Drachenelfen
Welt, die nur in Legenden existierte. Ein Tabu.
»Wir sind einem Devanthar gefolgt!«, sagte der Dunkle plötzlich. »Ich habe von Anfang an gespürt, dass etwas mit der Art, wie die Zauber gewoben sind, nicht stimmt. Wir müssen zurück! Die Alben müssen wissen, was geschieht.«
Nandalee sah ihn entsetzt an. Die Devanthar waren die Verkörperung des Bösen. Lebendig gewordene Heimtücke und Verrat. Und vor allem waren sie unglaublich fern! Es gab sie nicht in Albenmark!
Sie lebten in der Welt der Menschenkinder und konnten nicht hierhergelangen, denn die Alben wachten darüber, dass dies nicht geschah. Allerdings war die Albe, nach der sie gesucht hatten, wohl sehr friedlich und entrückt gewesen. Vielleicht hatte der Devanthar sie deshalb ausgewählt. Vielleicht ⦠Sie starrte den Dunklen entsetzt an. »Glaubst du, dass der Devanthar zu ihr kam, um sie zu â¦Â«
Undenkbar! Der Flammenschrei löschte all ihre Gedanken aus. Nie hatte sie den Dunklen so erschüttert gefühlt. Sie war nicht wehrlos. Ein Wort von ihr hätte Berge einebnen können.
»Und doch ist sie verschwunden«, wagte Nandalee einzuwenden. Sie sprach kurzatmig. Keuchte gegen den Schmerz an.
Der Drache schüttelte entschieden den Kopf. »Nein, eine Albe zu ermorden, das würden die Devanthar nicht wagen. Damit würden sie einen Krieg der Welten heraufbeschwören.«
Die beiden Lichtschlangen hatten sich zu einem Bogen geschlossen. »Kommt, Dame Nandalee«, sagte der Drache und reichte ihr die Hand. Seine Stimme klang entschlossen, als riefe er sein Heer in die Schlacht, und seine Berührung lieà die Kraft und Entschlossenheit auch in ihr Herz strömen. »Wir werden nicht nach Nangog gehen. Wir kehren zurück in den Jadegarten, meine Holde. Und dann werde ich den Sänger suchen.«
A BSCHIED
Gonvalon blickte auf das Gesicht im Stein. Es war unvollendet. Unvollendet wie ihr Leben. Herausgerissen vor der Zeit. Er legte den Kopf in den Nacken, blickte zum Himmel hinauf und sah den treibenden Wolken zu.
Bidayn hatte ihn gebeten, mit ihm kommen zu dürfen. Sie hatte nicht gewusst, wohin er gehen würde, aber sie hatte geahnt, dass es ein Platz sein musste, an dem er um Nandalee trauerte.
Sie hatte Blumen mitgebracht und vor den Fels gelegt, in den er
das Gesicht geschlagen hatte. Ihm kam das unpassend vor. Wenn sie fort wäre, würde er die Blumen wegwerfen. Nandalee hatte das Wilde gemocht, das Natürliche. Tote Blumen waren nichts, das sie sich zu ihrem Andenken gewünscht hätte. Eher schon, dass ihr gemeiÃeltes Gesicht langsam hinter Efeuranken verschwand. Hinter etwas, das lebendig war und hierhergehörte. In den Wald. Ganz so, wie sie hierhergehört hatte.
Gonvalon konnte spüren, dass Bidayn reden wollte. Aber er würde es ihr nicht leicht machen. Er war an Bidayns Befragung durch die Meister der WeiÃen Halle beteiligt gewesen. Er wusste, dass sie Nandalee von dem verborgenen Fenster erzählt hatte.
»Darf ich es berühren?« Bidayn deutete auf das gemeiÃelte Antlitz und er nickte kaum merklich. Aus den Augenwinkeln sah er, wie sie die Hände ausstreckte. Sie beugte sich vor, als seien ihre FüÃe mit dem Waldboden verwurzelt, und berührte gerade eben mit den Fingerspitzen die steinernen Wangen.
»Das ist sie«, flüsterte Bidayn, ohne ihn direkt anzusprechen. »Schroff und unvollkommen und wunderbar â¦Â« Sie atmete schwer, als koste es sie all ihre Kraft, ihre Tränen zu unterdrücken. »Ich habe sie immer für unbesiegbar gehalten. Sie war immer härter als ich. Besser. Ich hätte niemals gedacht, dass sie zuerst â¦Â«
Er wollte das nicht hören! Keine Schuldbekenntnisse. Sie war nicht mehr und nicht weniger schuld als er. Er sollte kein Meister in der WeiÃen Halle mehr sein! Der Goldene hatte ihn vor das Fenster gerufen. Ausgerechnet vor das Fenster! Gonvalon hatte ihn gebeten, auf eine Mission geschickt zu werden. Ganz gleich, welche und wohin. Nur fort von hier. Aber die Himmelsschlange hatte ihm nicht gestattet, davonzulaufen.
War es klug zu bleiben? Zu gehorchen? Wussten sie wirklich, was das Beste war? Er hatte ihnen bedingungslose Treue geschworen, als er unter die Drachenelfen aufgenommen worden war. Und jetzt stand er das erste Mal in seinem Leben kurz davor, diesen Schwur zu brechen.
»Ich werde mich um den kleinen Vogel kümmern«, wisperte
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