Drachenei
als gehe er gegen den Wind, aber auch wieder anders. Der Wind griff ihn ständig an, auch wenn er stillhielt. Doch wenn er sich in diese Richtung bewegte, war die einzige Kraft, die er spürte, die, die er selbst bei dem Versuch, sich vorwärtszubewegen, erzeugte. Blieb er stehen, konnte er den Druck noch für eine Weile spüren. Dann durchdrang er seinen Körper langsam und verschwand – bis er wiederum versuchte voranzukommen.
Sieh-Hoch hielt Umschau. Die übrigen Jäger erkämpften sich langsam ihren Weg. Vor ihm befand sich Gleitertöterin, eine seiner liebsten Partnerinnen bei Spiel und Spaß. Er war zwar der Anführer der Jagdgesellschaft, und eigentlich durfte er so etwas nicht tun, solange sie auf Beutezug waren, aber er hatte jetzt bis zum Überdruss gegen die widrige Luft angekämpft. Er schob sich schneller voran, und kurz darauf war er dicht hinter Gleitertöterin. Er kitzelte ihren nachschleppenden Rand. » Was hast du in der Ruhepause vor?«, flüsterte er. Die elektronischen Wellen seines Flüsterns liefen über ihre vielfarbige Haut hin.
» Hör auf!«, protestierte Gleitertöterin. » Es ist schwer genug, sich durch dieses scheußliche Zeug zu arbeiten, auch ohne von hinten gekitzelt zu werden. Bleib zurück, oder ich will mit dir viele Umdrehungen lang nichts mehr zu tun haben, ganz zu schweigen von der nächsten Ruhepause.«
Sieh-Hoch ließ sich nicht abschrecken. Er floss vorwärts, sowohl über als auch unter den Rand von Gleitertöterin, und drückte sie freundschaftlich, als sie ihn abzuschütteln versuchte. Sie schob sich schneller voran, um ihm zu entrinnen. Normalerweise war sie schneller als er, aber jetzt stellte Sieh-Hoch fest, dass er ihr fast ohne Anstrengung folgen konnte. Plötzlich hörte er mit dem Herumspielen auf und bat sie anzuhalten. » Ich hatte gar keine Schwierigkeiten, bei deinem Tempo mitzuhalten«, erklärte er erstaunt. » Du hast dich in die mühsame Richtung vorgearbeitet, und mir kam es vor, als ginge ich ost- oder westwärts! Warum?«
Nach einigen Versuchen (und viel Gekicher und Gestupse) fanden sie heraus, dass ein Bahnbrecher nur eine Lücke zu öffnen brauchte und diese Lücke so lange offen blieb, wie er sich bewegte. Wenn jemand dem Bahnbrecher dicht am Hinterrand blieb, kostete ihn die Vorwärtsbewegung nur wenig zusätzliche Mühe. Wie Sieh-Hoch gesagt hatte, war es, als bewege man sich in der bequemeren Richtung. Natürlich galt das nicht für den Bahnbrecher selbst.
Es dauerte nicht lange, und die Jagdgesellschaft hatte eine Reihe gebildet. Der vorderste Jäger bewegte sich mit aller Anstrengung vorwärts, bis er müde war, wich dann zur Seite aus und ließ einen frischeren Bahnbrecher nach vorn, während er selbst sich dem Ende der Reihe wieder anschloss, wo er sich an den tröstlichen Hinterrand eines Gefährten vom anderen Geschlecht schmiegen konnte. Die Jagdgesellschaft kam nun sehr viel schneller voran, und es waren keine Pausen nötig, außer wenn zwei männliche Jäger zusammengeraten waren, die es satthatten, nur den halben Spaß zu haben, und darauf bestanden, zwischen zwei Jägerinnen eingereiht zu werden.
Bald erreichten sie Gebiete, in denen es weniger und weniger Jagdgesellschaften gab, und nach vielen Umdrehungen kamen sie in ein Land, wo sie ausgewachsene Blattpflanzen fanden, die noch voller Schoten hingen. Es dauerte nicht lange, und sie hatten nicht nur viele reife Schoten zum Essen, sondern auch mehr als genug Samenschoten, die vor harten Körnchen barsten. Sie stopften Schoten und Samen in ihre Tragetaschen, bis die Taschenöffnungen schmerzhaft die Haut ausbeulten.
Der Weg zurück war anstrengender, weil ihre durch die Lasten angeschwollenen Körper es notwendig machten, eine breitere Lücke in der mühsamen Richtung zu öffnen. Ihr Umfang machte sie außerdem zu auffälligen Angriffszielen. Ihre neue Technik des Fortbewegens in dieser Richtung rettete sie zwar davor, von einer großen Kriegsgesellschaft eines benachbarten Clans überwältigt zu werden. Aber der Angriff kostete sie Sieh-Hoch, der sich am Ende der Reihe befand, als die Angreifer aus einem Hinterhalt östlich von ihnen über sie herfielen. Sie wollten umkehren und kämpfen, aber Sieh-Hoch befahl ihnen weiterzuziehen. Er selbst hielt die Angreifer lange genug in Schach, dass seine Gefährten entkommen konnten.
Schließlich sah Gebrochenes Blatt eine dickere, aber kürzere Reihe von Jägern am Horizont erscheinen. Anfangs bestürzte es ihn, in welcher Formation
Weitere Kostenlose Bücher