Drachenelfen
– Nichtige; im Nexus
– Patryn, sein eigenes Volk. Unerkannt,
unbemerkt können sie kommen und gehen und ihr Unwesen treiben, Kriege
anzetteln, den Haß schüren: Zwerge gegen Elfen, Elfen gegen Menschen… Sartan
gegen Patryn. So leicht bereit zu hassen, erkennen wir nicht, daß der Haß uns
blind und verwundbar macht, ein willfähriges Opfer für das Böse, das uns am
Ende alle verschlingen wird!
»Warum habt ihr mich hergebracht?« fragte er, obwohl
es ihm fast schon gleichgültig war.
»Um dir unsere Pläne zu offenbaren.«
Haplo sah ihn höhnisch an. »Zeitverschwendung,
da ihr vorhabt, mich zu töten.«
»Nein, nein. Das wäre die Verschwendung.«
Der Großmeister der Schlangen schritt an den
Reihen der Elfen und Zwerge und Menschen vorbei und blieb vor Haplo stehen. »Du
begreifst immer noch nicht, Patryn, habe ich recht?«
Er streckte die Hand aus und tippte Haplo mit
dem Zeigefinger gegen die Brust. »Wir leben nur, so lange ihr lebt. Furcht,
Haß, Vergeltung, Entsetzen, Schmerz, Leid – das ist der faulige und gärende
Sumpf, in dem wir gedeihen. Ihr lebt in Frieden, und jeder von uns stirbt ein
wenig. Ihr lebt in Furcht, und wir erstarken.«
»Ich werde euch bekämpfen!« flüsterte Haplo
schwach.
»Aber natürlich!« Der Drachenelf lachte.
Haplo rieb sich mit der Hand über die schmerzende
Stirn, die trüben Augen. »Ich verstehe. Das ist, was ihr wollt.«
»Jetzt fängst du an zu begreifen. Je verbissener
ihr kämpft, desto stärker werden wir.«
Und Xar? dachte Haplo. Die Schlangen haben geschworen,
ihm zu dienen. War das auch eine Lüge…?
»Wir werden deinem Fürsten dienen.« Der Großmeister
nickte ernst, seine Stimme klang aufrichtig.
Haplo war zornig auf sich selbst. Er hatte
vergessen, daß seine Feinde die Fähigkeit besaßen, Gedanken zu lesen.
»Wir dienen Xar mit großem Vergnügen«, fuhr der
Großmeister fort. »Wir sind mit ihm auf Abarrach, in der Gestalt von Patryn,
selbstverständlich. Wir helfen ihm, das Geheimnis der Nekromantie zu ergründen.
Wir werden in seinen Armeen marschieren, seine Feldzüge führen, seine
Schlachten schlagen, bereitwillig alles tun, was er von uns verlangt. Und
anschließend…«
»Werdet ihr ihn vernichten.«
»Es wird sich nicht vermeiden lassen, fürchte
ich. Xar will Einigkeit, Frieden. Erzwungen durch Tyrannei und Angst natürlich,
aber das ist für uns eine allzu karge Speise.«
»Und die Sartan?«
»Oh, wir bevorzugen keinen. Wir helfen auch
ihnen. Samah war außerordentlich zufrieden mit sich selbst, als mehrere
›Sartan‹ auf seinen Ruf antworteten und durch das Todestor ihrem ›lieben
Bruder‹ zu Hilfe kamen. Er hat sich nach Abarrach begeben, aber in seiner
Abwesenheit drängen die neuangekommenen ›Sartan‹ ihre Brüder und Schwestern,
den Nichtigen den Krieg zu erklären. Bald schon werden selbst die seit langem
verbündeten Elfen, Zwerge und Menschen Chelestras untereinander in Zwist
geraten und sich verfeinden.«
Haplo sank der Kopf auf die Brust, sein Körper
fühlte sich an wie aus Blei. Er fiel mit dem Oberkörper über den Tisch.
Sang-drax krallte die Finger in Haplos Haar und
riß ihn nach hinten, so daß er gezwungen war, die Schlange anzusehen, die sich
jetzt auf grauenhafte Weise veränderte. Ihr Leib schwoll an und blähte sich
auf. Arme und Beine lösten sich vom Rumpf, schwebten davon. Der Kopf hingegen
schrumpfte, bis Haplo nichts mehr sehen konnte als zwei senkrechte, glutrote
Pupillen.
»Du wirst schlafen«, raunte eine Stimme in
seinem Bewußtsein. »Beim Erwachen wirst du dich gesund fühlen, ausgeruht und
stark. Und du wirst dich erinnern, an alles, was ich gesagt habe, was ich noch
sage. Uns droht Gefahr hier auf Arianus. Es existiert ein störender Hang zum
Frieden. Das Tribus-Imperium, schwach und korrupt im Innern, kämpft in einem
Zwei-Fronten-Krieg, von dem wir glauben, daß er nicht zu gewinnen ist. Wenn
Tribus fällt, werden die Rebellen und mit ihnen verbündete Menschen den
Zwergen Frieden anbieten. Das dürfen wir nicht zulassen. Noch läge es im
Interesse deines Fürsten, Haplo.« Stummes Gelächter flammte in den roten Augen.
»Ein böses Dilemma, in dem du steckst, mein Freund. Hilf diesen Nichtigen, und
du handelst dem Willen deines Fürsten zuwider. Hilf deinem Fürsten, und du
hilfst uns. Hilf uns, und du betreibst seinen Untergang. Den seinen und den
Untergang deines Volkes.«
Dunkelheit, wohltuend und tröstlich senkte sich
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