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DRACHENERDE - Die Trilogie

DRACHENERDE - Die Trilogie

Titel: DRACHENERDE - Die Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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Geflecht den aufgesprengten Boden. Hier und dort zuckte noch eine der Ranken, und manche von ihnen wuchsen sogar noch, allerdings in einer sehr viel gemäßigteren Geschwindigkeit, und sie griffen auch nicht mehr an. Die Müdigkeit und Benommenheit, die auch Rajin und Bratlor befallen hatte, schien auch auf sie zu wirken und sie daran zu hindern, das zu tun, wofür die Magie des verlorenen Lebens sie zweifellos geweckt hatte: Sie hatten Rajin töten sollen. Dazu hatte man sie mit magischen Mitteln aus dem Reich des Todes und der Vergessenheit zurückgeholt.
    Der Weise Liisho stand vor der Orakelhöhle. Er war es gewesen, der die fremdartigen Worte hervorgebracht hatte. Noch immer rief er diese Zauberformeln – Rajin war jedenfalls sicher, dass es sich um Zauberformeln handelte -, und dabei umgab ihn ein Lichtflor. Er hatte die Arme erhoben, mit der Rechten hielt er seinen Drachenstab, der grell glühte und sogar das Leuchten des Juwels über der Orakelhöhle überstrahlte.
    Die letzten Pflanzenarme, die sich noch einigermaßen hatten aufrecht halten können, sanken zu Boden. Dann senkte der Weise Liisho die Arme, blickte in Rajins Richtung und rief ihn beim Namen. „Gib Acht! Die Macht der Magie des verlorenen Lebens, auf die du Narr hereingefallen bist, ist nur geschwächt, aber keineswegs besiegt!“
    Rajin wollte etwas erwidern, aber er war nicht in der Lage dazu. Ein Kloß steckte ihm im Hals und verhinderte, dass er auch nur ein einziges Wort hervorbringen konnte.
    In diesem Moment klärten sich die Nebel, die bis dahin den Blick durch das kosmische Tor verwehrt hatten. Auf der anderen Seite war es heller Tag. Der Geruch von Algen und Seetang drang herüber. Eine warme Brise blies von der anderen Seite der Welt in die kalte Senke. Im Hintergrund war die Ruinenstadt Qô auf der Insel der Vergessenen Schatten zu sehen. Und doch war da eine unsichtbare Wand, die die Fluten des östlichen Ozeans daran hinderte, sich in Fjendurs Senke zu ergießen und sie innerhalb kürzester Zeit mit warmem Wasser zu füllen.
    Ein gewaltiger Schatten näherte sich. Er malte sich zunächst nur auf der Meeresoberfläche ab und verdunkelte für Augenblicke sogar die Sonne, dann tauchte jener gewaltige Koloss, der diesen Schatten verursachte, tiefer, sodass er unter dem Lichtbogen des kosmischen Tores hertauchte. Das tiefe Brüllen eines Drachen ließ den Boden auf der diesseitigen Torseite erzittern.
    „Ayyaam!“, rief der Weise Liisho. „Hierher!“ Er rief gewiss nicht in der Hoffnung, dass Brüllen seines Drachen übertönen zu können oder in der irrigen Annahme, dass dieser ihn tatsächlich hörte, sondern um seine eigene innere Kraft zu sammeln und den Drachen durch seine konzentrierte Präsenz zu lenken. Der Weise richtete dabei seinen Drachenstab in Richtung des Drachen, der mit ruhigem Flügelschlag das Tor passierte.
    Auf einmal entrang sich ein wütend klingender Laut seinem gewaltigen Maul. Er wandte den Kopf angewidert zur Seite und stieß einen Feuerstrahl aus, als wollte er die drachenfeindliche Kälte damit vertreiben, die ihn auf einmal umgab. Die Schwingen bewegte er nun auf eine Weise, die deutlich zeigte, wie sehr ihm die Kälte zu schaffen machte. Sein Körper dampfte förmlich. Er flog einen Halbkreis über die Senke, erst ein Stück in südwestliche Richtung, dann auf den schwarzen Felsen zu.
    „Ayyaam!“, rief der Weise Liisho. Er trat gemessenen Schrittes und so, als sei es das Natürlichste der Welt, dass dieser Gigant ihm und nur ihm allein gehorchte, ein Stückweit vor und entfernte sich damit vom Eingang zur Orakelhöhle.
    Der Drache kehrte zurück. Sein Brüllen ließ die Erde erneut erzittern. Selbst die durch Liishos Gegenzauber niedergedrückten Pflanzenarme vibrierten bei jedem Laut des riesenhaften Geschöpfs. Liisho befahl dem Drachen offenbar zu landen, und das gefiel diesem nicht; er wollte an diesem eisigen Ort nicht verweilen, nicht einmal für einen Augenblick, sondern zurück in wärmere Gefilde. Aber Liishos Wille war stärker, und Ayyaam war ihm treu ergeben – auch wenn es wahrscheinlich für jeden anderen lebenden Menschen sehr schwierig gewesen wäre, einen Drachen überhaupt zu zähmen, der so wild und so nah verwandt mit dem Urdrachen Yyuum war und dem man deshalb besondere Stärke nachsagte. Und das nicht nur in körperlicher Hinsicht; er hatte auch eine außergewöhnliche Geistes- und Willensstärke, die es für jeden anderen Drachenreiter sehr schwer gemacht hätte, ihm

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