Drachenelfen
ausgehend, unter dem Sockel der Statue
hervorströmte.
Haplo merkte, daß die Zwerge nur zögernd näherkamen,
allein der Schreck und die Sorge um Jarre trieben sie weiter.
»Es geht ihr bald wieder gut«, sagte Haplo und
bemühte sich um einen beschwichtigenden Tonfall, damit sie ruhig blieben. Ein
Jammerschrei aus im Wettstreit mit dem Allüberall gestählten Zwergenkehlen, und
alles war vorbei, dann hatte er die gesamte Elfenarmee auf dem Hals. »Sie sieht
noch schlimm aus, aber ich…«
»Sie ist tot!« wiederholte der Zwerg und starte
Jarre an wie gebannt. »Die Elfen haben sie getötet.«
»Limbeck!« stieß sein Gefährte hervor. »Wir
müssen Limbeck Bescheid sagen.«
Ehe Haplo noch ein Wort sagen konnte, hatten die
beiden kehrtgemacht und stürmten zurück zum Tunneleingang. Er hörte ihre schweren
Stiefel auf der Leiter poltern; sie hatten vergessen, die Metallplatte über die
Öffnung zu schieben.
Prachtvoll. Einfach prachtvoll. Wie er Limbeck
kannte, dauerte es nicht lange, bis die Hälfte der Zwergenbevölkerung Drevlins
hier oben auftauchte. Nun, damit mußte er sich befassen, wenn es soweit war.
Er beugte sich über Jarre, nahm ihre Hände in
die seinen und öffnete den Kreis seines Ichs, machte sie zu einem Teil davon.
Das Leuchten der Sigel verstärkte sich, sprang von Haplos rechter Hand auf
Jarres linke über. Seine Gesundheit und Kraft strömten zu ihr, er nahm ihre Qualen
und Schmerzen in sich auf.
Er wußte, was kam, war darauf vorbereitet. In
Chelestra, als er Devon, den jungen Elfen, heilte, hatte er das gleiche
erlebt. Aber dies war schlimmer, der Schmerz war größer und – als hätten die
Schlangen Jarre nur als Botin benutzt, um ihn zu quälen – er versetzte
ihn ins Labyrinth zurück.
Wieder labten sich die gräßlichen Vögel mit den
scharfen Krallen und grausamen Schnäbeln an seinem Fleisch, hackten ihm den
Leib auf, peitschten ihn mit ihren ledrigen Schwingen. Haplo biß die Zähne
zusammen, schloß die Augen, sagte sich wieder und wieder, ›es ist nicht
wirklich, es ist nicht wirklich‹ und hielt Jarres Hände fest umklammert. Etwas
von ihrer Stärke – der Stärke und dem Mut, die sie am Leben gehalten hatten –
gingen auf ihn über.
Haplo stöhnte und zitterte, sehnte sich danach
zu sterben, Schmerz und Angst waren so unerträglich. Aber tröstende Hände
umfaßten die seinen, und eine Stimme sagte: »Ist schon gut. Sie sind fort. Ich
bin hier.«
Es war die Stimme einer Frau, einer Patryn. Er
wußte es. Ihre Stimme. Nach langem Suchen hatte sie ihn endlich
gefunden. Sie hatte die Schlangen vertrieben. Er war in Sicherheit, wenigstens
vorerst. Aber die Schlangen würden zurückkommen, und sie mußten das Kind
schützen – ihrer beider Kind.
»Unser Kind?« fragte er sie. »Wo ist unser
Kind?«
»Haplo?« Die Stimme klang jetzt verwirrt.
»Haplo, erkennst du mich nicht? Ich bin es, Jarre…«
Haplo richtete sich auf und hielt den Atem an.
Er sah genau in das ängstliche und besorgte, von zitternden Backenlocken
umrahmte Gesicht einer Zwergin. Seine Enttäuschung war beinahe so unerträglich
wie der Schmerz. Er schloß die Augen, seine Schultern sanken herab. Es war doch
alles hoffnungslos. Wie konnte er weiterleben? Wozu sollte er weiterleben? Er
hatte versagt, hatte sie im Stich gelassen, ihr Kind, sein Volk, Jarres Volk…
»Haplo!« Es klang streng. »Sei kein Schlurch.
Komm zu dir!«
Er machte die Augen auf und sah sie an. Ihre
Hand zuckte; vielleicht, hätte er einen Bart gehabt, wäre er der Kur teilhaftig
geworden, mit der sie Limbeck auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen
pflegte.
Haplo lächelte sein stilles Lächeln und stand
auf. »Tut mir leid«, sagte er.
»Wo bin ich gewesen. Was ist passiert? Was hast
du mit mir gemacht?« erkundigte sich Jarre und beäugte ihn mißtrauisch. Dann
wurde sie blaß. »Der… der Elf… er hat mir weh getan.« Ihr Gesicht bekam einen
nach innen gekehrten Ausdruck. »Nur er war kein Elf. Er war ein gräßliches
Ungeheuer mit roten Augen…«
»Ich weiß.«
»Ist er weg? Er ist weg, nicht wahr?« Sie
schaute hoffnungsvoll zu ihm auf. »Du hast ihn vertrieben.«
Haplo sah sie schweigend an.
Sie schüttelte den Kopf, der Hoffnungsfunke
erlosch. »Er ist nicht weg?«
»Nein. Er ist hier, unter unseren Füßen. Und er
ist nicht allein. Es gibt viele von ihnen, sehr viele. Sie können auf
demselben Weg in diese Welt eindringen wie ich.«
»Aber
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