Drachenelfen
auf die anderen Passagiere
machen.«
Der Beamte, erleichtert zu wissen, daß er nicht
im Begriff stand, irgendeinen schrecklichen Fauxpas zu begehen, beschloß, die
unangenehme Sache so schnell wie möglich hinter sich zu bringen. Er ging zu den
zwei Mönchen hinüber, die sich immer noch deutlich abseits hielten. Bei seinem
Näherkommen verneigten sie sich stumm. Eine Armeslänge von ihnen entfernt blieb
er stehen und hielt sich das Taschentuch vor Mund und Nase.
»Woher sein?« verlangte der Beamte radebrechend
zu wissen.
Der angesprochene Mönch verneigte sich erneut,
doch er gab keine Antwort. Als der Beamte die Stirn runzelte, beugte der
Kapitän sich rasch vor und flüsterte: »Es ist ihnen verboten zu sprechen.«
»Ach ja.« Der Beamte überlegte einen Moment. »Du
mit mir reden«, sagte er dann und schlug sich gegen die Brust. »Ich offiziell.«
»Wir kommen von Pitrins Exil, Exzellenz«,
antwortete der größere der beiden Mönche mit einer weiteren Verbeugung.
»Wohin ihr gehen?« fragte der Offizier weiter,
als hätte er nicht gemerkt, daß der Mensch fließend die Elfensprache
beherrschte.
»Wir sind auf einer heiligen Pilgerfahrt zur
Kathedrale dAlbedo, Exzellenz.«
»Was sein in dem Sack?« Der Offizier warf einen
mißtrauischen Blick auf die primitiven Ranzen der beiden.
»Dinge, die wir unseren Brüdern mitbringen
sollen, Kräuter und Elixiere und dergleichen. Möchtet Ihr nachsehen?« Der
Mönch öffnete den Ranzen.
Intensiver Fäulnisgeruch schlug dem Beamten
entgegen. Er prallte zurück, würgte, drückte sich das Taschentuch fester
vor’s Gesicht und schüttelte heftig den Kopf.
»Weg mit dem verdammten Ding. Du wirst uns alle
vergiften. Dein Freund da, warum sagt der nichts?«
»Er hat keine Lippen, Exzellenz, und ein Stück
der Zunge verloren. Ein schrecklicher Unfall. Wollt Ihr…«
Der Beamte wehrte entsetzt ab. Er bemerkte die
schwarzen Handschuhe bei dem kleineren Mönch und daß die Finger verkrümmt und
deformiert zu sein schienen. »Auf keinen Fall.« Er verzichtete darauf hinzuzufügen:
›Ihr Menschen seid auch so schon häßlich genug.‹ Man konnte nicht vorsichtig
genug sein; es empfahl sich nicht, die Kenkari vor den Kopf zu stoßen, die –
aus unerfindlichen Gründen – ihre Hand über diese Leichenfledderer hielten.
»Macht euch davon. Ihr habt fünf Zyklen, um eure
Pilgerfahrt zu absolvieren. Eure Papiere holt euch in der Hafenmeisterei ab,
das Gebäude da links.«
»Ja, Exzellenz. Vielen Dank, Exzellenz.« Der
Mönch verneigte sich gleich mehrmals, warf sich beide Ranzen über die Schulter
und nahm fürsorglich den Arm seines Gefährten. Dessen Schritte waren langsam
und schlurfend, er hielt sich gebeugt. Nebeneinander wanderten sie die Gangway
hinunter, man machte ihnen bereitwillig Platz, um nur nicht mit ihnen in
Berührung zu kommen.
Der Beamte schüttelte sich. »Äh, da läuft’s mir
kalt den Rücken hinunter«, meinte er. »Ich wette, Ihr seid froh, sie los zu
sein, Kapitän.«
»Das bin ich, Exzellenz«, bestätigte der
Kapitän. »Das bin ich.«
Hugh und Iridal hatten keine Schwierigkeit, die
Papiere zu bekommen, die ihnen für einen Zeitraum von fünf Zyklen den
Aufenthalt in Paxaria 63 genehmigten. Danach mußten sie das Land verlassen oder damit rechnen,
verhaftet zu werden. Selbst die Kenkari konnten ihre Brüder nicht schützen,
wenn sie die ihnen zugestandene Frist überschritten.
Die Verbindung der beiden religiösen Sekten als
seit der Entstehung von Aristagon verfeindeten Völkern läßt sich bis zu
Krenka-Anris zurückverfolgen, der weiblichen Kenkari, die das Geheimnis
entdeckte, die Seelen der Toten zu bannen. Zu der Zeit, kurz nachdem die
Nichtigen aus dem Hohen Reich auf die verschiedenen Kontinente umgesiedelt
worden waren, wohnten noch Menschen auf Aristagon, und obwohl das Verhältnis
zwischen den Völkern sich rapide verschlechterte, gab es auf beiden Seiten
einige, die freundschaftliche Beziehungen aufrechterhielten.
Zu diesen gehörte ein Magier der Menschen, seit
vielen Jahren gut Freund mit Krenka-Anris. Die Menschen hatten von der neuen
Elfenmagie erfahren, mittels derer sich die Seelen der Toten im Diesseits
bewahren ließen, waren aber nicht in der Lage, das Geheimnis zu entschlüsseln.
Die Kenkari hüteten es wie ein heiliges Gut. Eines Tages kam dieser Magier, ein
gütiger und weiser Mann, zu Krenka-Anris und erflehte ihre Hilfe. Seine Frau
läge im Sterben. Er könne
Weitere Kostenlose Bücher