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Drachenelfen

Drachenelfen

Titel: Drachenelfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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gefasst waren. Artax schob den schweren Stoff zur Seite und tastete über das Glas. Auch das hatte er bisher nur aus Erzählungen gekannt. In die Fenster im Tempel in seinem Dorf waren Rahmen genagelt, die ein Priester mit dünn geschabten Ziegenhäuten bespannt hatte. Ein gelbes, trübes Licht sickerte durch die Häute. Bislang war ihm das als Luxus erschienen. Kein anderes Fenster im Dorf war so verschlossen. Da gab es nur Holzläden. Und noch öfter gar nichts.
    Seine Kopfschmerzen hatten nachgelassen und er blickte durch den Spalt zwischen den schweren Vorhängen. Unter ihm erstreckte sich eine strahlend weiße, leicht gewellte Ebene bis zum Horizont. Sie flogen über den Wolken. Der Anblick hatte etwas Magisches. Hier schien es nur noch Licht und Schönheit zu geben. Er fühlte sich leicht ums Herz. Er war ein Unsterblicher! Er konnte alles haben, wovon Sterbliche nur träumen konnten. Er träumte nicht! Das brauchte er sich nicht mehr einzureden. Und worüber beschwerte er sich? War sein Leben nicht unermesslich viel reicher geworden? Was zählte da schon diese missgünstige Stimme in seinem Kopf? Das würde er aushalten.
    Er lauschte in sich hinein, doch diesmal kam kein Widerspruch. Artax ließ den Vorhang zurückgleiten und drehte sich erneut zu dem Bett um. Er spürte, wie ihm das Blut zwischen die Schenkel schoss. Ihm am nächsten lag die Rothaarige. Ihre Haut war wie Milch. Sie hatte gestern immer wieder darauf bestanden, dass ihre Haare echt waren. Auch dann noch, als sie schon ziemlich viel getrunken hatte. Echte rote Haare. Gab es so etwas? Er wusste, dass Frauen sich Haare rot färbten. Das hatte es sogar in seinem Dorf gegeben. Aber dieses Rot war anders. Es glänzte ein wenig metallisch.
    Artax hatte ihre Namen vergessen. Alle drei Namen. Seine erste richtige Liebesnacht hatte er sich anders vorgestellt. Wie hatte
er die Namen vergessen können! Wie hatte er alles vergessen können! Der Stimme in seinem Kopf mochte er nicht glauben. Er blickte die drei an und versuchte verzweifelt, sich zu erinnern. Sie hatten sich nicht vorgestellt … Natürlich nicht. Aber sie hatten sich untereinander mit Namen angesprochen … Der unsterbliche Aaron hatte sich ihre Namen nie gemerkt! Da war nichts in diesen fremden Erinnerungen. Viele Gesichter … Keine Namen! Aber er war anders. Er erinnerte sich noch, dass er versucht hatte, sich ihre Namen einzuprägen, doch jetzt waren sie wie ausgelöscht. Die ersten Frauen, mit denen er in seinem Leben das Lager geteilt hatte … Namenlos! Er war beileibe kein Romantiker. Bestimmt nicht! Er hatte immer ganz pragmatisch über die Frau nachgedacht, die er eines Tages auswählen würde. Breite Hüften hätte sie haben sollen, damit sie gut Kinder bekommen konnte und ihm nicht gleich bei der ersten Geburt verreckte. Ein zweites Weib hätte er sich im Leben nicht leisten können. Aber das hier … Das war nicht richtig. So sollte das nicht sein!
    Ob sie ihn wohl liebten? So wie er sich stets vorgestellt hatte, dass er und Almitra einander lieben würden? Artax verzog die Lippen. Diese Frage hatte in Aarons bisherigem Leben nie eine Rolle gespielt. Konnte ein Mann, der sich einen Harem hielt, an wahrer Liebe interessiert sein? Wohl kaum! Er wollte hier nur seinen Spaß haben. Und daran war nichts verwerflich, oder? Wenn man sich alles nehmen konnte, warum sollte man es dann nicht tun? Wäre es nicht dumm, zu verzichten? Verhöhnte man damit nicht sogar jene, die von all dem träumten, was er nun besaß? Aber … Wovon sollte er, Artax, künftig träumen? Bis gestern hatte sein Leben klare Ziele gehabt. Genug Geld zusammenzuraffen, um wenn schon nicht die Frau seiner Träume, so doch zumindest eine passable Frau kaufen zu können, sesshaft werden, eine Familie gründen und möglichst viele Söhne zeugen.
    Artax sah sich in der Kammer um. Die Wände waren bedeckt mit Elfenbeinschnitzereien, die Männer und Frauen beim Liebesspiel zeigten. Auf einem niedrigen Tisch lag der Schmuck, den seine
Gespielinnen abgelegt hatten. Gewiss war allein dieser Schmuck mehr wert als sein ganzes Dorf und alle, die darin lebten. Ein Weib zu finden, das war nicht mehr seine Zukunft, falls er denn eine Zukunft hatte. Er war über dieses Ziel in geradezu unfassbarer Weise hinausgeschossen. Ja, er sollte noch Söhne zeugen … Aber das würde geradezu nebenbei geschehen.

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