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DrachenHatz

DrachenHatz

Titel: DrachenHatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ute Haese
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kollernden Magen souverän ignorierend. »Und für die Herkulesstaude und das Schmerzmittel gilt das Gleiche wie für das Salz – beides ist ohne Probleme verfügbar, und ein Vorsatz lässt sich kaum belegen. Perfekt, oder?«
    »Ja«, stimmte Harry mir bedrückt zu.
    Ich konnte ihm nicht helfen. Die Sache war unappetitlich, das fand ich auch, doch da mussten wir beide durch. »Gretas Mutter, Almuth Pomerenke, erzählte mir von dem Salz, und ich hatte damals schon vage den Eindruck, sie wollte mich damit auf irgendetwas aufmerksam machen. Ich habe es bloß nicht begriffen und hielt es erst auch, um ehrlich zu sein, für unwichtig. Die Beziehung zwischen Mutter und Tochter war eben nicht ganz konfliktfrei. Na und? Das kommt schließlich in den besten Familien vor. Dabei hätte ich an dieser Stelle nur etwas hellhöriger sein müssen.«
    »Mach dir nichts draus, Hemlokk«, tröstete Harry mich jovial. Er war jetzt hörbar in seinem Element, »Fehleinschätzungen kommen bei den besten private eyes vor. Ein Fall von geistiger Ladehemmung, damit muss man leben.«
    »Nun laber hier nicht dumm herum, Harry«, kommentierte ich seine wohlmeinenden Worte erschöpft. »Pass lieber auf, denn ich bin immer noch nicht fertig. Gretas Mutter wohnt nämlich in einem Seniorenheim.«
    »Ja und?«
    »Sie ist dafür eigentlich noch zu jung und zu fit «, erklärte ich geduldig, »sie gehört da nicht hin. Und außerdem hat sie sich anscheinend freiwillig eingemietet, obwohl Greta immer wieder anbietet, sie zu sich zu nehmen. Erst habe ich gedacht, Almuth Pomerenke sei wirklich außergewöhnlich rücksichtsvoll gegenüber ihrer Tochter, aber jetzt …«
    Harry stieß einen Pfiff aus, bevor er mir das Wort aus dem Mund nahm. »… denkst du, dass die alte Frau Angst vor ihrer eigenen Brut hat und sich im Heim quasi in Sicherheit bringt?«
    »Exakt. Greta hat es nämlich nicht nur bei Hauke mit versalzenem Essen versucht, sondern auch bei ihrer Mutter. Und wer weiß, was die Gute in Sachen Krankmachen noch alles in petto hat, nicht?«
    »Uff.«
    Nach diesem profunden Statement hatten wir offensichtlich beide unser Pulver verschossen. Schließlich erhob ich mich mühsam, um mir einen Apfel zu holen. Ich beäugte ihn kurz und entschied mich dafür, ihn in mundgerechte Häppchen zu schneiden. Harry sah mir zu und wartete, bis ich sechzehn kleine Schnitze vor mir liegen hatte. »Tja«, meinte er dann, »da scheint wirklich vieles zu passen, Hemlokk.«
    »Alles, Harry«, korrigierte ich ihn zugegebenermaßen ziemlich selbstgefällig und wie berauscht von meiner Theorie. »Alles, wenn man nur genau hinschaut.«
    Er stand auf. »Ich koche uns rasch einen frischen Kaffee, in Ordnung?«
    »Ümmer«, kaute ich. »Und bring mir doch bitte eine Klappstulle mit.«
    Das tat er. Und nachgedacht hatte er augenscheinlich auch, denn als er die Tasse und einen Teller mit zwei gut belegten Broten vor mich hinstellte, meinte er: »Hat jemand den Jungen, diesen Hauke, eigentlich einmal gesehen? Also, gibt es ihn überhaupt, oder könnte Greta ihn und die ganze Drachengeschichte einfach erfunden haben, um sich bemitleiden zu lassen?«
    »Arthur Bebensee, Frieder Gallwitz, Almuth Pomerenke«, zählte ich auf, »seine Lehrer, seine Mitschüler, und außerdem wurde natürlich ausgiebig in der Presse über seinen tragischen Tod berichtet. Nein, das Kind existierte, daran ist nicht zu deuteln.«
    »Und es handelt sich bei all diesen Vorgängen immer um ein und denselben Knaben?«
    »Ich denke schon«, erwiderte ich verblüfft. »Alle, die ich befragt habe, beschrieben ihn zumindest immer gleich.«
    »Ich werde das sicherheitshalber recherchieren, wenn wir wieder zu Hause sind.«
    »Gut. Tu das, schaden kann es auf keinen Fall. Vielleicht stößt du dabei noch auf weitere Hinweise. Aber ich bin sicher, dass es den Jungen gegeben hat und dass derselbe Junge jetzt tot ist.«
    »Und Greta, seine Adoptivmutter, hat ihn ermordet, vermutest du. Sozusagen als Höhepunkt dieser ganzen Entwicklung. Na, ich weiß nicht, Hemlokk …« Harry zögerte. »Das ist schon ziemlich grauenhaft, nicht?«
    Draußen kläffte plötzlich ein Hund wie verrückt, während eine helle vergnügte Kinderstimme dazu sang. Es klang so normal, nach Sonne, Urlaub und Bullerbü, und so gar nicht nach Mord und Totschlag. Die beiden waren bestimmt auf dem Weg zum Strand.
    »Ja, das ist es«, stimmte ich ihm zu. »Und es war sicherlich ein Unfall –«
    »Ah!«
    »– aber anders geartet, als alle

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