Drachengasse 13, Band 03
Häusern 11 und 15 der Drachengasse erreichten, blieb er stehen. „Warte mal kurz, ja?“, bat er Quox, verschwand in den Schatten und eilte zum unsichtbaren Haus. Dort nahm er sich kurzerhand eines von Hanissas dünnsten Zauberbüchern und steckte es sich in die Hosentasche. Schließlich benötigten sie etwas, womit Pip die Fährte seiner Freunde aufnehmen konnte.
Draußen traf er wieder auf Quox. „Gut, jetzt aber schnell zurück zum Bau.“
Es dauerte einige Minuten, bis die ungleichen Freunde die Grenze zum Gebiet der Insektenwesen erreicht hatten. Abermals kostete es sie all ihr Geschick und viel Mühe, sich unbemerkt an von Garstings Wachen und den unberechenbar gewordenen Xix vorbeizuschleichen. Insbesondere Fleck schien Pips Anwesenheit dazu anzustacheln, sich albern zu benehmen. Sando musste ihn mehrfach zur Ordnung rufen.
Dann waren sie am Bau. Groß und majestätisch ragte der riesige Hügel vor ihnen in den Himmel. Nichts hatte sich verändert: Das Tor war nach wie vor geschlossen.
„Du kennst den Weg?“, wollte Sando wissen.
Quox nickte. „Hier lang.“
Gemeinsam schlichen sie weiter. Nachdem sie den Bau fast zur Hälfte umrundet hatten, erreichten sie eine Stelle, vor der Quox in die Hocke ging.
„Hier ist es“, sagte er leise.
Wie nahezu überall säumten Steine, Grasbüschel und Lehmklumpen den Rand des imposanten Bauwerks. In Sandos Augen sahen alle Steine gleich aus, doch Quox griff zielstrebig nach einem der größeren und begann, ihn zur Seite zu schieben.
„Warte, ich helfe dir“, sagte der Straßenjunge und packte mit an.
Zu zweit schafften sie es recht schnell, den Stein etwas wegzurollen. Dahinter zeigte sich eine Öffnung in der Außenwand des Baus – gerade groß genug, dass sich eine schlanke Person hineinzwängen konnte. Die Öffnung war stockfinster.
Quox musste Sandos fragender Blick nicht entgangen sein. „Sieht enger aus, als es ist. Zwei, drei Manneslängen weiter hinten wird der Weg schon breiter. Und er führt direkt ins Innere des Baus.“
„So bist du rausgekommen?“
Der junge Xix nickte und sah sich unruhig um. Beobachtete sie auch niemand? „Du kriechst mit Fleck vor, ich folge dir.“
„Moment noch“, bat Sando. Er zog das Büchlein aus der Tasche und hielt es Pip vor die Schnauze. „Hanissa“, sagte er dabei. „Riechst du sie? Kannst du ihre Witterung aufnehmen?“ Pip flatterte vergnügt mit den Flügeln. Sando beschloss, das als ein Ja zu betrachten. „Dann mal los. Du fliegst voran, Pip. Wir kommen hinterher.“
Gesagt, getan. Unter Pips Führung zwängten sie sich durch die enge Öffnung in der Wand – und fanden sich umgehend in fast völliger Finsternis wieder. Die Luft roch abgestanden und nach kalter Erde. Quox, der das Schlusslicht ihrer Kette bildete, zog den Stein wieder vor die Öffnung. Niemand sollte den Weg entdecken.
„Wir hätten eine Laterne mitnehmen sollen“, brummte Sando, tastete sich vorsichtig vor und stieß sich den Kopf an einer Wurzel. „So sehe ich kaum Pip vor meinen Augen.“
„Keine Sorge, da vorn wird’s schon heller“, erwiderte Quox leise. „Aber … geht’s deinem Drachen nicht gut?“
Sando zuckte zusammen. Schnell wandte er den Kopf und blickte hinter sich. Fleck! Der kleine Drache zitterte am ganzen Körper. Komm mir jetzt bloß nicht auf dumme Ideen … „Hast du gehört, Fleck?“, fragte er und bemühte sich um einen besonders freundlichen Tonfall. „Nur ein paar Schritt, dann wird es wieder hell. Du brauchst keine Angst zu haben.“
Die Worte zeigten Wirkung, Fleck fing sich wieder. Sando atmete auf. Eine Begegnung mit dem Nachtfresser – noch dazu in dieser Enge – wäre so ziemlich das Letzte, was sie im Moment brauchten.
„Was macht er denn, wenn er Angst hat?“ Quox klang ein wenig verunsichert. „Feuer spucken?“
„Das wäre noch halbwegs sinnvoll … “, antwortete Sando seufzend. Dann folgte er wieder der Spürechse.
Pip machte ihrem Ruf mal wieder alle Ehre. Scheinbarmühelos und mit sichtlicher Freude leitete sie die zweiJungen und Fleck durch den furchtbar engen Gang und ins Innere des Xix-Baus. Dieser wirkte von innen noch gewaltiger als von außen. Ein schier undurchschaubares Gewirr von Gängen und Kreuzungen erwartete die Freunde. Allein hätten sich Sando und Fleck nie zurechtgefunden. Ganz vorsichtig und leise schlichen sie die Wege entlang, die Pip ihnen wies, duckten sich in Wandvorsprünge, wann immer sich jemand näherte, und eilten voran. Dabei war ihnen
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