Drachenbraut
musste bei einem solch schonungslosen Vorgehen zwangsläufig in Kauf genommen werden.
Er warf einen prüfenden Blick auf die letzten kleinen Rauchschwaden, die sich schon in der Weite des Himmels verloren, und wandte sich dann wieder Josefine zu, die mit weit ausholenden Schritten vor ihm herlief.
Bei ihrem Anblick begann sein Herz das Tempo zu erhöhen. Etwas, was es in den vergangenen Jahrhunderten höchst selten getan hatte. Sie waren heute Morgen übereinander hergefallen, als hinge das Heil der Welt daran. Selbst jetzt noch spürte er ein heißes Kribbeln im Unterleib, wenn er nur daran dachte. Okay, um es auf den Punkt zu bringen: Obwohl sie weiß Gott dringendere Dinge zu erledigen hatten, könnte er sie jetzt und hier zum nächste Gebüsch zerren und das Ganze in die Wiederholung bringen.
Er begehrte sie.
Aber auch das war nur die halbe Wahrheit.
Er liebte sie einfach.
«Valentin?»
Sie hatte sich im Laufen umgewandt und sah ihn an.
«Hm?»
«Werden sie auch den Rat angegriffen haben?»
Er zwang sich, ihr zuzuhören und zu antworten. Mit seinen so plötzlich befreiten Gefühlen würde er sich später auseinandersetzen. Jetzt musste er erst einmal dafür sorgen, dass es ein «später» geben würde.
«Ja, ich bin mir sicher, dass die Schatten auch dort waren. Aber der Schutzbann wird sie hoffentlich vor größerem Schaden bewahrt haben.»
Wenn sie ihn denn aufrechterhalten hatten. Ansonsten dürfte den Angriff niemand überlebt haben.
«Wie viel Zeit bleibt uns noch, bis dieser Riss groß genug ist?»
«Das war nur eine Söldnertruppe, die den Alben den Weg bereitet, indem sie den Rat und vor allen mich töten. Aber sie haben nicht mit dem Drachen gerechnet. Sie werden ihre Wunden lecken und sich neu formieren, sich sammeln. Vielleicht einige Stunden, vielleicht wenige Tage. Ich weiß es nicht genau. Allerdings kann alles, was Leid und Schmerz hier auf der Erde auslöst, dazu beitragen, dass es beschleunigt wird. Jedes menschliche Unglück trägt dazu bei, dass sie durch die Öffnung mehr Energie sammeln. Wenn es jetzt zu einer großen Naturkatastrophe kommen sollte, kann das Ganze wesentlich schneller gehen.»
Naturkatastrophen oder magische Rituale. Beide hatten eine verheerende Wirkung auf diesen verdammten Riss in der Atmosphäre.
Sie war mitten auf dem Weg stehen geblieben und betrachtete ihn eindringlich. Kam jetzt eine weitere Fragestunde auf ihn zu? Er sollte ihr befehlen weiterzugehen, stattdessen stand er hier herum und wartete ab, was sie als Nächstes sagen oder tun würde. Vermutlich würde nur rohe Gewalt sie von etwas abbringen, was sie sich in den Kopf gesetzt hatte, was natürlich als Handlungsoption ausschied. Sie war stur, so viel stand fest. Und er hatte keine Möglichkeit, sie unter Kontrolle zu bringen. Dies alles waren völlig neue Erfahrungen. Josefine handelte völlig losgelöst von seinen Absichten.
Und er liebte sie immer noch.
«Hast du keine Angst?»
«Doch, Josefine. Die habe ich. Aber ich kenne auch die Stärke des Rates und meine Stärke. Können wir uns endlich auf den Weg machen?»
Er griff sanft nach ihrer Schulter, um sie endlich wieder auf Kurs zu bringen.
Trotz seiner Hände auf ihrer Schulter drehte sie sich zu ihm herum. «Der Wald brennt aber immer noch. Müssen wir da nichts tun?»
«Das lass mal meine Sorge sein. Ich bin ein Drache, und wenn ich mich mit etwas auskenne, dann mit Feuer.»
Er hatte darauf geachtet, bei seinem letzten Flug eine Schneise in den Wald zu brennen, die es den Flammen unmöglich machen würde, sich weiter auszubreiten. Zusammen mit der Kessellage des Tales würde dies unweigerlich zu einer natürlichen Eindämmung des Feuers führen.
Hinter der nächsten Weggabelung kam Hornet ihnen entgegen. «Wie schön, dass ihr noch lebt!», stellte er trocken fest.
Kapitel 26
Sie erreichten das Anwesen von der rückwärtigen Seite. So sah sie die Zerstörung erst, als sie dem breiten Weg direkt am Haus vorbei gefolgt waren. Josefine musste für einen Moment stehen bleiben, eine Hand auf den Mund gepresst. Die gesamten Nebengebäude lagen in Schutt und Asche. Dichter Qualm hing über der vormals einladenden Auffahrt, überall waren Trümmerteile verstreut. Sämtliche Fenster des Haupthauses waren zersplittert, es knirschte unter ihren Sohlen, als sie Valentin folgte, der für die Verwüstung an seinem Haus offensichtlich keinen Blick übrig hatte.
«Oh Scheiße», hörte sie Hornet hinter sich leise Murmeln, als sie zum Haus
Weitere Kostenlose Bücher