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Drachenglut

Titel: Drachenglut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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rum wurde ein alter Stein ausgegraben und gesto h len? Warum so viel Aufregung wegen einem alten Kreuz?
    Und warum verbrachte er Stunden in einer Bibli o thek, wenn er nicht mal wusste, wonach er suchte?
    Aber da gab es irgendwas, das er finden musste. Tom war sich ganz sicher. Und er hatte noch einen Anhaltspunkt, den er verfolgen wollte.
    Er brauchte Schlaf. Aber zuerst musste er die A n spannung loswerden, und deshalb rannte er los und folgte einem Trampelpfad, der in den Wald führte.
    Tom zwang sich schnell zu laufen. Die Spannung in seiner Brust tat weh, aber er setzte sich darüber hinweg, holte das Letzte aus seinen Beinen und se i ner Lunge heraus, und bald sauste der Boden nur so unter ihm weg. Sein Blick war fest nach vorn geric h tet, sein Körper strengte sich bis zum Äußersten an und der letzte Rest an Enttäuschung und Müdigkeit verlor sich in der Luft hinter ihm.
    Völlig ausgepumpt verlangsamte er seinen Lauf, sein Herz hämmerte, er keuchte und erkannte er vor sich die Ruinen im Crow-Wald.
    Zwischen den Buchen war eine kleine Lichtung, aus deren Boden an vielen Stellen junge Bäume und Farnwedel sprossen, und die lag nun dunkel vor ihm. Eine Ziegelmauer von etwa zwei Meter Höhe erhob sich auf einer Seite der Lichtung aus dem Unterholz, sie wurde durch ein Fensterrahmenskelett durchbr o chen. Rechtwinklig dazu verschwand eine etwas niedrigere Mauer in der Dunkelheit. Auf dem Boden wuchsen Grasbüschel zwischen Haufen von eing e stürztem Mauerwerk.
    Toms Schuhsohlen knirschten auf den Ziege l trümmern. Er ging in die Mitte des verfallenen Ha u ses. Innen war die Mauer rabenschwarz. Weiße Mo t ten flatterten um seinen Kopf und verbreiteten mit ihren Flügeln Stille. Ein einsamer, an einer Seite ve r kohlter Balken lehnte an der Wand. Jemand hatte sorgsam eine Bierdose darauf gestellt. Als er näher kam, erkannte er auf der Mauer die Reste von Ze i chen. Mit zusammengekniffenen Augen versuchte er, die Schrift zu entziffern …
    Die Wörter waren in die verkohlte Oberfläche g e kratzt worden und schimmerten rot durch: »Sandra + Lewis 1979«
    Tom wandte sich ab.
    Vor über hundert Jahren war hier Arthur Willis gestorben. Tom versuchte sich den Brandgeruch vo r zustellen, die Hitze, die im Licht der Flammen ora n geroten Bäume, den Lärm. Aber hundert Jahre von grünem Schweigen überdeckten diese Bilder und en t rückten sie.
    Morgen würde er in den Annalen der Gemeinde nachforschen. Irgendjemand besaß bestimmt ein E x emplar von Willis’ Buch. Er würde es aufstöbern, lesen und dann endlich aufhören, Gespenster zu j a gen.
    Er lief zurück zum Auto und fuhr langsam nach Hause.

 
     
    17
     
    Stephen brauchte zwei Minuten, um hoch in sein Zimmer zu gelangen und sich ins Bett zu legen. Zum ersten Mal seit dem Abstieg vom Pit schloss er die Augen ganz und schlief fast sofort ein.
    Michael ging hinunter und machte sich in der K ü che etwas zu essen. Seine Augen brannten stark. Es war während des Nachmittags schlimmer geworden, und jetzt fühlten sich die Lidränder ganz wund an.
    Er schwappte sich kaltes Wasser ins Gesicht und blinzelte ein paarmal, damit die Augen sich wieder beruhigten. Langsam verging die Hitze, aber der mühsam unterdrückte Wunsch blieb. Der Drang, den Blick scharf zu stellen – den besonderen BLICK –, war sehr groß. Den ganzen Tag über hatte er dieses Verlangen verspürt, und obwohl er es die meiste Zeit unter Kontrolle hatte, würde er sich nicht mehr lange beherrschen können. Außerdem hatte er den ganzen Tag lang nur Stephen anschauen können. Morgen würde er ins Dorf gehen und sich die Leute auf dem Anger anschauen. Die Aussicht auf den Anblick ihrer juwelengleichen versteckten Seelen verursachte ihm Qualen.
    Sarah kam aus ihrem Zimmer nach unten. Sie e r schrak, als sie Michael beim Spülbecken stehen sah.
    »Ihr seid also wieder da, was?«, sagte sie in scha r fem Ton. »Wo habt ihr euch denn den ganzen Tag lang rumgetrieben?«
    Michael antwortete ausweichend. »Mir ging es heute Morgen schon wieder viel besser. Stephen und ich haben einen langen Spaziergang gemacht – ich wollte gern an die Luft.«
    »Wo seid ihr gewesen?«
    Ganz grundlos entschlüpfte ihm die Lüge: »Im Russet-Wald. Zum Lerchenufer und wieder zurück.«
    »Und wo ist Stephen?«
    »Der schläft. Er war fix und alle. Keine Ausdauer, das ist sein Problem.«
    »Ihr hättet mir eine Nachricht hinterlassen sollen. Ihr seid so verdammt gedankenlos.«
    »Du hast ja recht. Tut mir leid, dass

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