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Drachengold: Roman (German Edition)

Drachengold: Roman (German Edition)

Titel: Drachengold: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Naomi Novik
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sie das gerne wollen, und können nur darauf hoffen, dass das geschieht, ehe sie auf schlimmere Gedanken kommen.«
    »Wir sollten lieber den restlichen Zwieback und das Fleisch in ein besseres Versteck schaffen«, meinte Granby und fügte zu Laurence’ Unbehagen hinzu: »Wenn Sie sich bitte darum kümmern würden, Ferris.«
    In den folgenden schlimmsten Hitzestunden des Tages arbeiteten sie alle mit vereinten Kräften. Sie hoben eine neue Grube für die Nahrungsmittel aus und bedeckten sie mit Rindenstücken und Blättern von Palmen. Dann trugen sie alles dorthin, was noch an Zwieback und Pökelfleisch verblieben war. Die ganze Zeit über hörten sie, wie in der Ferne der Lärm der Feiernden lauter und wilder wurde: Zusammen mit dem Wind wehten auch Rauch und der Geruch von gebratenen Muscheln zu ihnen herüber. Immerhin hatten die Matrosen also keine Mühen gescheut, für ihr eigenes Vergnügen zu sorgen.
    Schließlich ließen sich die Flieger erschöpft in den Sand fallen, und Gong Su teilte das bescheidene Abendessen aus: gepökeltes Schweinefleisch mit langen Nudeln, die aus zerstoßenem Zwieback und Seetang gemacht worden waren, in einer dünnen Brühe aus Schweineknochen und Fischgräten. Sie waren gezwungen, ihr Essen aus halben Kokosnussschalen zu schlürfen, und sie benutzten kleine Zweige, um sich damit die wenigen Brocken Pökelfleisch in den Mund zu schieben. »Wo steckt denn dein Bruder?«, fragte Laurence Sipho, als dieser gerade seine Schale zur Seite stellte. Als Laurence genauer hinsah, bemerkte er, dass es bereits die zweite Schale war. Mit deutlich strengerer Stimme fragte er nun: »Und wo ist Roland?«
    »Demane ist auf die Jagd gegangen«, antwortete Sipho ausweichend. »Sie wissen doch, wie gut er darin ist.«
    Das entsprach zweifellos der Wahrheit, aber es machte die Sache für Laurence nicht besser. Mrs Pemberton war als De Guignes’ Gast an Bord der Triomphe geblieben. Laurence hatte diese Vergünstigung für sie erwirkt, denn natürlich war es undenkbar, einer Dame die Erfahrung zuzumuten, auf einer einsamen Insel ausgesetzt zu werden. Aber er war niedergeschlagen und fühlte sich ziemlich unbehaglich, weil die Anstandsdame ausgerechnet in dem Augenblick nicht da war, wo ihre Dienste so dringend erforderlich gewesen wären.
    Demane und Roland blieben noch für Stunden verschwunden, während der Lärm der Seeleute stetig anschwoll und immer hitziger klang. Es schien so, als würde sich ein Streit anbahnen. Sie hatten nicht genügend Essen und Alkohol, um damit zufrieden zu sein. Die ersten Raufereien begannen, und Anfeuerungsrufe ertönten. Die Stimmung schlug langsam um und wurde zunehmend gereizter. Blut spritzte, das sich hell vom Sand abhob, und boshaftes Gelächter ertönte. »So, Kumpels, der nächste Schluck gehört mir!«, schrie Handes und grinste breit, als er sich seinen Weg zu einem behelfsmäßigen Destillierapparat bahnte. An seinen Fingern klebte Blut.
    Laurence drehte sich weg, denn der bloße Anblick widerte ihn an und war auch ganz sicher unpassend für die Augen der jungen Offiziere. »Gentlemen, ich denke, wir schicken Sie für ein oder zwei Stunden ins Innere der Insel …«
    »Das geht nicht, Sir«, unterbrach ihn Ferris mit einem Mal. »Passen Sie gut auf, Männer.« Und schon war er aufgesprungen, denn eine Gruppe von Seeleuten kam auf sie zu. Sie hatten sich aus dem Pulk gelöst und zogen jetzt einen Rattenschwanz von Matrosen hinter sich her, sodass es aussah, als ob ein aufgebrachtes Tier eine Pfote ausstreckte. Handes hatte sich an die Spitze gesetzt.
    Auch Laurence stand auf, stellte aber fest, dass er und Granby bereits vor den näher rückenden Männern abgeschirmt wurden: Cavendish hatte sich unmittelbar vor Laurence aufgebaut; Granbys Fähnrich Thorne, erst dreizehn Jahre alt, stand neben ihm; Bardesley, Forthing und Ferris hatten sich nach vorn gedrängt, und alle gemeinsam schoben Laurence und Granby auf das Dickicht aus Unterholz und Dornbüschen zu. Im Innern des schützenden Kreises befanden sich außer den beiden Kapitänen nur noch Gerry und Sipho. Laurence kam es so vor, als sollten er und Granby wie die Kinder vor Unheil beschützt werden, was er instinktiv unerträglich fand.
    Als die Matrosen die Flieger erreicht hatten, bildeten sie einen lockeren Halbkreis um sie. Ihre Augen waren blutunterlaufen, und ihre Haut glänzte von übermäßigem Schweiß. Das Gebräu war nicht unbedingt verträglich gewesen, und mehr als einer der Männer hatte sich

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