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Drachenflamme: Roman (German Edition)

Drachenflamme: Roman (German Edition)

Titel: Drachenflamme: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Naomi Novik
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Kulingiles Kopf fuhr aus dem Schlaf hoch – gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, wie Demane unter dem Schlag ins Taumeln geriet.
    Kulingile machte keinen richtigen Satz. Die Bewegung war seltsam, denn er stieß sich ab und prallte schwebend mit Blincoln zusammen. Doch dann atmete er scharf und zischend aus, und die angeschwollenen Luftsäcke begannen zu erschlaffen, sodass sich sein eigentliches Körpergewicht wieder bemerkbar machte. Blincoln stolperte und wurde unter ihm begraben. »Sie haben ihn verletzt«, schrie Kulingile schrill und aufgebracht. »Sie haben ihn verletzt!« Und er riss seine Kiefer weiter auf, um noch mehr Luft auszustoßen. Blincoln hustete und versuchte, sich von Kulingile zu befreien, um nicht nach und nach zerdrückt zu werden.
    »Demane!«, rief Laurence mit scharfer Stimme und wandte den Kopf, um Temeraire aufzuwecken, der gerade verschlafen ein Augenlid hochgezogen hatte. Doch Demane war bereits neben Kulingiles Kopf, griff nach dem Seil, mit dem er festgemacht war, und zog daran.
    »Nein, komm her, du darfst ihn nicht umbringen«, beschwor Demane Kulingile, »oder wir werden furchtbaren Ärger kriegen. Sieh mal, mir geht es gut, man kann keine Spur mehr sehen.«
    »Das liegt nur daran, dass deine Haut so dunkel ist«, sagte Kulingile, »und nicht so teigig und rot wie bei ihm.« Nur unwillig ließ er zu, dass sich seine Luftsäcke wieder füllten und er weggezogen werden konnte. Blincoln blieb keuchend und zusammengekrümmt auf dem Boden liegen, und spätere Untersuchungen ergaben mehrere gebrochene Rippen. Ohne viel Mitgefühl wickelte Dorset einen festen Verband darum.
    Es gab keine weiteren derartigen Versuche, zumindest keine, von denen Demane etwas mitbekam und Einspruch hätte erheben können.
Da er sich als ein entschlossener Wachposten entpuppte, eröffneten sich auch keinerlei Gelegenheiten mehr.
     
    Das Ende dieser scheinbar endlosen Reise kam plötzlich und unerwartet, obwohl Laurence jeden Tag ihr Vorankommen notiert und Schätzungen bezüglich ihrer Position und der Entfernungen in seinem Logbuch festgehalten hatte. Eine Zeit lang war dies das Einzige, worauf sie zurückgreifen konnten, denn weder Granby noch Rankin oder irgendein anderer Flieger hatte eine Ahnung davon, wie man Aufzeichnungen machen sollte, die denen von Laurence auch nur annähernd das Wasser reichen konnten. Dorset fertigte ausufernde und vollkommen unnötige Protokolle an, in denen es um einzelne Blätter oder Beeren oder die Abdrücke eines Tieres ging, aber er hätte nicht sagen können, wo Westen war, selbst dann nicht, wenn die Sonne gerade unterging.
    Laurence hatte diese Aufgabe versuchsweise O’Dea übertragen, da der Mann immerhin anständig schreiben konnte, jetzt, da er den letzten Rest Rum ausgeschwitzt hatte. Es waren zutreffende Berichte entstanden, auch wenn Laurence es vorgezogen hätte, wenn Ausschmückungen wie die folgenden unterblieben wären:
    Der Erdboden hier ist glänzend und tiefrot – sicherlich hat er das Blut von Heiden und unvorsichtigen Reisenden getrunken, und es verlangt ihn nach mehr.
    Für Laurence’ Geschmack hätte O’Dea sich auch eine solche, völlig überflüssige dramatische Schilderung wie jene schenken können:
    … die entsetzliche Kreatur blickte uns lange und nachdenklich an, als überlegte sie, welche ihr zustehende Beute sie zuerst auswählen solle, obwohl der Kadaver unserer Gabe, leblos und vom Schlachten blutüberströmt, vor ihr lag. Und so wählte sie den leichteren Weg
und zog sich in den Sand zurück, um das Fleisch des Kängurus zu verschlingen und davon zu träumen, wie viel mehr Befriedigung eine Mahlzeit mit sich gebracht hätte, die von den bemitleidenswerten Schreien eines vernunftbegabteren Opfers begleitet worden wäre.
    Sie waren jetzt schon mehr als vierzehn Tage durch die endlose Landschaft unterwegs, die sich kaum veränderte, nur noch ausgedörrter zu sein schien. Unaufhörlich näherten sie sich dem Äquator, und die Hitze war beinahe nicht mehr auszuhalten. Seltsame Wolken eilten über ihren Köpfen dahin, und die Sonnenuntergänge waren spektakulär. Einmal sahen sie in der Ferne zwei Rauchwolken, und sie ließen ein halbes Dutzend Gewitter über sich ergehen, bei denen das Wasser in heftigen Schwallen auf die harte, ausgetrocknete Erde peitschte, sodass sich die Drachen in die Luft schwingen mussten, um den Sturzbächen zu entgehen.
    Über ihre Position waren sie sich nach wie vor nicht sicher: Auf den einzigen Bericht, den

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