Drachenelfen - Die gefesselte Göttin (German Edition)
jahrelang einen Elfen als engsten Vertrauten an deinem Hof geduldet. Einen Mann ohne Bart und mit goldenem Haar unter Hunderten bärtigen, schwarzhaarigen Männern. Willst du uns ernsthaft vorlügen, du hättest nicht bemerkt, wie andersartig er war?«
Artax las in den Gesichtern der Devanthar – sofern es keine undeutbaren Tierfratzen waren –, dass der Kampf um seine Sache verloren war. Išta war letztlich also doch an ihr Ziel gelangt. Sie würde seinen Kopf bekommen. Aber diese Gewissheit schenkte ihm auch Freiheit. Er konnte nicht mehr verlieren, nur noch gewinnen, ganz gleich, was er sagte. Er musste sich keinen Regeln der Höflichkeit mehr unterwerfen.
»Andersartigkeit ist also ein Grund, sofort das Schlimmste zu vermuten?« Er ließ seinen Blick über die versammelten Götter wandern. »Es überrascht mich, dies aus dem Munde jener zu hören, die so großen Wert darauf legen, ihren Geschwistern auf keinen Fall zu gleichen.«
»Zerreißt das Großmaul!«, forderte eine Gestalt, die ganz in lodernde Flammen gehüllt war, von denen jedoch eigentümlicherweise kein Licht ausstrahlte.
»Ja, ich gestehe«, fuhr Artax fort. »Ich war vielleicht arglos. Ich habe meinen Hofmeister Datames nie nach seinem Aussehen beurteilt. Für mich zählte allein seine Arbeit. Und selbst wenn er ein Daimon gewesen ist, so sind seine Verdienste um Aram unleugbar. Er hat die Verwaltung reformiert. Selbst jetzt, da er fort ist, arbeiten meine Schreiber und Beamten immer noch besser als vor seiner Zeit. Ich habe nie erkannt, dass er ein Spitzel war, und dies war auch nicht der Grund, warum ich ihn schließlich von meinem Hof verbannte.« Artax blickte herausfordernd zu Išta. »Im Zelt des Datames wurde ein Mord begangen, so grausam, dass er selbst meine Veteranen erschütterte. Ein junges Mädchen aus den Seidenstädten war das Opfer. Und ein jeder glaubte, Datames sei es gewesen. Ich jedoch weiß es besser. Išta kam als Mörderin in mein Heerlager, um Datames, den sie nicht in seinem Zelt angetroffen hatte, durch diese Bluttat zu vernichten. Und nun, himmlische Herrscherin von Luwien, beantworte mir zwei Fragen. Warum kamst du nicht zu mir, um mir zu sagen, wer sich hinter der Maske des Hofmeisters verbarg? Und wie lange wusstest du schon um sein Geheimnis?«
»Wie kannst du es wagen?«
Der Zorn der Göttin traf Artax wie glühende Lohe. Ganz so, als sei ihr verzehrender Hass greifbar geworden. Er wich einen Schritt vor ihr zurück, senkte aber nicht den Blick. »Soll ich an deiner Stelle antworten, allmächtige Išta? Kleinliche Intrigen waren es, die dich schweigen ließen. Dein Wunsch, mich zu vernichten, wenn ich hier im Gelben Turm vor die Devanthar trete, um euch meinen Traum von einer besseren Welt zu schildern. Dein Wunsch war es, dass meine Visionen unausgesprochen bleiben und ich mich nicht über deinen Sterblichen, Muwatta, erhebe.« Artax wandte sich an all die Gestalten im Licht und im Schatten. »Ihr kennt eure Schwester. Ihr wisst, dass es wahr ist, was ich sage. Meine Schuld ist einzig, den Intrigen einer Göttin nicht gewachsen gewesen zu sein, denn ich bin nur ein Sterblicher, und mei nem Charakter entspricht es nicht, einzig auf meinen Vorteil bedacht zu sein.«
»Du …« Išta wollte ihm an die Kehle, doch der Löwenhäuptige und der Bär stellten sich schützend vor ihn.
»Und was sind deine Visionen, Menschensohn?«, fragte eine wunderschöne Frau mit Haaren aus sich windenden Schlangenleibern.
Artax war überrascht, gefragt zu werden. Er hatte fest damit gerechnet, nun der Willkür Ištas ausgeliefert zu sein, doch die Göttin schien auch unter ihren Brüdern und Schwestern nicht nur Freunde zu haben. »Blicke ich auf die kurze Zeit, die ich die Ehre habe, der Unsterbliche Arams zu sein, so habe ich das Gefühl, wir werden belagert. Ich wurde Unsterblicher, weil mein Vorgänger im Himmel über Nangog auf seinem Palastschiff von einer Daimonin angegriffen und ermordet wurde. Ich selbst begegnete ihnen in den Wäldern Nangogs. Heute erfahre ich, dass ich ihnen unwissentlich geholfen habe, Nangog und all unseren Königreichen schweren Schaden zuzufügen. Und mir wird auch noch offenbart, dass mein engster Berater ein Daimon war. Ich fühle mich, als würde ich in einer Festung belagert. Einer Festung, in der es womöglich Verräter innerhalb der eigenen Mauern gibt.« Er blickte bei diesen Worten auf Išta und sah, dass die Göttin vor Wut schäumte. »Ich erfahre, dass zumindest eine von euch um
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