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Drachengold: Roman (German Edition)

Drachengold: Roman (German Edition)

Titel: Drachengold: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Naomi Novik
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bereits übergeben, wovon Überreste in den Mundwinkeln und in ihren struppigen Bärten zeugten. Ihr Atem war so alkoholgeschwängert, dass Laurence, der noch ein gutes Stückchen entfernt stand, es deutlich riechen konnte. Handes grinste ihn über Ferris’ Schulter hinweg mit gebleckten Zähnen an, Unheil im Sinn und blutrünstig. »Es hat keinen Sinn zu streiten, Jungs«, sagte Handes. »Wir wollen euch nichts Böses, aber die Kapitäne werden uns jetzt begleiten. Ich bin mir sicher, die Drachen werden dann schon andere Töne anschlagen, wenn sie wieder zurück sind.«
    »Sie werden Hackfleisch aus Ihnen machen und an die Krabben verfüttern, Sie Dummkopf«, erwiderte Granby, »und die anderen Burschen, die nichts mit der Sache zu tun hatten, gleich dazu. Und wohin überhaupt wollen Sie uns bringen?«
    »Halten Sie sich fern«, sagte Bardesley mit schneidender Stimme und stieß einen der Seeleute zurück, der sich ihm zu sehr genähert hatte.
    Daraufhin griff der Mann unvermittelt an, unterstützt von seinen Kameraden im Schlepptau; wie ein anrollender Rammbock gingen die Matrosen auf die Flieger los, und Laurence wurde ins knackende Gebüsch gedrückt, während die jungen Flieger mit vereinten Kräften darum kämpften, die vorwärtsdrängenden Körper in Schach zu halten. Es war ein seltsamer Ringkampf, ein ungeschicktes Schieben und Stoßen. Die Hiebe, die die betrunkenen Matrosen zu landen versuchten, trafen ihre Gegner oft nur am Rande, wenn sie das angepeilte Ziel nicht gleich gänzlich verpassten. Trotzdem waren die Anstrengungen todernst gemeint und außerordentlich bösartig. Hände, deren dazugehörige Körper nicht zu erkennen waren, schoben sich durch die menschliche Mauer, packten Laurence am Arm, rissen an seiner Kleidung und griffen nach seinem Gürtel. Laurence bemerkte abgebrochene Nägel und schwielige Finger, an denen Sand klebte und die er keinem besonderen Gesicht und keinem fühlenden Wesen zuordnen konnte. Er sah sich einem blinden, hungrigen Mob ausgeliefert, der so voller Zerstörungswut war, als ginge es ums Überleben.
    Über die vorderen Schultern und Köpfe hinweg sah Laurence in zusammengekniffene Augen, in denen der Wahnsinn beinahe jeden menschlichen Ausdruck verdrängt hatte. Laurence blieb jedoch nicht verborgen, dass sich unter diese Blicke auch noch etwas anderes mischte: Angst. Eine Angst, die er manchmal während einer verzweifelten, aussichtslosen Schlacht auf den Gesichtern von feindlichen Soldaten gesehen hatte, die nur deshalb kämpften, weil sie in einem Pulk mit anderen Männern gefangen und gezwungen waren, nicht aufzugeben, obwohl sie wussten, wie sinnlos ihre Anstrengungen waren und dass sie sich dem Tod ohne guten Grund auslieferten. Unter den Matrosen entdeckte Laurence nur wenige eifrige Gesichter – Handes’ Blicke ruhten begeistert und voller Hohn auf Laurence –, den Rest bildeten Männer, die nur ihre Furcht mit blindem Aktionismus überspielten, da ihr Verstand vom Alkohol benebelt war.
    Die Flieger hatten die Arme ineinander verschränkt; sie traten und stießen mit den Köpfen nach den unkoordinierten Angreifern; eine schmähliche Art der Verteidigung, aber die Sonne stand schon tief, und bald würden die Drachen …
    »Temeraire«, schrie der kleine Gerry. Er krabbelte unter den Beinen der Männer hindurch, stürmte zum Strand und winkte wild mit den Armen: »Temeraire!«
    Am Horizont waren drei näher kommende Flecken auszumachen. Sie wurden rasch größer, und ein halbes Dutzend Seeleute ließ von den Gegnern ab und floh zurück zum Feuer, wo sich die Männer unter die Menge der jetzt beunruhigten Zuschauer mischten. Zwei weitere taten es ihnen gleich, und schon bald waren die Flieger ihren Angreifern zahlenmäßig nicht mehr so eindeutig unterlegen. Handes sah verblüfft aus. Völlig unvermutet schlug er nach Cavendish, und sein Hieb ließ den Kopf des Jungen zur Seite schnellen. Dann kratzte er Laurence mit zur Klaue gekrümmten Fingern über die Wange und riss ihm einen Mundwinkel auf. Als er die Hand zurückzog, klebte Blut unter seinen Nägeln, aber er hatte Laurence nicht zu packen bekommen, obwohl dieser nicht genügend Platz gehabt hatte, um sich zu wehren.
    Handes, noch immer von rasendem Zorn erfüllt, wich zurück; seine Anhänger machten es ihm nach, und dann drehten sie sich um, als sie im Gebüsch ein Knacken hörten: Roland und Demane erschienen keuchend und in Eile. Als sie entsetzt näher kamen und die Matrosen ungläubig anstarrten,

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