Drachenfedern I - Schicksalhafte Begegnung
„Ich habe dir gesagt, dass ich dir nicht wehtun werde.“
„Ist es so schmerzhaft?“ Jonas schien es nun mit der Angst zu tun zu bekommen.
Fäiram legte zärtlich seine Finger an das Kinn des Anderen und drehte vorsichtig das Gesicht in seine Richtung. „Du hast so etwas noch nie vorher gemacht. Ich habe darauf verzichtet, weil ich wollte, dass du Spaß hast und zunächst deine Angst verlierst. Es ist leider nicht ganz schmerzfrei, vor allem beim ersten Mal. Ich werde jedoch alles tun, um es dir zu erleichtern. Bei uns heißt das: nötigen.“
Jonas überwand die kurze Distanz, die beide noch voneinander trennte kurzerhand, und küsste ihn dankbar. Mit einem leisen Seufzen schmiegte er sich zurück an Fäirams Brust. „Schade, dass du so weit weg wohnst.“
Fäiram schlang seine Arme wieder um den Körper zwischen seinen Beinen und drückte ihn liebevoll an sich. „Ich bin immer bei dir. In deinen Visionen.“
„Machst du jetzt weiter, oder muss ich dich nötigen?“
Fäiram grinste breit, nahm den Schwamm und strich mit weichen, fließenden Bewegungen so lange und oft über Jonas' Männlichkeit, bis er sich stöhnend aufbäumte.
Als Jonas die Augen aufschlug, wusste er im ersten Moment nicht, wo er war. Träge erkannte er in dem schwarzen Laken unter sich das Bett wieder, in welchem er an der Seite von Fäiram, dem wohl heißesten Kerl der Geschichte, eingeschlafen war. Es war inzwischen hell geworden und die Sonne fiel durch das breite Fenster ins Innere von Fäirams privatem Gemach und überflutete den weißen Marmor mit den schwarzen Schachlinien mit grellem Licht. Jonas erhob sich. Er war allein in diesem großen Bett, kam sich fast verloren vor. Er richtete sich auf und blickte sich um. Fäiram war nicht zu sehen.
Der Raum war groß genug, um seine kleine 60 m²-Wohnung mindestens dreimal darin unterzubringen. Eine gigantische Kuppeldecke aus glitzerndem weißen Marmor überspannte die enorme Breite von einer Wand zur anderen. An einigen Wänden standen imposante, reichhaltig geschnitzte Schränke und Regale voller Bücher und Schriftrollen. Kunstvoll von Hand gezeichnete Bilder verzierten die Zwischenräume. Auf beinahe jedem Bild war der schwarze Drache mit dem opulenten Federkranz abgebildet, in mehreren Posen und in verschiedenen Szenen.
Im hinteren Teil des Raumes gab es noch jenen schwarzen Vorhang, hinter welchem sich das beinahe ebenso große Badezimmer befand und ein weiterer Vorhang, hinter welchem Fäiram am gestrigen Abend verschwunden war, um ihm Wasser zu holen. Dazwischen gab es jede Menge Leerraum, ausreichend um einen großen Ball abhalten zu können, ohne auch nur ein Möbelstück zur Seite rücken zu müssen. Am gewaltigsten war die riesige Fensterfront, die einen weitreichenden Blick über das Land bot.
Neugierig erhob sich Jonas und trat zum Fenster. Dabei achtete er darauf, dem weit geöffneten Durchgang, nicht zu nahe zu kommen und sah nach draußen. Vor ihm breitete sich eine dicht besiedelte Stadt aus, in einem bizarren Gewirr aus Häusern, Straßen, kleinen Grünflächen und Türmchen. Dahinter erhob sich am fernen Horizont ein Gebirge, mit weiß gepuderten Spitzen. Rechts konnte er noch die Ausläufer eines dichten, schwarzen Waldes erkennen. Zur Linken spannte ein hellblaues Meer einen Bogen zwischen Horizont und Stadt.
Er konnte die Stimmen der Leute hören, wie sie tief unter ihm lachten und sich miteinander unterhielten, jedoch keine Autohupen, keine Sirenen, kein Motorenlärm. Abgesehen von den menschlichen Stimmen herrschte eine beinahe idyllische Stille. Eine fantastische Fantasy-Welt, wie sie von keinem Bestseller-Autor passender entworfen werden könnte. Er wünschte sich, dass er sie begutachten könnte, und liebäugelte bereits damit, auf den Balkon zu treten. Gerade noch rechtzeitig erinnerte er sich an Fäirams Bitte und blieb vor der offenen Balkontüre stehen. Wenn er die Schwelle überschritt, würde er sie beide in arge Schwierigkeiten bringen.
Als seine Gedanken unvermittelt zu ihnen beiden wanderten, zuckte er unwillkürlich zusammen. So, als ob ihn plötzlich etwas getroffen hätte. Fürwahr schoss eine unerwartete Erkenntnis in seine Wahrnehmung.
Was zum Henker hatte er sich eigentlich dabei gedacht?
Was hatte er gemacht?
Sich mit einem Mann einzulassen, sich von ihm verführen und betören zu lassen …
Der gestrige Tag kam ihm nun auf einmal, wie ein Traum vor, wie im Rausch erlebt. Ein Gefühlsrausch, der ihn Dinge tun ließ, die
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