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DRACHENERDE - Die Trilogie

DRACHENERDE - Die Trilogie

Titel: DRACHENERDE - Die Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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den Wandreliefs, und manchmal schwebten dabei faustgroße, grell aufleuchtende Juwelen von der Kuppeldecke herab. Angeblich entstanden dabei Öffnungen in der Kathedralenkuppel, durch die das Licht der Monde hereinfiel, sodass es die schwebenden Leuchtjuwelen traf. Nun ja, vielleicht hat der bleiche Fremde auch nur den Geist unseres Novizen verwirrt, und so bin ich mir nicht sicher, ob er trotz der Läuterung im Gebet die Wahrheit oder im Wahn sprach ...“
    Obwohl die Schilderungen Tesan-Gons eher bruchstückhaft waren, fühlte sich Rajin sofort an den Weisen Liisho erinnert, denn der hatte in der kalten Senke auf Winterland auf ähnliche Art ein kosmisches Tor zu öffnen versucht. Dieser Einsiedler schien ebenfalls Kenntnisse über die Tore zu haben. Dass die Kathedrale von Kenda oder vielleicht auch nur der Felsen, auf dem sie errichtet und in den sie teilweise hineingebaut worden war, als Teil eines solchen Tores angesehen werden mussten, war für jedermann offenbar, seit Abrynos an dieser Stelle eine Verbindung zum Glutreich hergestellt und dessen Bestien in die Welt geholt hatte. Doch der Bleiche Einsiedler schien schon vorher von diesem Tor gewusst zu haben, anders waren seine über die Jahrhunderte immer wiederkehrenden Besuche in der Kathedrale nicht zu erklären.
    „Ihr seid ihm persönlich begegnet?“, vergewisserte sich Rajin.
    „So ist es. Und alles, was ich über ihn sagen kann, ist, dass er kein Mensch ist, obgleich seine Gestalt sicherlich der eines Menschen stark ähnelt. Und mit ebensolcher Gewissheit kann ich ausschließen, dass es sich um einen Magier handelte, obwohl mir schien, dass er über sehr ähnliche Kräfte verfügt. Wenn Ihr ihn trefft, seid vorsichtig.“
    „In wiefern?“
    Der Anführer der Kampfmönche des Leao in der Zitadelle von Kenda zögerte, ehe er weitersprach. Er hob den Kopf, sah Rain direkt und fest in die Augen und brachte schließlich hervor: „Selbst wenn man über einen starken Geist und eine starke innere Kraft verfügt, ist es nicht leicht, sich dem geistigen Einfluss des Einsiedlers zu entziehen.“
    „Kein Grund, sich zu fürchten!“, meldete sich die Gedankenstimme der Metallhand in Rajins Geist. „So schnell wird dich niemand mehr manipulieren können. Es sei denn, du selbst machst dir etwas vor!“
    Ein leises Lachen hallte in Rajins Gedanken wider …
     
     
    Aus einem Grund, den Rajin nicht näher zu erklären vermochte, verspürte der junge Kaiser das Verlangen, die Kathedrale des Heiligen Sheloo zu betreten. Dabei wollte er allein sein; Ganjon und Koraxxon blieben vor den Toren des mächtigen Bauwerks zurück, und auch Tesan-Gon, der ihn eigentlich begleiten wollte, sollte auf dem Vorplatz warten.
    Der geistige Anführer der Kampfmönche ließ durch keine Regung seines Gesichts erkennen, wie sehr ihm diese Weisung missfiel. Für die Bruderschaft des Leao war die Kathedrale der Mittelpunkt ihres geistlichen Lebens, und obwohl sie es der Gnade des Kaisers verdankten, sie bewachen zu dürfen, schienen sie das Bauwerk mittlerweile als Eigentum ihrer Glaubensgemeinschaft zu betrachten.
    Schon allein aus diesem Grund musste er die Kathedrale besuchen, ging es Rajin durch den Sinn. Aber die wahren Motive, die ihn leiteten, hatten mit politischen Erwägungen nichts zu tun, wie er dunkel ahnte.
    Rajin betrat den großen Kuppelraum, blickte auf den altarartigen Steinquader und dann empor unter das Dach. Dabei sammelte er seine innere Kraft und versuchte alles zu erspüren, was in diesem Raum noch an Seelenresten, Erinnerungsfetzen und halb vergessenen Gedanken umherschwirren mochte.
    „Bjonn!“, wisperte eine Gedankenstimme, die ihn herumwirbeln ließ.
    „Nya …“, murmelte er.
    Aber die Geisterstimme war schon wieder verstummt. Es schien nicht mehr als ein Widerhall jener Gedanken zu sein, die sich an diesem Ort irgendwann einmal konzentriert und aufgrund seiner besonderen Natur erhalten hatten.
    Rajin spürte auch Seelen- und Gedankenreste der beiden Magier Ubranos und Abrynos, der sich inzwischen zum Großmeister von Magus emporgeschwungen hatte. Und die von Wulfgarskint, mit dem zusammen er im Hause Wulfgar Wulfgarssohns in Winterborg aufgewachsen war und der ihn mit seiner Eifersucht und seinem Hass noch über dem Tod hinaus verfolgt hatte. Wulfgarskint, der zu rattengestaltigen Kreatur des Bösen geworden und in der Kathedrale des Heiligen Sheloo seinem vermeintlichen Feind Rajin entgegengetreten war. Wulfgarskint hatte diese Begegnung nicht

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