Zukunft. Ihr war nicht klar, ob er es selbst nicht wusste oder es ihr einfach nicht erzählen wollte.
Sie war eigentlich nie ein leichtgläubiger Mensch gewesen. Sie hatte die Dinge immer hinterfragt. Aber ihm glaubte sie. Ohne den geringsten Zweifel, ohne Wenn und Aber. Ja, es klang alles verworren, kompliziert und gefährlich.
Leider fühlte es sich richtig an.
Genau diese vorbehaltlose Hinnahme ihres Hirns machte ihr Sorgen. Es wäre ein Leichtes gewesen, ihm zu unterstellen, dass er sie manipulierte. Aber genau das tat er nicht. Das hätte sie ebenso gespürt, wie sie seine Macht bisher immer als aufbrausende Energie um sich herum fühlen konnte. Nein, er konnte sie schlicht nicht manipulieren.
Sie beschloss, nach ein paar Minuten des Schweigens, das große Kingsize-Bett in der Suite zu benutzen und zu schlafen. Ihr Geist brauchte dringend Ruhe und ihr müder Körper fühlte sich geradezu magnetisch von den weichen Kissen angezogen.
«Okay.»
Sie kam auf die Füße, zog sich die Schuhe aus, schubste sie in eine Ecke des Badezimmers und lief barfuß über die Fliesen zurück in das Schlafzimmer der Suite. Auf halber Strecke blieb ihr Blick an Oskar hängen, der schwach hechelnd immer noch auf der Seite lag.
«Soll ich ihn mir mal anschauen?»
Eine rhetorische Frage, sie würde sich das Tier auf jeden Fall noch genauer ansehen. Aber es schien hilfreich, wenigstens so zu tun, als würde er mitentscheiden.
Sie hockte sich vor den Hund. Valentin trat neben sie und ließ sich ebenfalls auf die Knie sinken. Den Druckverband hatte er wieder abgenommen. Die Wunde hatte endlich aufgehört zu bluten.
Er legte eine Hand auf die Flanke des Tieres. «Denken Sie, Sie können ihm helfen?»
Oskar war zwar kein Mensch, aber ihre Gabe sollte alles einschließen, was über ein funktionierendes Nervensystem und ein schlagendes Herz verfügte.
«Ich setze jetzt meine Gabe ein», warnte sie ihn.
Es klang sarkastischer, als es beabsichtigt war, aber er zog nur seine Hand zurück und ließ sich kommentarlos auf die Fersen sinken.
Sie legte ihre rechte Hand auf den Brustkorb des Tieres und die linke auf den obersten Punkt seines Schädels. Oskar blieb still liegen. Ein leichtes Zucken dort, wo eigentlich seine Rute hätte sein sollen, verriet ihr allerdings, dass er der Behandlung nicht ablehnend gegenüberstand.
Sie schloss die Augen und spürte der Wärme nach, die durch ihre Handinnenseite auf den Hund überging. Schon nach wenigen Sekunden konnte sie einen brennenden Schmerz ausmachen. Ihre Hände folgten der Fährte, bis sie am Schultergelenk des Tieres angelangt waren. Sanft umfassten ihre Finger den Vorderlauf, ohne ihn jedoch zu bewegen. Oskar gab ein leises Jammern von sich, und sie spürte sich noch intensiver in das komplexe Geflecht aus Knochen, Sehnen und Muskulatur ein.
«Ich glaube, das Problem ist die Schulter-Muskulatur. Vermutlich hat er sich etwas gezerrt. Dieser Schmerz hat ihn völlig durcheinandergebracht. Deshalb hat er so gezittert.»
Ihre Hände glitten weiter, berührten hier und da das Fell, aber nur noch an einigen Stellen. Ansonsten hielt sie zwischen ihren Handflächen und dem Körper des Hundes immer einige Zentimeter Abstand.
«Ein muskuläres Problem, ich bin mir sicher. Ich versuche, den Schmerz ein wenig zu lindern, damit er schlafen kann.»
Sie blickte das erste Mal auf, während ihre Hände weiter über der betroffenen Stelle schwebten. Valentins Gesicht war dem ihren so nahe, dass sie unwillkürlich zurückwich. Sie hatte nicht gespürt, dass er während der Behandlung dichter an sie herangerückt war. Seine Augen waren nicht mehr braun. Gelbe Flammen tanzten jetzt auf dem Untergrund der jadegrünen Iris.
Seine Augen konnten die Farbe wechseln, so viel hatte sie
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