Drachenelfen
freiwillig in den Tempel kommen. Werden Sklaven gekauft oder Opfer entführt, haben sie keinen
Wert für den Schlangengott. Er will nur die, die aus freien Stücken seinen Tempel betreten. Und jetzt sag mir, dass du deinem Zapote-Mädchen nicht überallhin gefolgt wärest, wenn sie dich darum gebeten hätte.« Die Stimme des Alten war immer leiser geworden. Er war entschlossen, aber er war schwach und hatte viel Blut verloren.
Volodi hatte das Gefühl, dass ihm der Boden unter den FüÃen weggezogen wurde. Das konnte nicht stimmen. »Sie hat mich nicht in den Tempel gebracht«, beharrte er. »Sie hat mich sogar gewarnt, als der Priester kam, um mich zu holen.«
»Und du bist sicher, dass das nicht Teil ihres Plans war? Wärest du ihnen nicht gefolgt, wenn du geglaubt hättest, dass sie dein Mädchen verschleppen? Denkst du nicht selbst jetzt noch darüber nach, was du tun kannst, um die Priesterin wiederzusehen? Merkst du nicht, wie das Gift immer weiter wirkt, das sie in deinen Verstand geträufelt hat?«
»Es ist nicht so, wie du sagst â¦Â«
»Dann erklär es mir, Volodi.«
»Liebe kann man nicht erklären! Was weiÃt du schon davon!«
»Ich habe eine Tochter, die wurde nicht einfach aus der Erde geboren. Glaube mir, ich weià um die Liebe und um den Schmerz von Verlust. Allerdings muss ich eingestehen, dass ich nicht weiÃ, wie es ist, sich in eine Menschen mordende Schlangenpriesterin zu verlieben.« Der Alte versuchte erneut sich hochzustemmen. Diesmal half Volodi ihm. Mitja machte ein paar schwerfällige Schritte, dann stützte er sich auf das Fenstersims und blickte über den Hof hinweg zur Gasse, wo Kolja mit seinen Männern wartete. Volodi sah, wie es im Gesicht des Alten arbeitete. Mitja war zutiefst aufgewühlt.
»Sie werden wiederkommen«, sagte der Ãbersetzer. »Das hat mir der Priester versprochen. Sie werden uns beobachten und sich den Dolch zurückholen. Vielleicht wissen sie jetzt schon, dass ich eine Tochter habe. Eine blonde Tochter.« Er seufzte. »Ich will deine Eisenschwerter nicht, die ich gestern Nacht eingefordert
habe. Ich will, dass du meine Tochter in Sicherheit bringst. Und dass du nicht diesen Kerl da unten schickst, um sie zu holen. Der Priester hat mir erzählt, dass sie den Göttern manchmal auch Gefangene opfern. Ein schlechtes Opfer sei immer noch besser als gar kein Opfer. Er hat mir genau beschrieben, was sie mit ihnen machen. Wie sie die Brust öffnen, nachdem sie ihnen ein Rauschmittel gegeben haben, das die Schmerzen betäubt, sodass die Opfer mit ansehen, wie ihnen das schlagende Herz aus dem Leib gerissen wird. Dann drücken sie es den Sterbenden in die Hand, auf dass sie es der Gefiederten Schlange selbst zum Geschenk darbieten. Ihr Blut wird in goldenen Schalen aufgefangen, um den Leib der Schlange zu erneuern. Und man schert ihnen den Kopf kahl, um die goldenen Haare später auf die Glut ihrer getrockneten Knochen zu streuen und ihren Rauch den Göttern zu senden, damit das Licht der Sonne niemals verlöschen möge. Die Schädel aber legt man in ein Regal und man sperrt die Seelen ihrer Opfer darin ein, denn ihre immerwährende Angst ist ein Labsaal für die gefiederte Herrin.«
Volodi schnaubte angewidert. »Das sind doch alles nur Geschichten. «
»Ganz gleich, was davon stimmt, Volodi, du bist im Krieg mit diesem Priester.« Mitja sah ihn zweifelnd an. »Du siehst aus wie ein Held aus einer unserer Geschichten. Einer, von dem die Bäume in den Geisterhainen noch nach Jahrhunderten flüstern werden. « Er deutete nach unten auf den Hof. »Und zugleich bist du der Anführer von denen da unten. Ich habe von Kolja schon gehört. Er hat sich sehr schnell einen Namen gemacht in dieser Stadt. Sag mir, dass meine Tochter weder unter dem Opfermesser noch in einem von Koljas Häusern landen wird. Hörst du, du musst mir das versprechen! Du musst versprechen, dass du einer von den Guten bist.« Mitjas Atem ging zusehends schwerer und er schwankte leicht.
»Würdest du dem Anführer von denen da unten ein solches Versprechen denn glauben?«
Mitja seufzte. »Habe ich eine Wahl? Versprich mir, ein Held zu sein! Bei den Geistern deiner Ahnen!«
»Ich fürchte, dass für die Zapoter der Priester und auch Quetzalli Helden sind, weil sie den Göttern gut und hingebungsvoll dienen. Wir sind in ihren Augen
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