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Drachenelfen

Drachenelfen

Titel: Drachenelfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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meisten Weisen waren der Auffassung, dass die Ischkuzaia nur gekommen waren, um ihr Gesicht nicht zu verlieren. Wenn alle großen Reiche nach Nangog aufbrachen und fliegende Schiffe bauten, dann mussten auch sie es tun. Einige munkelten aber auch, dass sie hier etwas suchten. Dass sie einem Geheimnis auf der Spur waren. Die Ischkuzaia erlaubten niemandem, ihre Palastschiffe zu betreten. Das musste allerdings nichts heißen, denn auch ihr Reich durfte niemand bereisen, ohne von einer Eskorte begleitet zu werden und ein Dokument vorweisen zu können, das ihm den Aufenthalt erlaubte und das das Siegel des Großkönigs Madyas, des Unsterblichen von Ischkuza, trug.
    Artax erreichte eine der Halbkugeln auf dem Deck des Schiffes. Sie war aus Leder gefertigt. Ein Zelt. Er verharrte, lauschte. Jeder seiner Schritte auf dem Deck war von einem leisen Knarren begleitet gewesen. Aufmerksame Wächter hätten ihn gewiss gehört, aber noch immer regte sich nichts und auch aus dem Zelt drang kein Laut.

    Nach einer Weile fasste er sich ein Herz, umrundete den ledernen Kokon und hob das schwere Tuch, das vor dem Eingang hing. Es war klamm, von Feuchtigkeit durchdrungen und kalt. Ein durchdringender Geruch schlug ihm entgegen. Der Gestank feuchter Wolle, ungewaschener Kleider und ranzigen Fetts. Und noch etwas Würziges, das er nicht einzuordnen vermochte. Mattes rotes Licht von der Glut in einer tönernen Feuerschale erfüllte das Zelt. Artax erkannte in dem Gefäß angebrannte Knochenreste und die Stängel getrockneter Pflanzen, die man verbrannt hatte. Dunkle Teppiche und bunte Decken bezeichneten drei Lagerstellen. Einige Kochutensilien lagen ordentlich aufgereiht neben der Feuerschale. Ein Becher war umgestürzt und hatte einen dunklen Fleck auf dem Holz des Decks hinterlassen. Das Zelt machte auf Artax den Eindruck, als sei es eben erst verlassen worden.
    Er ließ das Tuch vor den Eingang zurücksinken und ging vorsichtig weiter. Jeden Schritt setzte er mit Bedacht und bemühte sich, so leise wie möglich zu sein. Nach wie vor war der Dunst so dicht, dass er kaum fünf Schritt weit sehen konnte. Das Holz des großen Schiffes arbeitete unter seinen Füßen, die Takelage knarrte.
    Artax strich sich über die Arme. Es fröstelte ihn. Die Kälte der Furcht sickerte ihm bis ins Herz. Auf einem so großen Schiff konnte es nicht so still sein! Wo war die Besatzung?
    An einem engen Abstieg zu den unteren Decks – einer schmalen Treppe, die sich ins Dunkel wand – hielt Artax inne, doch dann fasste er sich ein Herz. Falls er beobachtet wurde, wollte er nicht wie ein Feigling erscheinen.
    Die Wendeltreppe brachte ihn hinab auf einen Korridor, wo vereinzelte Öllampen hinter dicken Hornscheiben brannten. Es roch nach Rauch, Tee und saurer Milch. Die Wände erregten Artax’ Aufmerksamkeit. Neugierig tastete er darüber. Sie waren aus dünn geschabter Tierhaut gefertigt, die man auf Holzrahmen gespannt hatte. Statt Türen gab es Durchlässe, die mit Decken oder Vorhängen aus Perlschnüren verhängt waren. Die sanften Bewegungen
des Schiffes ließen die Perlen sacht aneinanderklicken. Ein Geräusch, das nie ganz verstummte.
    Artax schob eine der Decken zur Seite und blickte auf zwei übereinanderliegende, weniger als einen Schritt durchmessende runde Öffnungen. Als seine Augen sich an das Dunkel gewöhnt hatten, erkannte er hinter dem unteren Durchschlupf eine enge Kammer, die ebenso wie die Zelte an Deck mehrere Schlafstellen beherbergte. Nur einen Feuerplatz gab es hier nicht. Es roch nach altem Schweiß, Lampenöl und Leder. Dicht neben dem Eingang lag eine Puppe aus Stoffresten. Verwundert nahm er sie auf, um sie im Licht des Korridors besser betrachten zu können. Wirre Haarsträhnen aus Wollfäden hingen ihr von dem Kopf, ein kleiner Perlknopf diente als Auge, das zweite Auge fehlte. Die Puppe wirkte alt und abgeliebt. Sie war ohne Zweifel ein Spielzeug. Hatten die Ischkuzaia Kinder an Bord ihrer Wolkenschiffe? Oder hatte ein sentimentaler Wolkenschiffer die Puppe als Erinnerung an seine Tochter mitgenommen?
    Behutsam legte Artax das Spielzeug an seinen Platz zurück. Kinder hatten an Bord eines Wolkenschiffes nichts verloren! Ja, es gab kaum ein Kind auf dieser Welt, auf der die Frauen unfruchtbar blieben. Bestimmt war es nur ein Andenken!
    Er reckte sich und blickte durch den oberen Durchschlupf. Auch hier fand er eine enge

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