Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
DrachenHatz

DrachenHatz

Titel: DrachenHatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ute Haese
Vom Netzwerk:
trat ich zur Seite und ließ ihn schwankend ein. Harry blickte wild um sich, immer noch ganz entfesselter Berserker à la Rambo.
    »Lass die Faust in der Tasche, Harry«, zischelte ich zwischen den geschwollenen Lippen hervor; eine komplette Öffnung des Mundes hätte ihn nachhaltig verzogen. »Er ist nicht mehr hier.«
    »Feiger Hund«, knurrte Harry. »Aber das war natürlich klar. Solche Kerle hauen immer ab, wenn es brenzlig wird und sie sehen, was sie angerichtet haben. Das ist das Einzige, was sie können.«
    Ganz behutsam nahm er meinen Arm – selbstverständlich den verdrehten – und führte mich zur Couch.
    »Setz dich«, befahl er. »Hast du etwas getrunken, gegessen? Natürlich nicht. Der Saukerl hat dich sicher so liegen lassen, als er mit dir fertig war. Ich hatte ja gleich so ein komisches Ge–«
    In diesem Moment wummerte jemand laut und vernehmlich an die Balkonbrüstung. Das konnte nur Thomas sein, denn der Angreifer hätte sich mit ziemlicher Sicherheit von Harrys Wagen vertreiben lassen.
    »Harry«, flüsterte ich eindringlich, als der wie eine Rakete zur Tür schoss, »hör mir zu, Thomas war es nicht.« Er ballte die Rechte, als sei er völlig taub. » Harry !«
    Endlich reagierte er. »Was ist denn? Den zeigen wir an, Hemlokk! Aber vorher –«
    »Er war es nicht!«, stieß ich mühsam hervor. »Nicht Thomas. Wir haben uns zwar gestritten, aber nicht so.«
    »Nicht?«
    Das Wummern war jetzt in ein dezentes Klopfen an der Tür übergegangen.
    »Hanna? Bist du da? Bitte, mach doch auf. Es tut mir leid, und wir müssen dringend miteinander reden, hörst du!«, klang Thomas’ Stimme dumpf durch das Holz. »So kann es nicht weitergehen. Ich meine, wir haben noch nicht einmal richtig angefangen und –«
    Harry riss die Tür auf, und Thomas blieb offenbar jedes weitere Wort im Hals stecken, als er ihn erblickte. Dabei hätte das Auto ihn doch warnen müssen.
    »Was ist?«, schnauzte Harry ihn schließlich an.
    »Der Gierke. Natürlich. Ich hätte es mir denken können«, hörte ich Thomas endlich sagen. Es klang resigniert bis verbittert, doch ich fühlte mich in meinem lädierten Zustand nicht in der Verfassung, einen Hahnenkampf im Keim zu ersticken. Aber dies erwies sich auch als völlig unnötig. Denn Harry schmetterte einfach die Tür zu und stapfte zurück ins Wohnzimmer.
    »Komischer Knabe, dieser Breitschedt«, bemerkte er mit scheußlich neutraler Stimme, »ich hätte doch jedenfalls mal nach dir geschaut. Und was macht der? Dreht sich wortlos um und verschwindet in den dänischen Dünen.«
    »Aber Thomas hat keine Ahnung, was hier passiert ist«, verteidigte ich meinen Ex-Liebsten. Ganz langsam taten Mund und Stimmbänder halbwegs wieder ihren Dienst. »Er wollte mich vermutlich zum Bahnhof fahren.«
    Harry warf mir einen langen Blick zu, bevor er lässig meinte: »Tja, ich schätze mal, das hatte er eher nicht vor. Wenn man mit einer ganzen Lachsseite und einer Buddel Schampus vor der Tür der Angebetenen herumwedelt, hat man wohl anderes im Sinn.«
    Lachsseite? Champagner? … Versöhnung? Hach, klang das gut! Liebend gern hätte mich in diesem Moment in Thomas’ Arme gekuschelt. Die ganze nächste Woche hätte ich so verbringen können. »Wieso hast du ihn nicht aufgehalten, Harry?! Das Missverständnis auf der Stelle aufgeklärt?!«
    Wieder einmal schoss seine rechte Augenbraue empor. »Weil der Breitschedt dir nicht bekommt, Hemlokk. Und außerdem gibt es momentan Wichtigeres zu tun, als euch zwei Turteltäubchen wieder zusammenzubringen. Also, wer war das? Und was wollte er?«
    »Weiß ich nicht«, maulte ich. »Aber könntest du uns nicht erst einmal einen Kaffee aufbrühen, bevor wir den Fall analysieren? Und Hunger habe ich auch.«
    Harry grinste. »Hast du zwar immer, Hemlokk, aber ich nehme das mal für ein gutes Zeichen. Pass auf, ich kümmere mich um deinen Magen und du, soweit du kannst, um den Rest.«
    »Oh ja.« Es erschien mir fast wie ein Wunder: Seit Harry da und ich nicht mehr mutterseelenallein war, fühlte ich mich gar nicht mehr so fürchterlich zerschunden.
    Ich duschte ausgiebig und sparte lediglich die Haare aus, um kein Wasser an mein geschwollenes Gesicht zu lassen. Das tupfte ich lieber ganz zart mit einem Waschlappen ab. Trotzdem fühlte ich mich hinterher wie ein neuer Mensch – sauber, fast schon wieder ein wenig energiegeladen und vor allen Dingen ziemlich sauer.
    Denn Harry hatte natürlich recht. Wenn wir den Kerl erwischten, der mir das angetan

Weitere Kostenlose Bücher