Drachenelfen
Erfreuliches zu vermelden. Es geht ihr nicht gut.«
»Sie haben ihr doch nichts zuleide getan, oder?«
Haplo vergaß, daß er sich vorgenommen hatte, nicht mit dem falschen Elfen zu
sprechen.
»Liebe Güte, nein«, beruhigte ihn Sang-drax.
»Sie ist für die Elfen viel zu wertvoll. Sie hat das Zimmer neben Gram, auch
wenn sie es nicht verlassen darf. Tatsächlich steigt ihr Wert noch, wie ich
dir gleich berichten werde. Aber sie ist krank vor Heimweh. Sie kann nicht
schlafen. Sie mag nicht essen. Ich fürchte, sie stirbt noch vor Kummer.«
Haplo verschränkte die Hände hinter dem Kopf und
schlug die Beine übereinander. Er glaubte nicht die Hälfte von dem, was der
Schlangendämon ihm erzählte. Jarre war eine vernünftige Person. Wahrscheinlich
machte sie sich hauptsächlich Sorgen um Limbeck. Dennoch wäre es vermutlich
eine gute Tat, sie zu befreien und nach Drevlin zurückzubringen…
»Warum tust du es nicht?« fragte
Sang-drax, dessen unerträgliche Art, seine Gedanken zu belauschen, Haplo in
Rage brachte. »Es wäre mir ein Vergnügen, dir bei der Flucht zu helfen. Ich
kann mir keinen einzigen vernünftigen Grund vorstellen, weshalb du meinst,
hierbleiben zu müssen.«
»Vielleicht, weil ihr Schlangen so verdammt erpicht
darauf zu sein scheint, mich loszuwerden.«
»Das ist nicht der Grund. Der Junge ist es. Gram
kocht hier sein eigenes Süppchen. Du wagst es nicht, ihn zurückzulassen. Du
wagst nicht zu fliehen ohne ihn.«
»Dein Einfluß, ohne Zweifel.«
Sang-drax lachte. »Zu viel der Ehre. Der
Verdienst gebührt Gram allein. Wirklich ein bemerkenswertes Bürschchen.«
Haplo gähnte ostentativ, schloß die Augen und
biß die Zähne zusammen, um sich nicht doch einen Kommentar entreißen zu
lassen. Sogar durch die geschlossenen Lider konnte er Sang-drax grinsen sehen.
»Die Gegs haben gedroht, das Allüberall zu
zerstören«, berichtete der falsche Elf weiter.
Haplo zuckte unwillkürlich zusammen und
verfluchte sich stumm für diese Unbeherrschtheit. Er zwang sich, ganz still zu
liegen, aber jeder Muskel in seinem Körper war gespannt wie eine Feder.
Sang-drax senkte die Stimme; seine Worte waren
nur für Haplo bestimmt. »Die Elfen, in dem Glauben, die Zwerge wären schuld,
daß die Maschine nicht mehr arbeitet, haben ihrem Anführer ein Ultimatum
gestellt. Wie heißt er noch?«
Haplo blieb stumm.
»Limbeck.« Sang-drax beantwortete seine Frage
selbst. »Ungewöhnlicher Name für einen Zwerg. Ich kann ihn mir einfach nicht
merken. Die Elfen haben diesem Limbeck gesagt, daß er entweder das Allüberall
wieder in Gang bringt, oder sie schicken ihm seine Freundin portionsweise
zurück.
Die Zwerge, ihrerseits in dem Glauben, die Elfen
wären schuld am Stillstand der Maschine, waren erst natürlich verwirrt, kamen
aber bald mit unserer diskreten Hilfe zu dem Schluß, daß es sich um einen Trick
handelte, irgendeinen raffinierten Plan der Elfen. Limbecks Antwort, die ich
übrigens gerade von Graf Tretar erfahren habe, ist folgende: Wenn die Elfen
Jarre ein Härchen ihrer Backenlocken krümmen, zerstören die Gegs das
Allüberall. Das Allüberall zerstören«, wiederholte Sang-drax. »Ich glaube fast,
sie könnten es. Du nicht auch?«
Ja, Haplo war verdammt sicher, daß sie es
konnten. Die Zwerge wußten, wie man den Körper am Leben erhielt. Sie konnten
ihn auch sterben lassen.
»Ja, das können sie«, meinte Sang-drax im
Plauderton. »Ich kann es mir richtig vorstellen. Der Druck in den Kesseln
steigt, Funken sprühen, elektrische Entladungen hüllen die Szene in
geisterhaftes Licht. Dann explodieren Teile der Maschine, es kommt zu Kettenreaktionen,
eine so enorme zerstörerische Kraft wird freigesetzt, daß die Zwerge, ohne es
zu wollen, womöglich ganz Drevlin in die Luft sprengen. Und Xars Eroberungspläne
gehen zu einem Viertel mit in Rauch auf.«
Er fing an zu lachen. »Ich finde das alles so
maßlos komisch. Die wahre Ironie liegt darin, daß weder Zwerge noch Elfen die
alberne Maschine anleiern könnten, selbst wenn sie es wollten! Ja, ich habe ein
paar Nachforschungen angestellt, auf der Basis dessen, was Jarre mir an Bord
des Schiffes erzählt hat. Bis dahin glaubte ich – wie die Elfen auch –, die
Zwerge hätten das Allüberall sabotiert. Aber so war es nicht. Du hast den
Grund herausgefunden. Das Todestor hat sich geöffnet; das ist der Schlüssel,
nicht wahr? Wir wissen noch nicht, wie. Oder warum. Doch um ehrlich zu sein,
uns
Weitere Kostenlose Bücher