DRACHENERDE - Die Trilogie
zu. Die Seemammutflosse glitt durch die Wellen, gefolgt von ein paar Zweikopfkrähen, da von einem Seemammutjägerschiff immer wieder Abfälle ins Meer gekippt wurden, die für die Vögel wahre Leckerbissen darstellten.
Etwa auf halber Strecke zum sturmländischen Festland sahen sie einen Verband der Kriegsdrachenarmada dahinfliegen. Er bestand aus drei von Samurai gerittenen Kriegsdrachen und einem Gondeldrachen.
Sehr bald tauchte am Horizont ein weiterer, großer Verband der Kriegsdrachenarmada auf.
„Die kommen aus Nordwesten“, stellte Orik düster fest. „Ich frage mich, was sie dort gesucht haben.“
Kallfaer war dies ebenso rätselhaft. „Als ich nach dem Gemetzel in Winterborg aus meiner Bewusstlosigkeit erwachte, waren die Drachenier schon fort“, erklärte er. „Allerdings habe ich immer angenommen, dass sie auf dem schnellsten Weg Winterland verlassen haben und nicht etwa ins Inland geflogen sind.“
„Zumal doch bekannt ist, wie sehr Drachen die Kälte hassen“, mischte sich Bartulf Klippenbremser ein, der in der Nähe seines Kapitäns stand, stets bereit, von diesem das Steuer zu übernehmen, wenn Orik aus irgendeinem Grund danach verlangte.
„Aber offenbar hat sie das nicht davon abgehalten, sich dennoch ins Inland zu begeben“, stellte Orik fest. „Mögen die Götter wissen, was sie treibt.“
Die Drachen befanden sich weit außerhalb der Harpunenreichweite der Seemammutflosse, aber der finstere Wunsch, sie vom Himmel zu holen, stand Kallfaer Eisenhammer deutlich ins Gesicht geschrieben.
„Vergiss jede Gedanken, deinen Rachedurst an diesen Drachenreitern dort stillen zu wollen“, mahnte Orik. „Wir können froh sein und Njordir danken, wenn sie uns nicht bemerken und einfach weiterziehen.“
„Ich würde einem Kampf nicht ausweichen!“, sagte Kallfaer grimmig. Er streckte den rechten Arm aus, während er die Linke um den Griff seines Schwertes krampfte, das aus der Lederscheide an seinem Gürtel ragte. „Das sind sie – genau die Schurken, die das Grauen über Winterborg gebracht haben. Ich rieche noch immer das verbrannte Fleisch von Menschen und Riesenschneeratten, wenn ich morgens erwache. Ich sehe immer noch das Drachenfeuer wüten und höre die Schreie, all die schrecklichen Schreie!“ Er schüttelte den Kopf. „Das kann ich den Dracheniern nicht verzeihen – und allen voran diesem Findelkind nicht, das in irgendeiner Weise den Zorn der Götter auf uns gelenkt haben muss!“
„Ach, das ist doch Aberglauben.“
„Nein, das ist es nicht!“
„Du wolltest nicht, dass der Sohn von schlitzäugigen Drachenfreunden deiner Tochter den Kopf verdreht, das ist alles“, war Orik überzeugt. „Was den Menschen in Winterborg widerfuhr, wurde im Kaiserpalast von Drakor entschieden, nicht von übellaunigen Göttern.“
„Und warum haben sie dann nicht eingegriffen? Warum hat Njordir es zugelassen, wenn nicht irgendetwas zwischen uns und ihm gestanden hat?“, rief Kallfaer aufgebracht.
„Kallfaer! Die Götter sehen schon lange nicht mehr, wenn wir in Not sind! Sie schritten auch nicht ein, als unsere Vorfahren das Zweifjordland an die Drachenreiter verloren, denn sie kümmern sich offenbar nur um ihre eigenen Belange!“
Aber Kallfaer schüttelte den Kopf. „Nein, nein, du redest Unsinn, Orik.“ Er zog sein Schwert und rief: „So wahr ich hier stehe: Wenn mir der drachenische Unglücksbringer, der bei uns unter dem falschen Namen Bjonn Dunkelhaar bekannt war, je vor die Klinge gerät, dann wird er sie zu spüren bekommen, und es wird mir ein Vergnügen sein, ihn in Stücke zu schneiden! Ich werde das Blut dieses unseligen Bastards ins Meer fließen lassen, denn ich will Njordir nichts schuldig bleiben, der seit dem Massaker von Winterborg nicht mehr mein Gott ist! Das schwöre ich, so wahr ich hier stehe!“ Grimmig hob er die Klinge empor und brüllte den grau gewordenen Himmel an.
Keiner von der Mannschaft der Seemammutflosse sagte ein Wort, doch die Stirn von Bartulf Klippenbremser zeigte eine tiefe Furche. Er wechselte einen Blick mit Orik Wulfgarssohn und sagte dann zu Kallfaer Eisenhammer: „Du selbst erzürnst mit deinen Reden die Götter, Kallfaer!“
„Mag sein“, knurrte dieser. „Soll mich Njordir doch strafen! Nachdem er mir ohnehin alles genommen hat, was mir lieb und teuer war, können selbst die Drohungen eines Gottes keinen Eindruck mehr auf mich machen!“
Die Drachen zogen Richtung Nordosten davon. Es schien, als wollten sie der Küste des
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