Drachenelfen
Wehgeschrei drängten die Zwerge zurück,
in panischer Angst vor dem entsetzlichen Geschöpf, das jetzt über ihnen
aufragte.
Haplo duckte sich unter dem zustoßenden Haupt
hinweg, ergriff sein Schwert, sprang zurück und stellte sich Sang-drax. Ein
paar Zwerge, beschämt wegen der Feigheit ihrer Kameraden, kamen dem Patryn zu
Hilfe; andere folgten, schwenkten Stücke von Leitungsrohren, Streitäxte, was
sie an Waffen hatten finden können. Doch ihr Mut verließ sie bald wieder,
angesichts der Schlangen, die sich nun alle ihrer Nichtigenkörper entledigten.
Die Dunkelheit war erfüllt von ihrem Zischeln, dem Fäulnis- und
Verwesungsgeruch ihrer unreinen Leiber. Die Glut der roten Augen flammte auf.
Ein keilförmiger Schädel zuckte herab, gewaltige Kiefer ergriffen einen
Zwerg, hoben ihn unter das Dach der Farbick empor und ließen den Unglücklichen
von dort in den Tod stürzen. Eine andere Schlange zermalmte einen Zwerg in
ihren Schlingen. Die beste Waffe der Ungeheuer – Furcht – durchströmte die Reihen
der Zwerge wie Pesthauch.
Die Zwerge schrien vor Angst, ließen die Waffen
fallen. Die weiter vorn machten kehrt, um zu fliehen, stießen aber gegen die
Mauer der Hinterbliebenen, die nicht schnell genug auszuweichen vermochten. Die
Schlangen wählten sich mit Muße ihre Opfer aus und bereiteten ihnen einen
qualvollen, grausamen Tod.
Die Masse der Zwerge wurde in den vorderen Teil
der Farbick abgedrängt, wo sie auf die Barrikaden der Elfen stießen. Letztere
hatten Verstärkung angefordert, aber die neuen Truppen wurden draußen – nach
dem Kampfeslärm zu urteilen – von Zwergen attackiert. Vor der Farbick
bekämpften sich Elfen und Zwerge erbittert zwischen den Rädern und Kesseln des
Allüberall, während in der Farbick Chaos herrschte.
Die Elfen schrien, die Schlangen wären von den
Zwergen konstruierte Maschinen. Die Zwerge brüllten, die Schlangen wären ein
Zaubertrick der Elfen. Beide wandten sich gegeneinander, aufgehetzt von den Geschöpfen
des Bösen.
Nur Sang-drax hatte seine Gestalt beibehalten.
Er stand vor Haplo, ein Lächeln auf den feingeschnittenen Zügen.
»Du kannst nicht wollen, daß sie sterben.« Haplo
hielt das Schwert stoßbereit, er ließ seinen Gegner keine Sekunde aus den Augen
und versuchte, seinen nächsten Zug vorauszuberechnen. »Wenn sie sterben,
sterbt auch ihr.«
»Wahr«, gab Sang-drax zu, zog ein Schwert und näherte
sich Haplo. »Wir haben nicht die Absicht, sie zu töten, nicht alle, jedenfalls.
Aber du, Patryn. Du spendest uns keine Nahrung mehr. Du bist eine Belastung
geworden, eine Gefahr.«
Haplo riskierte einen schnellen Rundblick. Weder
Limbeck noch Jarre waren zu sehen, vermutlich mitgerissen von der
panikerfüllten Menge.
Er stand allein bei der Statue des Mangers, die
mit einem absurden Ausdruck von ernstem Mitleid auf das Blutvergießen
niedersah.
»Deine Bemühungen sind vergeblich, mein Freund«,
sagte Sang-drax. »Sieh sie dir an. Das ist ein Vorgeschmack auf das Chaos, das
schon bald das Universum beherrschen wird. Bis in alle Ewigkeit. Denke daran,
während du stirbst…«
Sang-drax führte einen gewaltigen Hieb. Das
Metall der Klinge verströmte die düstere rote Glut der Schlangenmagie. Auch
der magische Runenschild, der den Patryn schützte, konnte dem nicht auf Dauer
standhalten.
Haplo parierte den Schlag, Stahl klirrte gegen
Stahl. Ein Energiestrom floß vom Schwert des Dämons in Haplos Klinge, durch den
Griff in die Handfläche – wie Fußsohlen und Gesicht nicht von Runen geschützt –
und von dort weiter in seinen Arm. Seine Magie war erschüttert. Er bemühte
sich, die Waffe festzuhalten, doch ein zweiter Energiestoß versengte seine Haut
und lahmte die Muskeln in seinem Arm. Die Finger gehorchten ihm nicht mehr,
das Schwert fiel zu Boden.
Er umklammerte den nutzlosen Arm und taumelte
rücklings gegen das Standbild.
Sang-drax näherte sich Schritt um Schritt.
Haplos Körpermagie reagierte instinktiv, aber die Klinge des Schlangenelfen
überwand mühelos den geschwächten Schild und zog eine blutige Spur über Haplos
Brust.
Das Schwert zerschnitt die Herzrune, die Quelle
von Haplos Macht, die Wurzel seines Ichs.
Es war eine tiefe, stark blutende Wunde, aber
nicht unbedingt tödlich – für einen gewöhnlichen Mann. Doch Sang-drax’ magische
Klinge hatte mehr zerschnitten als Fleisch. Sie hatte Haplos Magie zerstört,
ihn verwundbar, wehrlos gemacht. Wenn er nicht Zeit
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