DrachenHatz
nicht fröhlich, sondern eher so, dass es mir kalte Schauer über den Rücken jagte.
Du großer Gott, folgte mir da etwa einer von diesen Perverslingen, die sich an der zunehmenden Angst ihrer Opfer weideten? Sie auskosteten, bis sie schließlich über das arme Schwein, das in diesem Fall ich war, herfielen und es auf übelste Weise malträtierten?
Ich stöhnte angstvoll auf. Stolperte, fiel der Länge nach hin und rappelte mich schnellstens wieder hoch, nur um mich erneut in einer Luftwurzel zu verhaken. Hektisch sprang ich zum zweiten Mal auf und schaute mich um. Nirgendwo schimmerte mehr Licht. Na ja, was erwartete ich auch um ein Uhr nachts? Nordseeluft macht bekanntlich müde, und meine unbekannten Nachbarn lagen alle längst in den Kojen und träumten je nach Alter von Sandburgen, Surfbrettern oder Schweinekoteletts. Und wenn ich schrie? So laut ich konnte? Dann würde doch sicher jemand aufwachen und mir helfen.
Aber wie, überlegte ich fieberhaft, während ich keuchend und mit aller Kraft meinem Heim zustrebte. Indem mein Retter mich die ganze Nacht über bei sich im Wohnzimmer sitzen ließ, nur um am nächsten Morgen, an dem natürlich alles hell und vollkommen harmlos aussah, mitleidig festzustellen, dass ich letzte Nacht wohl eine Angstschraube locker gehabt hatte? Nein.
Ich rannte jetzt. Er folgte mir, ohne sich noch weiter die Mühe zu machen, mich in Sicherheit zu wiegen. Ich hörte das Tapp, Tapp, Tapp seiner Schuhe ebenso wie seinen fliegenden Atem. Ich wusste natürlich genau, was das Schwein mit dieser Hetzjagd beabsichtigte. Er wollte mich weich kriegen, er wollte mich mehr und mehr in Hektik und Panik versetzen, damit er dann am Ende ohne viel Probleme das vor Angst halb paralysierte Wild erlegen konnte.
Aber nicht mit mir, du Wicht! Ich wirbelte herum, um ihn gebührend zu empfangen. Mittlerweile war mein Adrenalinspiegel dermaßen hoch, dass ich es mit Superman, Tarzan und sämtlichen schwarzgürteligen Karatekämpfern der östlichen Hemisphäre aufgenommen hätte. Rechte Gerade, linke Handkante, Knie hoch und den Schädel gegen den Solarplexus gerammt – und schon läge die versammelte Heldenriege muskelbepackter Kerle vor mir im Staub und wimmerte um Gnade.
Ob es an diesen seltsamen Fantasien lag oder daran, dass ich in Wahrheit ziemlich fertig war, ich hörte ihn jedenfalls Sekundenbruchteile zu spät. Er griff von der Seite an, und das Erste, was ich spürte, war ein Luftzug, dem ein herber Schlag gegen meine rechte Schulter folgte. Ich japste erschrocken, während ich gleichzeitig umfiel wie ein gefällter Baum. Und ehe ich noch piep sagen konnte, war er auch schon über mir und versetzte mir links und rechts zwei schallende Ohrfeigen, die wie Feuer brannten und meine Wangen augenblicklich anschwellen ließen. Ich fing an zu heulen. Was ihn nicht daran hinderte, mich mit einem gezielten Fußtritt umzudrehen. Dann schmiss er sich auf mich und kugelte meinen Arm fast aus, indem er ihn am Rücken hochdrückte. Es tat mordsmäßig weh, und gleichzeitig registrierte ich, dass irgendetwas metallisch und salzig zugleich schmeckte. Blut. Ich hörte jemanden laut aufstöhnen.
»Hör zu, du Miststück«, raunte er in mein Ohr, »sperr deine Lauscher weit auf, das kann ich dir nur raten. Halt dich da raus, verstanden! Sonst, das garantiere ich dir, wird es erst richtig unangenehm für dich. Dagegen ist dies hier nur ein kleiner Vorgeschmack.« Seine Worte wurden begleitet von einer widerlich säuerlichen Atemfahne, die mich völlig unvorbereitet traf.
»Bäh«, entfuhr es mir. Und dann drehte ich angeekelt das Gesicht weg. Das hätte ich nicht tun sollen.
»Arrogante Zicke!«, zischte er. »Hältst dich wohl für etwas Besseres, was?«
Ich gurgelte protestierend. Doch es half nichts. Roh drehte er mich wieder auf den Rücken und schlug mir erneut mit der flachen Hand ins Gesicht. Meine Lippe platzte jetzt endgültig auf, während ich in ein Gesicht starrte, das keines war. Nur mühsam erkannte ich, dass sich mein Angreifer durch eine Mütze mit Sehschlitzen unkenntlich gemacht hatte.
»Hau endlich ab, du Scheißkerl«, hörte ich jemanden blubbern. Ich vermutete, dass es sich bei der Stimme um meine handelte, doch ganz sicher war ich mir da nicht. Sie hätte auch jemandem gehören können, den ich lediglich vage kannte.
XIV
Ich schleppte mich zum Haus, fingerte in meiner Jackentasche nach dem Schlüssel und ließ mich wenig später kraftlos und an jedem Muskel zitternd auf die Couch
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