Drachenelfen
bestenfalls Diebe. Helden sind immer die, die am Ende einer Geschichte übrig bleiben, Mitja. Und die entscheiden, was man erzählt und was man besser verschweigt.«
»Mich interessiert allein, dass du der Held meiner Tochter wirst. Rette sie und mich alten, fuÃkranken Ãbersetzer. Sorge dafür, dass wir es sind, die am Ende der Geschichte übrig bleiben.«
»Ja«, sagte der Drusnier feierlich. »Ich werde dich beschützen. Und bei den Göttern, ich werde ein verdammter Held sein.«
E IN FELDZUG FÃR DIE LIEBE
Der Statthalter blickte zu dem wunderbaren weiÃen Hengst, der ein Stück vom Zelt entfernt angepflockt stand. Es war unübersehbar, wie sehr er das Pferd begehrte. Ganz so, wie Artax es sich erhofft hatte.
»Vielleicht gibt es keinen zweiten Hengst wie diesen auf ganz Nangog«, sagte Kanita ehrfurchtsvoll.
»Und es gibt wohl kaum einen zweiten Mann auf Nangog, der die Schönheit eines Pferdes so zu würdigen weià wie du, ehrenwerter Kanita. Es wäre mir eine Freude, wenn du den Hengst als Geschenk annimmst.«
»Wahrhaft die Gabe eines Unsterblichen!« Der Statthalter strich sich gedankenverloren über den dünnen, eisgrauen Kinnbart. Eine einzige Strähne aus Haaren, fein wie Seidenfäden, die ihm bis auf die Brust hinabreichten. »Und Ihr wünscht also, gegen die Plünderer des Rebellen Tarkon Eisenzunge vorzugehen. Bisher haben sie noch kein Wolkenschiff meines Volkes überfallen. Wir treiben nur wenig Handel im Norden.«
»Ist es klug zu warten, bis man den Dieb in seinem Hof stehen sieht, ehrenwerter Kanita?«
Statt zu antworten, blickte der Statthalter wieder zu dem Hengst.
»Ich werde zwei kleine Frachtschiffe ausrüsten lassen. Händler. Sie sollen harmlos wirken.« Artax bemühte sich um ein verschwörerisches Lächeln. »Aber wenn die Piraten uns finden, werden sie in Zukunft kein Problem mehr sein.«
»Mir ist immer noch nicht ganz klar, warum Ihr selbst dieses Unternehmen anführen wollt, Unsterblicher Aaron.«
Sogar die Wilden wissen besser, was die Pflichten eines Unsterblichen sind als du. Aber mach nur weiter. Wir heiÃen deine Pläne gut. Die Sorte SpaÃ, um die es dir geht, haben wir allzu lange vermissen müssen.
Artax wurde sich bewusst, dass er den Statthalter ungebührlich anstarrte, so sehr war er darum bemüht, dem Geschwafel in seinem Kopf Einhalt zu gebieten. Artax hüstelte und blickte nun seinerseits zu dem prächtigen Schimmel. »Bei uns in Aram gibt es eine Redewendung, die lautet: Wenn du willst, dass etwas gut gemacht wird, dann mach es selbst.«
Kanita lächelte. »Spielt Ihr darauf an, dass im Norden sehr viel Land liegt, das dem Königreich Luwien zugesprochen wurde? Wollt Ihr vielleicht selbst in Augenschein nehmen, wo ihre Eisenminen liegen?«
»Du weiÃt, dass alle sieben Unsterblichen schon vor vielen Jahren einen Vertrag gebilligt haben, der die Freiheit der Himmel festschreibt. Es ist also ohne Belang, über wessen Land wir fliegen. Wenn wir aber die Himmelspiraten besiegen, werden wir eine noble Tat vollbracht haben, die uns Ansehen in allen sieben Reichen bringen wird.«
Nicht Ansehen, sondern Argwohn wird es dir einbringen. Kein einziger Unsterblicher glaubt an edelmütige Taten. Wer das Wissen vieler Leben in sich trägt, gibt sich nur noch selten Illusionen hin.
Der Statthalter hob eine Braue und bedachte ihn mit einem skeptischen Lächeln. »Ich würde eher sagen, es bringt Euch Ansehen
bei den Handelshäusern auf Nangog. Ich bin schon zu lange hier, um mich der Illusion hinzugeben, dass die Unsterblichen an mehr interessiert sind als an den Schätzen dieser Welt.«
Aaron jubilierte. Habe ich es nicht gesagt?
»Also müsste ihnen doch daran gelegen sein, dass man die Köpfe jener, die diese Schätze rauben, auf Speere steckt, nicht wahr? Und wäre eine solche Tat nicht ein dringender Anlass, höchstselbst an den Wandernden Hof zu reisen, um dem Unsterblichen Madyas von den Ereignissen zu berichten?« Artax sah die Sehnsucht in den Augen des Statthalters. Er wusste, wie sehr sich der alte Fürst wünschte, die weiten Steppen Ischkuzas wiederzusehen.
»Und es gibt noch etwas, das zu bedenken ist«, fuhr der Unsterbliche fort. »Die Himmelspiraten haben irgendwo einen Stützpunkt. Einen Ort, um den sich immer mehr Legenden ranken. Du weiÃt, wie viele Männer
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