Drachenelfen
frei«, verlangte Iridal und
richtete den erloschenen Blick auf Hugh. »Er hatte nicht die Absicht, den König
zu ermorden.«
Die Soldaten schienen nicht überzeugt zu sein,
sie musterten Hugh argwöhnisch. Der Assassine hielt den Kopf gesenkt. Sein Schicksal
war ihm gleichgültig.
»Hugh Mordhand richtete es so ein, daß sein
Anschlag von vorneherein zum Scheitern verurteilt war«, erklärte Iridal. »Er
wollte Euch und mir die Augen öffnen für die Heimtücke meines Sohnes. Es ist
ihm gelungen«, schloß sie leise.
Der Hauptmann, der sich staubig, aber sonst
unversehrt, vom Boden aufgerappelt hatte, warf einen fragenden Blick auf den
König.
»Tut, was sie sagt, Hauptmann«, ordnete Stephen
an, während er sich mit schmerzverzerrtem Gesicht erhob.
Seine Frau stützte ihn. »Laßt diesen Mann los.
Gleich, als ich ihn sah, wußte ich…« Er wollte einen Schritt gehen, aber die
Beine versagten ihm den Dienst.
»Helft mir!« rief Königin Anne, die ihn
umschlungen hielt. »Holt Trian! Wo ist Trian? Der König ist schwer verletzt!«
»Nur ein Kratzer, mein Herz«, wehrte Stephen mit
einem schwachen Lächeln ab. »Ich habe Schlimmeres überstanden…« Sein Kopf fiel
auf die Brust, er sank gegen die Schulter seiner Frau.
Der Hauptmann eilte, um seinem König zu helfen,
doch im selben Moment stieß einer der Posten einen scharfen Ruf aus. Ein
Schatten bewegte sich vor dem Feuer. Klirrend zuckten die Schwerter empor; des
Königs Leibgarde wollte sich nicht ein zweitesmal überrumpeln lassen.
Hauptmann und Sergeant traten schützend vor die Majestäten. Stephen war zu
Boden gesunken, Anne kniete neben ihm.
»Keine Aufregung, ich bin es, Trian«, sagte der
junge Hofmagus und löste sich aus der Dunkelheit.
Ein Blick auf Hugh, das tote Kind und dessen
Mutter genügten ihm, um die Situation zu begreifen. Er vergeudete keine Zeit
mit überflüssigen Fragen, sondern nickte nur knapp und übernahm das Kommando.
»Beeilt euch. Tragt den König ins Zelt und
schließt den Eingang. Rasch, bevor irgend jemand aufmerksam wird.«
Der Hauptmann, dem sichtlich ein Stein vom
Herzen fiel, gab die entsprechenden Befehle. Wachen trugen den König hinein.
Der Sergeant schloß die Zeltklappe und nahm davor Aufstellung. Der junge Magus
ließ es sich nicht nehmen, zu Anne ein paar beruhigende Worte zu sagen, bevor
er sie hineinschickte, um für heißes Wasser und Verbände zu sorgen.
Schließlich wandte er sich an die Wachen. »Kein
Wort hiervon, zu niemandem. Bei eurem Kopf!« Die Soldaten nickten und
salutierten.
»Sollen wir die Posten verdoppeln, Magicka?«
fragte der immer noch blasse Sergeant.
»Auf keinen Fall!« Trian winkte ab. »Alles muß
sein wie immer, verstanden? Blutgeruch lockt die Wölfe an.« Er schaute zu
Iridal, die regungslos neben ihrem toten Sohn stand. »Jemand soll das Feuer
löschen. Deckt den Leichnam zu. Keiner verläßt den Platz, bis ich wiederkomme.
Und benehmt euch rücksichtsvoll, Männer«, fügte er noch hinzu, mit einem
erneuten Blick zu Iridal.
Anne erschien im Zelteingang und hielt besorgt
nach ihm Ausschau. »Trian…«
»Ich komme, Majestät. Geht wieder hinein. Alles
wird gut.« Der Hofmagus verschwand im Pavillon.
»Du da, komm mit.« Der Sergeant und ein Posten
setzten sich in Bewegung, um Trians Anweisungen auszuführen. »Gib mir einen
Umhang.«
Hugh hob den Kopf.
»Laßt mich das machen«, sagte er.
Der Sergeant schaute in das hagere Gesicht des
Mannes, aschgrau hinter der Maske aus geronnenem und frischem Blut, das aus
einem tiefen Schnitt in der Wange quoll. In den schwarzen Augen, überschattet
von der vorspringenden, gefurchten Stirn und finsteren Brauen, loderten zwei
kleine Flammen – reflektiertes Licht der Wachfeuer. Er trat dem Sergeanten in
den Weg.
»Ich habe gesagt, ich mache das.«
Der Sergeant sah auf die Zauberin – bleich und
starr. Er blickte auf den kleinen Jungen zu ihren Füßen, dann auf die düstere
Gestalt des Assassinen.
»Also gut«, sagte er, im tiefsten Herzen sogar
erleichtert. Je weniger er mit diesem seltsamen Volk zu tun hatte, desto
besser. »Braucht Ihr – irgendwas?«
Hugh schüttelte den Kopf. Er ließ den
Unteroffizier stehen und ging zu Iridal. Der Hund saß still neben ihr, er
begrüßte Hugh mit leichtem Schwanzwedeln.
Hinter ihm gössen die Soldaten Wasser auf das
Lagerfeuer. Es zischte, Funken wirbelten durch die Luft. Dunkelheit kroch
näher an den königlichen Pavillon heran.
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