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Drachenglut

Titel: Drachenglut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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du dir Sorgen gemacht hast.«
    Er wartete und wagte kaum zu hoffen, dass es so einfach sein würde, aber Sarah beließ es dabei. Sie setzte Wasser auf.
    Michael trat von einem Fuß auf den andern. »Hör mal, ich hab da eben was gehört, obwohl ich es gar nicht wollte … Es tut mir leid, dass ihr euch gestri t ten habt. Geht es dir wieder besser?«
    Sie seufzte und setzte sich ihm gegenüber an den Tisch.
    »Ja, klar. Eigentlich war es meine Schuld. Ich hab mir Sorgen wegen euch gemacht, und Tom hat m o mentan viel um die Ohren. Morgen ist wieder alles okay. Es war einfach ein beschissener Tag.«
    Sie sah auf den Tisch und schwieg.
    Michael verspürte das überwältigende Bedürfnis, sie mit dem BLICK zu betrachten. Von irgendwoher meldete sich ein Schuldgefühl, weil das ein Einbruch in Sarahs Privatsphäre wäre. Er tat es aber trotzdem.
    Ihre Seele flimmerte in Dutzenden von Blauscha t tierungen, deren geheimes Leuchten und Glänzen ihn anrührten, ihn mit Schuld und Scham erfüllten.
    »Ich mach dir eine Tasse Tee«, sagte er.
    »Danke, Mikey.«
    Sie trank den Tee rasch. Als sie die Tasse geleert hatte, musterte sie ihn prüfend. »Michael, könntest du mir einen Gefallen tun?«
    »Na klar.«
    »Ich sollte heute Abend zu Mr Cleever gehen und einen Packen Gemeindeblätter abholen. Ich soll sie nächste Woche verteilen. Aber ich habe absolut ke i ne Lust auf den Besuch – du weißt doch, wie dom i nant er immer ist. Könntest du vielleicht … ?«
    »Schon gut. Du musst mir nur seine Adresse s a gen.«
    »Gehen die Scheinwerfer an deinem Rad?«
    »Keine Sorge, Schwesterchen. Ich werde schon heil wiederkommen.«
    Sarah sah ihn losfahren und freute sich über seine Hilfsbereitschaft. Es schien ihm heute wirklich wi e der besser zu gehen, und Mr Cleever würde hoffen t lich mit ein paar freundlichen Ratschlägen darauf aufbauen können. Sie wusch ihren Becher aus und dachte missmutig an Tom. Eigentlich hätte der mal mit Michael reden sollen, aber dieser ganze Kram mit dem Kreuz hatte ihn total mit Beschlag belegt. Er musste sich erst mal wieder einkriegen und zur Ruhe kommen.
    Und sie ebenfalls.
    Dann würde alles wieder gut werden.
     
    Voller Reue fuhr Michael wie ein Nachtgeist den Hügel hinunter, im Lichtstrahl seiner Fahrradlampe wurde aus den Hecken ein seltsames Relief. Ein au f geschrecktes Kaninchen rannte ihm vors Rad und fast wäre er gestürzt, aber er behielt das Gleichg e wicht und schoss bald am verlassenen Dorfanger vorbei, der an einigen Stellen von dem freundlichen Licht aus den Fenstern der Häuser beleuchtet wurde.
    Mr Cleevers Haus war eine große viktorianische Villa, die vom Anger durch einen Rosengarten g e trennt wurde. Sein großes Auto parkte auf dem Grünstreifen davor und Michael stellte sein Rad daneben ab.
    Der Weg führte unter einem mit Heckenrosen b e wachsenen Bogen zum Haus; der schwüle Duft ve r welkender Rosen hing in der Luft. Dichte Vorhänge waren vor die großen Erkerfenster gezogen, dahinter erklang Musik, und man sah Licht und hörte Sti m men.
    Dann war Michael bei der Haustür und klingelte.
    Das Stimmengewirr brach ab, und jemand lachte kurz auf, dann setzte der Lärm wieder ein. Michael stand auf der Schwelle, fühlte sich unwohl und wünschte, er wäre schon wieder auf dem Heimweg. Nun hörte er drinnen Schritte und die Tür ging auf. Mr Cleever stand da und kniff leicht die Augen z u sammen, damit sie sich an die Dunkelheit gewöh n ten. Dann strahlte er sein breites Begrüßungslächeln.
    »Michael McIntyre , nicht wahr? Welch ein une r wartetes Vergnügen.«
    »Hallo, Mr Cleever. Sarah hat mich geschickt … ich soll für sie die Gemeindeblätter abholen … «
    Er brach ab, weil ihn der durchdringende Blick von Mr Cleever verunsicherte. Er kam sich blöd vor, wie er hier, noch voller Grasflecken von den Erei g nissen auf dem Wirrim, an der Tür stand.
    Ich hätte mich erst mal richtig waschen müssen, dachte er.
    »Gemeindeblätter … « Mr Cleever schien sich nur schwer konzentrieren zu können. »Aber natürlich! Sie konnte wohl nicht selber kommen?«
    »Nein, das Wetter macht ihr zu schaffen.«
    »Das tut mir leid. Aber es ist nett von dir, dass du ihr den Weg abnimmst. Komm doch kurz rein.«
    »Ich möchte aber nicht stören, wenn Sie Gäste h a ben«, sagte Michael und betrat zögernd das Haus.
    Mr Cleever hielt die Tür auf und schloss sie wi e der, sobald Michael drinnen war. »Du meine Güte, du störst doch nicht. Das s ind nur ein paar gute Freunde.

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