Drachenbraut
einbogen und die Wucht der Zerstörung sich ihnen in ihrer Gesamtheit offenbarte.
Sie konnte nur hoffen, dass bei diesem Inferno niemand sein Leben verloren hatte. Zügig folgte sie Valentin und betrat direkt hinter ihm die großzügige Eingangshalle. Wie durch ein Wunder stand hier noch alles an seinem Platz, vermutlich weil dieser Raum fensterlos war. Die Flügeltüren in die angrenzenden Räume standen offen, sie hörte leise Stimmen aus dem Hintergrund, konnte aber nicht genau orten, woher sie kamen.
Direkt vor einer der prachtvollen Flügeltüren aus dunklem Holz stand Trinidad. Sie hatte die Hände in die Hüften gestemmt und blickte ihnen entgegen. Und wieder war ihr erster Gedanke beim Anblick von Valentins Ex-Frau, dass es trotz ihrer geringen Körpergröße vermutlich gefährlich war, anderer Meinung als der ihren zu sein.
Wortlos ging Hornet an ihnen vorbei, während Valentin unerwartet einen Arm hob und Josefine an sich zog. Fast unnachgiebig senkte sich seine Hand auf ihre Schulter. Eine eindeutig besitzergreifende Geste, die sie erstaunlicherweise nicht im Geringsten störte. Im Gegenteil. Sie genoss die Nähe und lehnte sich ein wenig gegen seine warme Handfläche.
«Hallo, Trinidad.»
Seine Stimme klang fremd. Kalt. Erstaunt drehte Josefine das Gesicht und sah zu ihm hoch. Er hatte gebieterisch den Kopf gehoben und strahlte Macht aus. Ganz der Alpha, der er war.
Trotz dieser Machtdemonstration lächelte Trinidad freundlich und sagte mit ihrer unerwartet vollen Stimme: «Valentin La z a ˘ r.»
Die beiden wirkten in diesem Moment in etwa so kompatibel wie Microsoft Word und eine Kalligrafie-Feder. Doch Trinidads Blick war wohlwollend und für eine Sekunde huschte ein zufriedenes Lächeln über ihre Lippen.
Sie ist die Mutter seiner Kinder , schoss es Josefine durch den Kopf, und als habe Trinidad ihre Gedanken gelesen, blinzelte sie ihr kurz und fast unmerklich zu.
«Der Rat hat sich im Kaminzimmer versammelt. Es wurde niemand verletzt. Die Schatten waren vermutlich auch bei euch?»
Valentin neben ihr nickte. «Das waren sie», murmelte er.
Josefine schauderte bei der Vorstellung, welches Ausmaß an Zerstörung sie angerichtet hatten.
«Die Energie des Wandels war mehr als deutlich zu spüren. Eine Kraftwelle, die diese Welt seit fast achthundert Jahren nicht mehr gespürt hat. Es ist gut.»
Ein Lächeln huschte über Trinidads ebenmäßige Gesichtszüge.
«Sie haben ihre Kraft bei diesem Angriff verpulvert. Es wird Zeit brauchen, bis sie die nächsten Handlanger schicken können. Dementsprechend werden wir ihnen durch das Ritual zuvorkommen.»
«Der Rat ist vollzählig. Die Hexe Mareyha St. James ist als siebtes Mitglied dazugekommen. Clemens wird anwesend sein und um den Ritualplatz patrouillieren. Wir wartet auf dich, um weitere Weisungen entgegenzunehmen», ihre Stimme klang jetzt nüchtern. Fast respektvoll nickte sie Valentin zu, dann drehte sie sich um und verschwand durch eine der offenstehenden Türen.
Sie blieb mit Valentin allein zurück und er drehte sich zu ihr. Die geschlossene Haustür sperrte die helle Mittagssonne aus und so lag seine Mimik weitestgehend im Dunklen. Das, was sie erkennen konnte, war undeutbar.
Langsam hob er beide Hände und legte sie seitlich an ihr Gesicht. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass er sie so zärtlich berühren würde, während das Haus voller Ratsmitglieder war. Aber sie genoss diesen unverhofften Augenblick der Nähe und schloss für einen Moment die Augen.
Seine warmen Lippen senkten sich auf ihre Stirn. Eine Geste, die ihre tiefe Verbundenheit so intensiv ausdrückte, dass es fast schmerzte.
«Ich liebe dich.»
Ihre Haut brannte an den Stellen, an denen er sie berührt hatte, und sie unterdrückte den Impuls, ihn in die Arme zu ziehen. Mit einer ausladenden Geste bat er sie, vor sich zu treten, und ihre Beine setzten sich automatisch in Bewegung.
Als sie die Türschwelle zum Wohnzimmer überschritten, senkte sich augenblicklich Stille über den Raum. Alle Blicke lagen auf ihr, und für einen Moment war sie irritiert, bis ihr dämmerte, dass dies für einen Alpha, den Alpha, eine unfassbar große Geste gewesen sein musste: ihr den Vortritt zu lassen.
Aber es war mehr als eine große Geste eines Anführers: Es war sein Bekenntnis zu ihr.
Sie betraten das Wohnzimmer gemeinsam. Was so allerdings nicht ganz richtig war: Er hatte ihr den Vortritt gelassen. Das Stimmengemurmel der Ratsmitglieder war daraufhin abrupt
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