Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Drachengold: Roman (German Edition)

Drachengold: Roman (German Edition)

Titel: Drachengold: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Naomi Novik
Vom Netzwerk:
worden war. Außerdem gab es einige junge Fähnriche und Oberfähnriche, von denen Cavendish der älteste war, und Granbys Geschirrmeister Pohl. Er hatte sich ein paar Tage vor dem Feuer den Knöchel verstaucht gehabt und war aus diesem Grunde während des Durcheinanders auf dem Drachendeck geblieben, was ihm das Leben gerettet hatte.
    »Pohl kann sich darum kümmern, und ich werde selber eine Wache übernehmen«, fügte Granby hinzu. »Das kann ich ja wenigstens tun, wenn ich schon ansonsten keine große Hilfe bin.« Mit dem Kinn deutete er auf seine Schulter.
    Natürlich hatten sie keine Schusswaffen zur Verfügung und auch kein Seil; nichts, was als Peitschenschnur hätte dienen können, selbst wenn man den oder die Schuldigen hätte ausfindig machen können. Aber zu viele Männer hatten im Laufe der Woche die Vorräte bewacht und die Gelegenheit gehabt, die Schandtat selbst zu verüben oder andere nicht davon abzuhalten. »Wir können die Männer nicht noch knapper halten, als es jetzt schon der Fall ist«, sagte Laurence. Es blieb also nur eine einzige andere Möglichkeit der Bestrafung, aber Laurence wollte die Drachen nicht um Mithilfe bitten. Selbst wenn er gewillt gewesen wäre, sie auf einen unbewaffneten Mann zu hetzen, der hilflos wie ein nacktes Kind vor ihnen stehen würde, und selbst wenn die Drachen sich darauf einließen, dann würde ein solches Exempel keinen Nutzen bringen, sondern nur Chaos. Die Seeleute raunten sich ohnehin schon zu, dass sie bestimmt an die Drachen verfüttert werden würden, wenn die Vorräte an Nahrungsmitteln zur Neige gingen. Die Drachen waren gezwungen, den Großteil des Tages herumzufliegen, um nicht das Fischfanggebiet der Männer zu sehr auszudünnen.
    »Ich schätze, wir werden schon bald mit Haien vorliebnehmen müssen«, hatte Temeraire kummervoll bemerkt. »Natürlich können sie eine exzellente Speise abgeben«, fügte er an Gong Su gewandt hinzu. »Da bin ich mir ganz sicher, aber nur, wenn sie entsprechend zubereitet werden. Doch wir können nicht beliebig viele herbringen, damit es sich auch lohnt, sie für uns zu kochen. Und wenn man sie roh verzehrt, dann sind sie entsetzlich zäh. Noch weiter hinausfliegen, um genügend zu fangen, können wir aber auch nicht.«
    Diese Art von Unterhaltung war dazu angetan, genau die gleichen Männer in Angst und Schrecken zu versetzen, die geglaubt hatten, es sei für das eigene Überleben notwendig, die Vorräte zu plündern. Laurence nahm an, dass sie nicht einen einzigen Augenblick zögern würden, ihre eigenen Kameraden den Drachen zum Fraß vorzuwerfen, wenn sie auf diese Weise ihre eigene Haut retten oder auch nur an ein Glas Rum gelangen könnten. Tagträume von Letzterem beschäftigten die Seeleute beinahe die ganze Zeit über, außer in den bescheidenen Arbeitszeiten, zu denen die Flieger sie antreiben konnten.
    Es brauchte nicht viel, um das Lager in Ordnung zu halten, aber selbst dieses Wenige wurde nicht erledigt. Jeden Morgen waren frisches Treibholz und Seetang ans Ufer gespült worden, Palmenwedel wurden ständig vom Wind auf den Boden geweht, und die Seemöwen, die kreischend dagegen protestierten, dass eine derart laute Gruppe in ihr Reich eingedrungen war, hinterließen überall ihre Exkremente. Laurence hatte den Versuch aufgegeben, den Dreck häufiger als alle drei oder vier Tage wegschaffen zu lassen. Stattdessen schoben die Männer den Unrat mit den Füßen beiseite oder rutschten darauf aus.
    »Wenn Sie nicht arbeiten, werden Sie auch nichts essen«, hatte Laurence den Männern verkündet; das war die einzige Drohung, die sie zu überhaupt einem Handschlag bewegte, und Laurence war klar, dass sie nicht ewig Wirkung zeigen würde. Ein dürrer Oberfähnrich von sechzehn Jahren mit hängenden Schultern wie Cavendish konnte wenig ausrichten gegen einen Richard Handes – ein vierunddreißigjähriger Kerl mit Fäusten in der Größe von Melonen und einem Mund voller Zähne, die ihm in zahllosen Hafenschlägereien abgebrochen waren. Demane gelang es, sich zu behaupten, wenn es sein musste. Laurence war sich sicher, dass das mit einer gewalttätigen Auseinandersetzung zu tun hatte, die außerhalb seiner Sichtweite ausgetragen worden war. Auch Emily Roland konnte einige der Männer allein durch ihre Persönlichkeit in Schach halten. Jedenfalls könnte sie das, wenn Laurence es auf ein solch gefährliches Experiment würde ankommen lassen. Stattdessen nutzte er jede Gelegenheit, sie noch vor Sonnenaufgang mit

Weitere Kostenlose Bücher