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Drachenglut

Titel: Drachenglut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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verschluckt. Stephen saß im Dunkeln da, und die Ängste des T a ges konnten sich nun in seinem Kopf ausbreiten.
    Sogar jetzt noch schrumpfte sein Herz bei der E r innerung an das Wesen vor der Haustür zusammen. Doch obwohl es ihn erschreckt hatte, war es nichts im Vergleich zu dem, was er in der Küche erblickt hatte, als Michael seinen Kopf mit dem Gesicht eines alten Mannes gehoben hatte. Irgendetwas geschah mit seinem Bruder, schneller und stärker als mit ihm selbst, und Stephen wusste nicht, was er dagegen tun sollte.
    Die Nacht war eine Flickendecke aus tinte n schwarzen Schatten. Stephen ließ den Blick über die graue Masse der Hecke neben der Straße schweifen, bis er an einem rabenschwarzen Flecken direkt g e genüber dem Haus hängen blieb.
    Plötzlich füllten sich seine Augen mit einem scharfen Schmerz.
    Erschreckt verzog er das Gesicht. Genau so hatte Michael es beschrieben: Seine Augenhöhlen bran n ten und die Lider waren h eiß und juckten. Es war unerträglich. Aber M i chael hatte gesagt, der Schmerz lasse nach, wenn man den BLICK einsetze.
    Stephen befolgte den Rat. Alles veränderte sich. Die Landschaft wurde jetzt von einem stumpfen ro t grauen Licht erhellt. Alles war zweidimensional, auch die Sterne waren verschwunden, als wären sie plötzlich ausgeknipst worden.
    Dort auf der Straße stand jemand und beobachtete das Haus.
    Dieser Jemand stand vor der Hecke und schaute hoch. Es war ein Reptilienkopf, schwarzgrün und glänzend, und die Augen waren in den Schatten über dem Maul verborgen. Aber Stephen wusste, dass di e ser Jemand ihn direkt ansah, dass die Dunkelheit dessen Sicht genauso wenig behinderte wie die seine.
    Dann öffnete das Wesen grüßend den Mund, und er sah die Zähne dicht nebeneinander wie die eines Hais aufblitzen, weiß und gezackt wie eine Säge. P a nik schnürte Stephen den Hals zu, er schnappte u n willkürlich nach Luft – und erblickte die anderen.
    Jemand mit einer Reptilienseele stand etwas weiter entfernt an der Straße unter den Ulmen und beobac h tete ihn. Das Gesicht wurde durch die tiefsten Äste fast verdeckt, aber er sah im rotgrauen Licht durch das Laub Zähne aufblitzen. Eine dritte Gestalt stand reglos hinten in der Mitte des Feldes.
    Trotz seiner Angst fiel Stephen auf, wie seltsam unsichtbar die untere Körperhälfte dieser Wesen war. Ihr Kopf war klar zu erkennen, der dicke, gewölbte Hals ebenso, aber unterhalb der Brust verblasste das Bild bis zur Unsichtbarkeit, trotz seines scharfen Bl i ckes, der auch noch die kleinsten Äste erfasste.
    Nach dem ersten Schock saß er stocksteif da, sein Herz wummerte, er hörte seinen Pulsschlag in den Ohren dröhnen. Drei Gestalten, drei Reptilienseelen, und alle beobachteten ihn.
    Plötzlich stieg Ärger in ihm auf.
    »Wer seid ihr, ihr Mistkerle?«, brüllte er, aber se i ne Stimme wurde von der Nacht verschluckt. Das ihm nächste Reptil klappte wieder das Maul auf, und die Zähne grinsten eine lautlose Erwiderung.
    Stephen fluchte und zwang seine Augen wieder zurück zum alltäglichen Sehen, er wollte unbedingt einen Blick auf die Menschengesichter dieser Seelen werfen. Seine Augen verschwammen und ein st e chender Schmerz signalisierte ihm Widerstand. Du n kelheit verdeckte den Ausblick aus dem Fenster, und dann hüpften wieder Sterne an den Himmel. Aber auf der Straße und auf den Feldern war wieder alles in Schwärze getaucht.
    Von der Straße her ertönte ein Rascheln.
    Stephen fluchte und setzte den BLICK wieder ein. Das rotgraue Halblicht beleuchtete die Landschaft. Die zwei am weitesten entfernten Reptile bewegten sich jetzt. Ihre unteren Körperhälften waren immer noch unsichtbar, sie schienen durch die Luft zu i h rem Anführer bei der Hecke zu gleiten. Als der Erste näher kam, drehte der Anführer sich zu ihm um und öffnete das Maul. Stephen vermeinte ein leises Fl ü stern zu hören – eine menschliche Stimme, die sich seltsam unnatürlich anhörte.
    Doch bei je dem Laut durchzuckte ihn neue Ene r gie, und er hatte eine Idee. Zwei Meter vom Bett en t fernt stand seine Kommode und darin lag seine T a sche n lampe, Militärstandard, hohe Leuchtkraft, neue Batterien. Stephen würde damit die Beobachter a n leuc h ten und sie würden ihre menschliche Gestalt zeigen müssen.
    Er drehte sich gerade auf dem Fensterbrett um, da wandte sich der Kopf des ersten Reptils ihm rucka r tig zu. Schmerz zuckte durch seinen Kopf, plötzlich ließ die Energie nach. Er hörte einen Ruf, laut und drängend. Er

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