DrachenHatz
zu Thomas nicht fertig wurden.
Draußen stolperte ein Trupp bierseliger, singender Deutscher vorbei. Nein, nicht »Schwarzbraun ist die Haselnuss« intonierend, sondern mit Inbrunst den Klassiker aus der Muppetshow auf den Lippen: »Smörrebröd, Smörrebröd, römpömpömpöm«. Ich hätte liebend gern mitgegrölt. Es klang so unbeschwert, so gut gelaunt und vor allen Dingen so uneinsam. Das kichernde Gesinge wurde leiser und erstarb bald völlig. Jedenfalls für meine Ohren. Zwecks Gedankenklärung goss ich mir ein großes Glas Wasser ein.
Frage: Hatte ich nicht doch einen Krach vom Zaun gebrochen, weil ich auf Tuchfühlung mit allzu viel Mann das Schlottern bekam?
Antwort: Nein, hatte ich nicht. Es ging hier sowieso gar nicht um Nähe an sich, sondern um die Nähe zu einem ganz speziellen Menschen, nämlich Thomas, dem ich vertraut und von dem ich angenommen hatte, dass er mich verstand, weil er mich … na, sagen wir, gern hatte … gehabt hatte, um genau zu sein.
Ich stürzte das Wasser in einem Zug hinunter. Das tat gut. Aber die Nähe war lediglich das eine Problem. Punkt zwei: Nach heutigen Maßstäben konnte man es doch schlicht antik nennen, wenn Mann der Freundin die Arbeit verbieten wollte! Ich spürte regelrecht, wie meine Gedanken Fahrt aufnahmen und langsam so etwas wie Wut durch meine Adern zu kriechen begann. Dr. Fatzke Breitschedt. Genau!
Ich riet ihm doch auch nicht, den Job zu wechseln, weil es mir nicht passte, dass er auf Windkrafträdern herumturnte. Oder permanent an irgendwelchen schneeweißen Südseestränden den Luftdruck maß. Na gut, vielleicht kam das jetzt ein kleines bisschen schief rüber, doch worauf es ankam, war doch Folgendes: Wenn man jemanden liebt oder auch nur verdammt gern hat, um auf dem emotionalen Teppich zu bleiben, dann unterstützt man denjenigen vorbehaltlos in seinen Vorhaben, Bemühungen und Träumereien und verhält sich nicht wie ein mieser kleiner Spießer, dessen Welt an der eigenen Nasenspitze zu Ende ist. Seit Jahrtausenden ziehen Frauen das schließlich mit ihren Jungs durch, und umgekehrt gilt es immer noch als heroisch und bis zum Blödwerden tolerant, wenn Männer mal genauso zurückstecken.
Ich gönnte mir jetzt einen ordentlichen Schluck Wein. Er war warm und schmeckte schal.
Und überhaupt, wenn man es genau bedachte, war Thomas sowieso immer eher der Martin-Typ gewesen. Die zweite Geige in meinen Schmalzheimern, die, nachdem sie ihren Mädel-nun-werd-doch-endlich-selbstbewusst-Job an Camilla erfüllt hatte, zurück in Vivians Feder kroch, um Richard das Feld zu überlassen.
Ich schüttelte den Kopf und kippte den Rest des Weines in den Ausguss. Mit derart dummen Vergleichen kam ich keinen Millimeter weiter. Nein, Thomas gehörte von nun an der Vergangenheit an. Das tat zwar verdammt weh, doch es war nun einmal nicht zu ändern. Wir passten nicht zusammen. Sicher, im Bett hatten wir uns hervorragend verstanden, und wenn es keine Probleme zu lösen oder irgendwelche Schwierigkeiten zu überwinden galt, ebenfalls. Doch seit wann bestand ein Leben nur aus Sonne, Strand und Spazierengehen? Die nächste Auseinandersetzung war doch vorhersehbar: Sarah, das reizende Kind, wartete schließlich zu Hause auf uns wie ein Drachen in seiner Höhle.
Und damit hätten wir bereits zwei beziehungstechnische Baustellen an der Hacke, die niemals geräumt werden würden. Die Kleine würde mich immer ablehnen, das war situationsbedingt fast so etwas wie ein Naturgesetz. Und Thomas passte mein Job nicht, den ich sogar noch auszubauen gedachte. Was also blieb? Ganz rational und von den Fakten her gesehen?
Wir kochten gern zusammen, wir gingen gern gemeinsam spazieren, wir konnten uns gut riechen. Und das war’s. Das reichte nicht. Ich sah das sofort ein, weil es total vernünftig war. Ach Murx, eigentlich wollte ich aber gar nicht vernünftig sein. Ich wollte kuscheln, meine Nase in sein Ohr bohren, ihn unter der Dusche besuchen und das unerhört feine Gefühl genießen, mein Frühstück nicht mehr allein mümmeln zu müssen. Was ja auch noch ziemlich gesund war, weil man dann nicht so schlang. Sollte ich Thomas anrufen und ihn bitten zurückzukommen? Das war natürlich eine Idee. Zögernd griff ich nach meinem Handy.
Einerseits. Doch andererseits: Was würde das bringen?
Ich sehnte mich nach jemandem, mit dem ich sachlich über Greta und meinen ungeheuerlichen Verdacht sprechen konnte, der mich nicht gleich anblaffte oder unterstellte, dass ich völlig neben
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