Drachenbraut
räusperte sich. «Wie hast du das gemacht?»
Selbst für ihn waren seine Worte kaum hörbar.
Josefine schwieg. Ihr Blick ruhte auf ihm und in ihren grünen Augen blitzte etwas auf. Etwas sehr, sehr Altes.
«Ich habe … es ist einfach passiert.»
Sie strich mit dem Zeigefinger sanft über seine Wange. Schlagartig erwachte auch sein restlicher Körper aus der erschöpfungsbedingten Erstarrung. Er konnte sein Blut durch die Adern pulsieren spüren, als habe diese Berührung ihn endgültig wieder zum Leben erweckt.
«Vielleicht habe ich aufgehört zu denken und mich voll und ganz meiner Gabe und meinen Gefühlen hingegeben.»
Ein Lächeln erschien auf ihrem hübschen Gesicht, doch sofort wurde ihr Miene wieder ernst. «Es bleibt wenig Zeit, Valentin.» Ihr Tonfall war plötzlich völlig geschäftsmäßig. «Die Dunklen wissen, wo der Rat sich aufhält, und sie haben ihn angegriffen.»
Er brauchte einen Moment, um diesen spontanen Themenwechsel hinzubekommen. Sein Geist war noch langsam und träge. Er hatte die Welt bis zu diesem Augenblick völlig ausgeblendet. Schlagartig wurde ihm die Dringlichkeit des Handelns bewusst. Verdammt, er hatte keine Ahnung, was passiert war, während er vor sich hingedämmert hatte und der Schmerz ihn fest in seinem Griff gehabt hatte.
«Wir müssen das Ritual vollziehen», murmelte er und setzte sich vorsichtig auf.
Was allerdings keine gute Idee war. Umgehend wurde ihm schwarz vor Augen.
«Leg die Stirn auf die Knie.»
Ihre Stimme kam wie durch Watte bei ihm an und er tat, was sie gesagt hatte. Der Schwindel ließ langsam nach und er wagte erneut die Augen zu öffnen. Er musste jetzt gottverflucht auf die Beine kommen. Erneut richtete er sich etwas aus und diesmal blieb der Schwindel aus. Dafür überfiel ihn ein anderer Gedanke.
«Was ist mit Oskar?»
Sie würde ihn für ein Weichei halten, in so einer Situation an seinen Hund zu denken, doch ihr Gesicht entspannte sich ganz plötzlich.
«Er schläft. Er ist bei Clemens, aber er wird überleben.»
«Dank deiner Gabe», murmelte er.
Sie zog eine Augenbraue in die Höhe und nickte knapp. Ein Gefühl der Dankbarkeit flutete ihn und er umfasste Josefines Hand. Dabei rutschte seine Uhr fast über sein Handgelenk, der Verschluss schien sich geöffnet zu haben. Ungeschickt, weil seine Hände sich klamm anfühlten, löste er seinen Griff und ließ sie auf die Fliesen gleiten. Josefines Blick auf die tropfende Luxusuhr war so eindeutig, dass er den intensiven Drang verspürte, sich zu erklären.
«Der Drache liebt dieses ganze Gold», setzte er an. «Ich gar nicht so, aber …»
Er faselte dummes Zeug.
«Dann sollten wir den Drachen mal befreien», war ihre Antwort.
Sie nickte einmal nachdrücklich. So fest, wie sie die Dinge im Griff hatte, wäre sie vielleicht auch in der Lage, die Welt allein zu retten.
«Möchtest du meine Vesna sein?», fragte er und spürte das Zittern in seiner Stimme.
Sie blickte auf, ihr Blick wirkte fast überrascht. Aber mehr, als wäre es sonderbar, dass er sie noch fragte. Ihre Finger berührten sanft seine Wange, eindringlich sah sie ihn an. «Natürlich möchte ich das!»
Es tat so gut. Er war nicht mehr allein. Er durfte wieder lieben. Und wie er diese Frau liebte!
Aufmerksam sah sie ihn an und fragte leise: «Was ist los?»
«Wieso?»
Ihre Stimme war nur noch ein Flüstern. «Du lächelst.»
Fast reflexhaft beugte er sich nach vorne. Ihre leicht geöffneten Lippen fühlten sich gut unter seinem Mund an. Nach einer Sekunde der Bewegungslosigkeit rückte sie näher.
Küssen ging gut, befand er. Deshalb startete er, ohne seinen Mund von ihrem zu nehmen, einen erneuten Versuch, wenigstens auf die Knie zu kommen. Energisch griff sie unter seine Achseln und half ihm, sich aufzurichten. Allerdings ohne ihren Mund von seinem zu nehmen. Sie war es, die sich wieder von ihm löste und ihm beide Hände anbot, um ihm aufzuhelfen. Etwas schwerfällig kam er auf die Füße und brauchte einige Sekunden, um die Balance zu finden.
Josefine griff ihm fest um die Taille. Vielleicht hätte er es allein bis zum Bett geschafft, aber er ließ es zu, dass sie ihn stützte. Normalerweise hätte er sich lieber in der letzten Ecke verkrochen und gewartet, dass seine Schwäche vorbeiging, als dass er Hilfe angenommen hätte. Aber bei ihr fühlte es sich richtig an.
Während sie ihn geschickt zum Bett lotste, legte er seinen Arm um ihre Schulter. Ihre feuchten Locken strichen zart über seine Haut. Im Gegensatz
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